Forscher / Entdecker

Historiker, Philosoph und Theologe

Vater der Geschichtsschreibung und Herr der Bücher

Leibniz neuer Dienstherr, Herzog Ernst August von Hannover, verlangt, dass der Gelehrte statt der Forschung seinen Aufgaben als Hofrat nachkommt und beauftragt ihn 1685 mit der Niederschreibung der Welfengeschichte. Die Welfen sind ein altes Adelsgeschlecht, zu denen auch Herzog Ernst August gehört und die lange Zeit viel Einfluss in Hannover besitzen werden.

So gründlich und stets auf den Ursprung der Dinge bedacht wie es Leibniz ist, beginnt er diese Geschichte mit einer Abhandlung über die Entstehung der Welt. So ist es auch nicht verwunderlich, dass er die Historie niemals fertigstellen, sondern „nur“ bis in das Jahr 1005 nach Christus vordringen wird. Das Projekt wird ihn zudem bis an sein Lebensende begleiten.

Allerdings veröffentlicht Leibniz in den Jahren von 1701 bis 1711 seine Zwischenergebnisse und eine umfangreiche Quellensammlung, damit das große Werk auch nach seinem Tod nicht verloren ginge. Insbesondere diesem Fokus auf die Wichtigkeit der Quellen und den Umgang mit ihnen verdankt Leibniz heute den Titel als Stammvater der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung. Der Gelehrte ist der Meinung, dass nur der richtige Umgang mit Quellen eine geschichtliche Wahrheitsfindung ermöglicht und dass nur eine Publikation der Quellen wissenschaftlich fundierte und überprüfbare Geschichtsschreibung bedingt.

Herzog-August Bibliothek
Die Herzog-August Bibliothek in Wolfenbüttel, an der Leibniz 1691 die Leitung übernahm. © Losch/CC-by-sa 3.0

Auf seinen Recherchereisen für das große Welfen Geschichtswerk gelangt er auch nach Rom, wo ihm die Leitung der Vatikanbibliothek angeboten wird. Da er Protestant ist, lehnt er diese zwar ab, übernimmt aber noch im gleichen Jahr die Leitung der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel. Hier geht er mit der Konzipierung des ersten Ordnungssystems für Bücher in die Geschichte ein. Erstmals sortiert er Werke nach Genre, Fachbereichen und nach Alphabet. So können die einzelnen Werke nun schnell und gezielt gefunden werden.

Monadologie

Während seiner Zeit in Hannover beschäftigte sich Leibniz auch immer wieder mit einem seiner frühesten Tätigkeitsfelder, der Philosophie. Zu seinen heute bekanntesten Theorien in diesem Bereich zählt die „Monadologie“. Nach dieser besteht die ganze Welt aus sogenannten Monaden. Dies sind die einfachsten und unteilbaren Einheiten aus denen sich alles um uns herum aufbaut. Dabei besitzen alle Monaden geistige Fähigkeiten wie die Wahrnehmung, selbst Monaden lebloser Gegenstände wie die eines Steins.

Monadologie
Leibniz‘ handschriftliche Notizen über die Monaden. historisch

Die Monaden anorganischer Dinge besitzen laut Leibniz jedoch die unklarste und damit niedrigste Form der Wahrnehmung, während er Gott die klarste und damit höchste Art der Wahrnehmung zuschreibt. Gott selbst habe auch die Monaden geschaffen und in ihnen bereits alles angelegt, was die Zukunft für sie bereithält. So ist die ganze Welt in Leibniz‘ Vorstellung perfekt aufeinander abgestimmt und diese vorherbestimmte Harmonie durch die Schöpfung nennt er prästabilisierte Harmonie.

Damit erklärt der Gelehrte auch Fragen der sogenannten Metaphysik, die sich mit dem beschäftigt, was die Physik, das sinnlich Erfahrbare übersteigt. Mit den Monaden beantwortet Leibniz im Speziellen das sogenannte Leib-Seele Problem: Ob Körper und Seele zusammengehören und warum der Körper auf etwas nur Gedachtes reagieren kann. Laut Leibniz können durch die prästabilisierte Harmonie der Monaden körperliche und geistige Vorgänge synchron ablaufen, da Gott uns so geschaffen hat.

Heutzutage sind diese Ansichten natürlich längst überholt. Trotzdem bieten seine Theorien späteren Philosophen bis heute Denkanstöße und gelten als Vorläufer moderner, philosophischer Konzepte.

Die beste aller Welten

Ein weiteres philosophisches, aber auch theologisches Werk, das Leibniz am Ende seines Lebens veröffentlicht, beschäftigt sich mit der Frage, wie Leid und Elend in der Welt vereinbar sind mit einem gütigen und allmächtigem Gott. Leibniz nennt sein Werk „Theodizee“ und prägt so den bis heute gültigen Begriff für die Auseinandersetzung mit dieser Fragestellung.

Aber er wäre nicht Leibniz, hätte er nicht auch eine Antwort auf dieses Problem gegeben. Er löst es mit dem Ausspruch „Die beste aller möglichen Welten“. Damit meint er, dass Gott in seiner Güte und Allmächtigkeit die bestmögliche Welt identifiziert und erschaffen hat. Denn Leibniz leugnet nicht das Schlechte in unserer Welt. Er ist aber der Meinung, dass unsere Welt in der Summe die bestmögliche ist und das Schlechte wichtig, um das Gute erkennen zu können. So wäre die Welt ohne das Schlechte insgesamt keine bessere Welt.

Zudem ist er der Auffassung, unsere Welt dürfe gar nicht vollkommen sein. Wäre sie es, so hätte Gott etwas identisch Vollkommenes wie sich selbst, eine Art zweiten Gott, geschaffen und sich somit lediglich verdoppelt. Daher musste Gott bei der Erschaffung der Welt Abstriche machen.

Nur wenige Jahre nach der Fertigstellung seiner Werke „Theodizee“ und „Monadologie“ stirbt Leibniz schließlich 1716 im Alter von 70 Jahren in Hannover.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Gottfried Wilhelm Leibniz
Das letzte Universalgenie

Privilegierte Kinderstube
Erste Jahre eines Universalgenies

Erfindergeist und eine Leidenschaft für Zahlen
Leibniz schaut über den Tellerrand

Historiker, Philosoph und Theologe
Vater der Geschichtsschreibung und Herr der Bücher

Allrounder Leibniz
Bewegtes Leben mit Auswirkungen bis heute

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