Rapider Schwund: Ausgerechnet die am dringendsten gebrauchten Hightech-Metalle haben die kürzeste Nutzungsdauer und die niedrigste Recyclingquote, wie eine Studie enthüllt. Demnach werden knappe Metall-Rohstoffe wie Kobalt, Indium oder Seltene Erden nur wenige Jahre genutzt, bevor sie entsorgt werden. Schon beim Bergbau geht zudem ein großer Teil dieser Metalle ungenutzt im Abraum verloren. Angesichts der Knappheit dieser Technologierohstoffe müsse sich dies ändern, so die Forschenden.
Ohne Metalle geht es nicht: Für Bauten, technische Geräte und vor allem Hightech-Anwendungen in Elektronik und Energie sind metallische Rohstoffe unverzichtbar – aber knapp. So stuft die EU rund 30 Metalle und Minerale als kritische Rohstoffe ein, deren Nachschub knapp ist und gesichert werden muss. Prognosen zufolge könnte die Nachfrage vor allem bei Lithium, Indium, Kobalt und einigen Seltenerdmetallen bald das weltweite Angebot übersteigen – mit schwerwiegenden Folgen für entscheidende Technologiezweige.
Lebenszyklus von 61 Metallen untersucht
Umso wichtiger ist es, auch den Lebenszyklus der Metall-Rohstoffe näher zu beleuchten: Wie lange wird ein Metall typischerweise genutzt? Und wo und durch welche Prozesse gehen die wertvollen Rohstoffe ungenutzt verloren? Das haben nun Alexandre Charpentier Poncelet von der Universität Bordeaux und seine Kollegen näher untersucht. Dafür analysierten sie den Lebenszyklus, die Nutzungsdauer und die Verluste von 61 wichtigen Metallen mithilfe eines neu entwickelten Modells.
Zu den 61 untersuchten Metallen gehören zum einen Eisen und die in der Stahlherstellung verwendeten Legierungsmetalle wie Nickel, Chrom oder Vanadium. Die zweite Gruppe bilden Nichteisen-Metalle wie Aluminium, Titan, Kupfer oder Blei. Die dritte Gruppe umfasst Edelmetalle wie Gold, Silber, Platin oder Palladium und zur vierten Gruppe zählen die Forschenden Hightech-Rohstoffe wie Lithium, Seltenerdmetalle und viele Schwermetalle.
Verluste am Anfang und Ende am höchsten
Die Auswertungen ergaben: Schon bei der Förderung geht ein großer Teil der Metall-Rohstoffe verloren – sie landen ungenutzt im Bergbau-Abraum. Bei Seltenerdmetallen machen diese Verluste ein Drittel des gesamten Schwunds im Lebenszyklus aus, bei Kobalt sind es 50 Prozent, bei Indium 70 Prozent und bei wichtigen Hightech-Rohstoffen wie Germanium, Gallium, Hafnium oder Scandium sogar gut 95 Prozent. Der größte Teil dieser Elemente wird demnach gar nicht erst aus dem Erz extrahiert.
„Es ist erstaunlich, dass unter den 15 Metallen mit den höchsten Verlusten in Extraktion und Produktion gleich 13 in der EU als kritisch geltende Metall-Rohstoffe sind“, schreiben Poncelet und seine Kollegen. „Das spricht dafür, dass mehr Anstrengungen unternommen werden müssen, um diese Metalle aus Abraum zu gewinnen.“ Weit weniger verlustreich sind hingegen die Verarbeitungs- und Nutzungsphase der meisten Metalle: Ist der Rohstoff einmal aus dem Erz extrahiert, wird er auch nahezu vollständig in Anwendungen und Produkte umgesetzt.
Anders ist dies dann wieder nach Ende der Nutzungsdauer, wie das Team ermittelte: Gerade für begehrte Hightech-Metalle wie Seltene Erden, Indium oder Germanium liegt die Recyclingrate bisher unter einem Prozent. Bei Eisen und Edelmetallen wie Gold und Silber werden immerhin 25 bis 50 Prozent wiedergewonnen.
Nutzungsdauer der Hightech-Metalle oft nur ein Jahr
Und noch etwas zeigen die Analysen: Ausgerechnet die knappen Hightech-Metalle haben die kürzeste Nutzungsdauer. Im Schnitt vergehen bei ihnen vom Abbau des Roherzes bis zur Entsorgung als Abfall nur rund zwölf Jahre. Bei Gallium, Selen, Scandium oder Germanium liegt die Nutzungsdauer sogar nur bei rund einem Jahr. Im Vergleich dazu sind Gold, Eisen und Stahllegierungsmetalle relativ langlebig: Sie bleiben im Schnitt gut 150 Jahre im Gebrauch. Kupfer , Nickel oder Silber halten immerhin noch gut 50 Jahre.
Für die Hightech-Metalle bedeutet dies: Die meisten dieser Spezialmetalle sind nach spätestens 25 Jahren „verbraucht“, weil sie nur kurz genutzt und dann kaum wiedergewonnen werden. Ein Großteil dieser wertvollen Rohstoffe geht demnach schon nach kurzer Zeit unwiederbringlich verloren. „Es liegt daher im dringenden Interesse der Weltbevölkerung, die Nutzungsdauer von Metallen zu verlängern und möglichst geschlossene Wirtschaftskreisläufe anzustreben, die ohne signifikante Verluste auskommen“, konstatiert Koautor Christoph Helbig von der Universität Bayreuth.
Wichtig wäre dies sowohl für die Sicherung der Rohstoffversorgung als auch für die Umwelt: Je mehr Metalle dem Wirtschaftskreislauf im Laufe der Zeit verlorengehen, desto mehr Bergbau ist nötig, um Nachschub zu beschaffen – und das schadet Klima und Umwelt. (Nature Sustainability, 2022; doi: 10.1038/s41893-022-00895-8)