Forscher / Entdecker

Allrounder Leibniz

Bewegtes Leben mit Auswirkungen bis heute

Insgesamt sah und erlebte Leibniz in seinem Leben wohl weit mehr als die meisten seiner Zeitgenossen. Dafür sorgten seine Reisen, wie die nach Paris, London, Wien oder Prag, weltweite Kontakte, sogar bis China, und sein Einfluss auf die Mächtigen seiner Zeit wie den Kurfürsten von Mainz, die Welfenherzöge und später sogar den russischen Zaren Peter I. Im wahrsten Sinne des Wortes lebte Leibniz ein bewegtes Leben.

Der letzte echte Universalgelehrte

Unermüdlich studierte, knobelte und rätselte er. Dabei beschäftigte er sich immer mit den unterschiedlichsten Themenbereichen gleichzeitig und verstand die Wissenschaft als Ganzes. Ein wahrer Universalgelehrter, der sich mit „reinen“ Physikern, Mathematikern, Philosophen oder Historikern seiner Zeit messen konnte und, auch durch den massiven Wissenszuwachs im 17. und 18. Jahrhundert, wohl zu Recht als letzter Universalgelehrter bezeichnet wird.

Leibniz-Denkmal
Leibniz-Denkmal in Hannover. © Bernd Schwabe/CC-by-sa 3.0

Doch was war Leibniz für ein Mensch, dass er es schaffte, so über seine Zeitgenossen herauszuragen? Was trieb ihn zu diesem universalen Wissenserwerb und seinem Übermaß an Entdeckungen an? Eigenen Aussagen zufolge wollte er seine Zeit nutzen und sich geistig betätigen. Er schlief zwar nicht viel, dafür aber gut, da er gerne lange wach blieb, um zu arbeiten. Schon als Kind las er lieber, als dass der spielte und auch als Erwachsener hatte er am liebsten seine Ruhe, um nachzudenken. Er lebte jedoch keineswegs vollkommen zurückgezogen, sondern suchte den Gedankenaustausch und das Gespräch.

Seine lebenslange, intensive Auseinandersetzung mit ganz und gar unterschiedlichen Themengebieten verdankt er neben seiner unzweifelhaften Wissbegierde und frühen Förderung auch seinem Streben nach Harmonie. Für den Gelehrten gab es kein „richtig“ oder „falsch“. Er wollte stets den Kern der Wahrheit in widerstreitenden Parteien finden und diese versöhnen. Sei es in der Wissenschaft oder in der Kirche, wo er Protestanten und Katholiken vereinigen wollte.

Allgemeinwohl im Blick

Von diesem Wunsch, für eine bessere Welt und Allgemeinwohl zu sorgen, sind viele seiner Ideen getrieben, wie die Rechenmaschine zur Zeitersparnis, einer Universalsprache zur Völkerverständigung, aber auch gefederten Kutschensitzen sowie Konzepten zur Krankenvorsorge und Unfallversicherungen. Leibniz wollte stets praktisch arbeiten und die Anwendbarkeit seiner Ideen für die Menschen war ihm wichtig.

Sein Durchhaltevermögen, das auch zu seinem stetigen Wissenszuwachs beitrug, verdankte Leibniz zum einen seinem wissenschaftlichen Ehrgeiz, den er über das Streben nach Reichtum stellt. Zum anderen aber auch der Tatsache, dass er sich bei Rückschlägen, wie seinen Versuchen im Harz oder fehlender Beachtung seiner Projekte, nicht entmutigen ließ. Letztendlich ging es ihm eigenen Aussagen zufolge um das allgemeine Wohl, egal, ob sein Tun anerkannt wurde oder nicht.

Sein Ziel, dem Allgemeinwohl zu dienen und die Welt zu verbessern, hat Leibniz wohl auf jeden Fall erreicht. Auch, wenn er nicht alle seine Ideen durchsetzen, geschweige denn alleine umsetzen, konnte, hat er seine Zeit mit wertvollem Gedankengut und wissenschaftlichen Errungenschaften weit vorangebracht. Noch heute profitieren wir davon.

Ein schier unendlicher Nachlass

So hat Leibniz‘ Tatkraft bis heute, mehr als 400 Jahre später, noch immer Auswirkungen. Und damit sind nicht nur der deutschlandweit bekannte und nach ihm benannte Leibniz-Keks oder der Leibniz-Preis als Deutschlands höchste wissenschaftliche Auszeichnung gemeint.

Leibniz-Keks
Vielleicht sogar bekannter als sein beeindruckender Namensgeber? Der Leibniz-Keks. © Axel Hindemith /CC-by-sa 3.0

Seine Erfindungen und Prinzipien, wie die Infinitesimalrechnung, das Ordnungssystem für Bücher, die Endloskette oder das binäre Zahlensystem, finden heutzutage nicht nur unverändert ihre Anwendung, sondern bieten noch immer Anknüpfungspunkte für moderne Wissenschaftler. Manche von ihnen reisen sogar extra nach Hannover an, um dort in der Gottfried-Wilhelm-Leibniz Bibliothek Einblicke in Leibniz‘ Nachlass zu erhalten und sich von seinen Überlegungen inspirieren zu lassen.

Und das, obwohl wir heute wohl noch nicht einmal die Hälfte seines Nachlasses kennen. Dieser wurde nach seinem Tod versiegelt, weshalb seine etwa 50.000 Schriften im Umfang von rund 200.000 Seiten vollständig erhalten, auf Grund der Fülle und Unübersichtlichkeit erst zu einem Bruchteil erfasst, sind. Sein Briefverkehr aus etwa 20.000 Briefen zählt heute sogar zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Wissenschaftler arbeiten seit 1923 an einer Gesamtedition seines Nachlasses, doch ein Ende ist wohl erst gegen 2055 in Sicht. So entdecken die Forscher immer weiter Neues und vermuten sogar, dass sie in Zukunft auf Antworten stoßen könnten zu denen wir zur Zeit noch nicht einmal Fragen haben.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Gottfried Wilhelm Leibniz
Das letzte Universalgenie

Privilegierte Kinderstube
Erste Jahre eines Universalgenies

Erfindergeist und eine Leidenschaft für Zahlen
Leibniz schaut über den Tellerrand

Historiker, Philosoph und Theologe
Vater der Geschichtsschreibung und Herr der Bücher

Allrounder Leibniz
Bewegtes Leben mit Auswirkungen bis heute

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