Zoologie

Salamander kann „fliegen“

Baumlebende Salamanderart verblüfft durch die Fähigkeit zum Gleitsegeln

Aneides vagrans
Der Salamander Aneides vagrans verhält sich in der Luft wie ein Skydiver: Er bremst und steuert seinen Flug durch seine Körperhaltung. © Christian Brown et al./ Current Biology

Segelndes Amphibium: Eine baumlebende Salamander-Art kann wie ein Fallschirmspringer durch die Luft gleiten – eine solche Fähigkeit wurde zuvor noch nie bei einem Schwanzlurch beobachtet. Die Salamander kontrollieren ihren Fall durch gezielte Bewegungen von Beinen und Schwanz und gleiten so in die gewünschte Richtung. Dabei bremsen sie ihren Fall um bis zu zehn Prozent, wie Forscher beobachteten. Sie vermuten, dass auch andere baumlebende Lurcharten diese Fähigkeiten entwickelt haben könnten.

Anders als die meisten Amphibien sind die Salamander weitgehend unabhängig von Gewässern. Ihre Eier sind von einer Hülle umgeben, die eine Entwicklung auch außerhalb des Wassers ermöglicht. Die Atmung dieser Schwanzlurche erfolgt nicht über eine Lunge, sondern allein durch die Haut. Diese Anpassungen an das Landleben haben es vielen Salamander-Arten sogar ermöglicht, die Baumkronen als Lebensraum zu erobern.

Aneides vagrans
Der Salamander Aneides vagrans lebt im Kronenbereich von Mammutbäumen.© Christian Brown

Skydiving für Salamander im Windkanal

Einer dieser baumlebenden Salamander verblüfft nun durch eine ganz spezielle Fähigkeit: Er kann nicht nur klettern, sondern sogar gleitsegeln, wie Christian Brown von der University of South Florida und seine Kollegen entdeckt haben. Anstoß für ihre Studie gab die Beobachtung, dass Salamander der in den USA vorkommenden Art Aneides vagrans („wandernder Salamander“) beim Sprung von der Hand oder einem Ast eine Haltung annahmen, die an die eines Fallschirmspringers erinnerte.

Die Salamander strecken im Fall ihre Beine von sich, spreizen die Zehen und halten ihren Körper durch Bewegungen ihres Schwanzes in der Waagerechten. „Salamander so in der Luft zu sehen, ist schon per se ziemlich unerwartet, weil man diese Tiere eher mit Bächen und Tümpeln assoziiert“, sagt Brown. Um dieses Verhalten näher zu untersuchen, haben die Forscher das Fallverhalten von Aneides vagrans und drei weiteren Salamanderarten in einem senkrechten Windkanal genauer untersucht.

Der von unten wehende Luftstrom war so an das Gewicht der Tiere angepasst, dass sie nicht ungebremst zu Boden fielen, sondern längere Zeit in der Schwebe blieben. Eine Highspeed-Kamera zeichnete dabei die Bewegungen der Lurche auf.

Nahezu perfekte Kontrolle von Lage und Gleitweg

Die Aufnahmen enthüllten: Die weniger stark ans Leben auf den Bäumen angepassten Salamanderarten fielen relativ passiv und unkontrolliert, nicht aber die baumlebende Art Aneides vagrans: Sie passte ihre Haltung und Bewegungen flexibel an den Luftstrom an. „Am meisten hat uns überrascht wie gut die Salamander ihren Fall kontrollierten“, berichtet Brown. „Sie nutzten feinste Bewegungen, um Neigung, Gieren und Rollen so zu kontrollieren, dass ihr Körper aufrecht blieb.“

Diese Haltungskontrolle ermöglichte es den Salamandern, wie ein Fallschirmspringer in der Luft zu liegen und sogar gezielt vorwärts oder in einer Kurve zu gleiten. Gleichzeitig bremste die gespreizte, auf maximalen Luftwiderstand ausgelegte Haltung ihren Fall um bis zu zehn Prozent ab, wie die Windkanalmessungen ergaben. „Ein solches Niveau der Flugkontrolle war unerwartet, weil Salamander ja keine offensichtlichen körperlichen Anpassungen für ein solches Gleiten zeigen“, sagt Brown.

Erster Nachweis des Gleitens bei einem Salamander

Die Windkanaltests belegen damit erstmals, dass es Salamander gibt, die aktiv gleiten und ihren Sprung abbremsen können. Schwanzlurche der Art Aneides vagrans sind die ersten Salamander, für die eine solche Art des Gleitflugs belegt wurde. „Obwohl hunderte Arten von Salamandern dafür bekannt sind, dass sie klettern können, wurde ein solches Flugverhalten bisher noch nie beschrieben“, sagt Brown.

„Unsere Studie belegt nun jedoch, dass hochgradig arboreale Arten wie der wandernde Salamander Andeides vagrans Techniken nutzen, um zu gleiten und ihren Fall zu bremsen“, so der Forscher. Nützlich könnte dafür einige Merkmale dieser Salamander sein, die bisher nur als hilfreich für das Klettern angesehen worden waren: Aneides vagrans hat einen relativ abgeflachten Körper, lange Gliedmaßen und verhältnismäßig große Füße. Vor allem die großen Füße und langen Zehen könnten den Luftwiederstand des Lurchs erhöhen und beim Fall als eine Art Fallschirme dienen.

Die Biologen vermuten, dass möglicherweise auch andere baumlebende Salamanderarten die Fähigkeit zum gebremsten Fall besitzen könnten. „Ihrer Ansicht nach ist es daher sinnvoll, auch andere baumlebende Spezies mit solchen aerodynamischen Merkmalen näher zu untersuchen. (Current Biology, 2022; doi: 10.1016/j.cub.2022.04.033)

Quelle: Cell Press

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