Wanderndes Atom: Chemiker haben bei der Aminosäure Tyrosin eine unerwartete Reaktion beobachtet – das Roaming. Unter dem Einfluss von Licht löst sich dabei ein Wasserstoffatom aus dem Molekül, wandert um dieses herum und lagert sich an anderer Stelle wieder an. Diese zuvor noch nie bei einem Biomolekül beobachtete Reaktion fördert den Zerfall des Moleküls und kann freie Radikale erzeugen. Die Forschenden vermuten, dass auch andere Peptide und Aminosäuren ein solches Roaming zeigen können.
Führt man Atomen und Molekülen Energie in Form von Strahlung zu, verändert dies ihren Zustand: Sie absorbieren einen Teil der Energie und ihre Elektronen wechseln auf ein höheres Energieniveau. Je nach Intensität dieser Anregung führt dies zur Ionisation und „sprengt“ ein Elektron vom Atom ab oder aber das Atom fällt unter Abgabe eines Photons wieder in den Grundzustand zurück. Diese Licht-Materie-Interaktionen hat schon Albert Einstein vorhergesagt.
Reaktion einer Aminosäure auf Licht untersucht
Doch bei einigen Molekülen gibt es offenbar noch eine andere Reaktion auf Licht, wie nun Julia Westermayr von der Universität Wien und ihre Kollegen entdeckt haben. Für ihre Studie hatten sie die Reaktion der Aminosäure Tyrosin auf Lichtanregung untersucht, einer von nur drei essenziellen Aminosäuren im menschlichen Körper, für die eine photochemische Reaktion bekannt ist. Die lichtinduzierte Anregung und Fragmentierung des Tyrosins steht im Verdacht, Prozesse wie die Hautalterung oder den Grauen Star zu fördern.
Allerdings sind die im Experiment beobachteten Reaktionen des Tyrosins nur schwer quantenchemisch zu interpretieren, weshalb Forschende die Vorgänge mithilfe von Simulationen zu rekonstruieren versuchen. Westermayr und ihr Team haben dafür mehrere Methoden miteinander kombiniert und eine künstliche Intelligenz eingesetzt, um aus der Vielzahl der möglichen Abläufe die tatsächlichen Vorgänge herauszulesen.