Paradoxe Informationen: Die Raumsonde Voyager 1 sendet seit kurzem merkwürdig wirre Telemetrie-Daten zur Erde – nach diesen müsste ihre Ausrichtungs- und Lagekontrolle defekt sein. Doch die gute Funkverbindung und das reibungslose Sammeln und Schicken wissenschaftlicher Daten spricht gegen ein solches Versagen des Kontrollsystems, wie die NASA mitteilt. Auch Fehlermeldungen gab es keine. Die Ingenieure stehen vor einem Rätsel.
Die beiden Voyager-Sonden sind die fernsten Außenposten der Menschheit – und ein Wunder an robuster Technik. Die vor 45 Jahren gestarteten Raumsonden funktionieren trotz ihres hohen Alters noch immer und sammeln mit ihren Teilchen- und Strahlendetektoren einzigartige Daten vom Außenrand unseres Sonnensystems. Beide haben inzwischen den interstellaren Raum erreicht und erkunden damit nie zuvor erforschte Regionen. Damit sie dies möglichst lange weiter tun können, hat die NASA bereits ein Energiesparprogramm für die Raumfahrt-Oldies initiiert.
Wirre Daten vom Lagekontrollsystem
Jetzt sorgen jedoch Daten von Voyager 1 für Rätselraten bei der NASA. Denn die rund 23,3 Milliarden Kilometer entfernte Sonde schickt merkwürdig chaotische Telemetriedaten zur Erde. Die Informationen vom Lagekontrollsystem (Attitude Articulation and Control System, AACS) sprechen auf den ersten Blick für einen Ausfall des System, passen aber nicht zum ansonsten reibungslosen Funktionieren der Sonde, wie die NASA mitteilt.
Das Lagekontrollsystem sorgt unter anderem dafür, dass die leistungsstarke Hauptantenne der Raumsonde immer genau auf die Erde ausgerichtet ist, damit die Kommunikation über diese gewaltige Entfernung hinweg noch funktioniert. Über diese Funkverbindung sendet Voyager 1 ihre wissenschaftlichen Daten zur Erde, das Bodenteam wiederum schickt darüber neue Befehle und Programmergänzungen zur Raumsonde.
Widerspruch zum reibungslosen Funktionieren der Sonde
Das Seltsame jedoch: Obwohl das AACS unsinnige Daten schickt, arbeitet die Sonde völlig normal. Sie übermittelt die Daten ihrer wissenschaftlichen Instrumente und reagiert auf irdische Kommandos. Auch die Signalstärke der Funkverbindung ist unvermindert hoch, demnach muss die Hauptantenne von Voyager 1 weiterhin zur Erde hin ausgerichtet sein. Das AACS hat zudem keine Fehlermeldungen verursacht und auch das bordeigene Schutzprogramm ist nicht angesprungen, wie die NASA mitteilt.
Was aber ist dann das Problem? Zurzeit sucht das Voyager-Bodenteam nach der möglichen Ursache dieses Phänomens. Nach Einschätzung des Teams muss das Lagekontrollsystem von Voyager 1 noch korrekt arbeiten, unklar ist aber, warum es diese wirren und offenbar zufällig erzeugten Daten schickt. Die Ingenieure versuchen jetzt herauszufinden, ob dies Daten direkt vom AACS kommen oder ob ein anderes Subsystem dafür verantwortlich ist.
Im Notfall gibt es ein Ersatzsystem
„Ein solches Rätsel ist in dieser Phase der Voyager-Mission fast schon zu erwarten“, sagt Voyager-Projektmanagerin Suzanne Dodd vom Jet Propulsion Laboratory der NASA. „Immerhin sind beide Raumsonden jetzt fast 45 Jahre alt und funktionieren damit weit über die ursprünglich geplante Missionsdauer hinaus. Zudem befinden sie sich im interstellaren Raum – einer Region mit starker Strahlung, in der noch nie zuvor eine menschliche Raumsonde unterwegs war.“
Die NASA-Ingenieurin ist aber zuversichtlich, dass sich das Problem mit den AACS-Daten lösen lässt. Falls sich nicht klärt, wo der Fehler liegt oder es sich nicht beheben lässt, könne man auf eine der Reservesystem umschalten, erklärt Dodd. Denn beide Voyager-Sonden sind mit mehrfach redundanter Hardware ausgestattet, die im Falle eines Defekts oder Ausfalls als Ersatz einspringen können. Voyager 1 hat 2017 bereits davon profitiert, als ungenutzte Flugkontrolldüsen angeschaltet wurden um die nachlassenden Lagekontrolldüsen zu ersetzen.
Weil die wissenschaftlichen Instrumente beider Voyager-Sondern bisher einwandfrei arbeiten und wertvolle Daten aus dem interstellaren Raum sammeln, plant die NASA, die Raumsonden so lange wie möglich in Betrieb zu halten – auf jeden Fall noch über das Jahr 2025 hinaus.
Quelle: NASA Jet Propulsion Laboratory