Medizin

Bakterien-Hydrogel gegen Hautkrebs

Immuntherapie mit Bakterienbestandteilen verringert Tumorwachstum und Metastasenbildung

Melanom
Der schwarze Hautkrebs ist im Frühstadium noch gut behandelbar, aber kaum noch heilbar, sobald Metastasen auftreten. © Tigatelu/ Getty images

Gel als Hautkrebskiller: Forschende haben einen neuen Therapie-Ansatz gegen den schwarzen Hautkrebs entwickelt. Bei diesem wird ein mit Bakterien-Bestandteilen angereichertes Hydrogel an die Melanome injiziert. Dieses Gel mobilisiert dann das Immunsystem gegen den Hautkrebs. In Tests mit Zellkulturen und Mäusen hemmte diese Immuntherapie das Tumorwachstum und unterdrückte die Bildung von Metastasen in der Lunge. Im nächsten Schritt ist nun eine klinische Studie am Menschen geplant.

Das Melanom ist die aggressivste Variante des Hautkrebses. Zwar sind die Tumore bei früher Diagnose gut entfernbar und die Chancen auf eine Heilung stehen gut. Wird der schwarze Hautkrebs aber zu spät erkannt, hat er oft bereits Metastasen gebildet und die Überlebenschancen sinken drastisch. Behandelt wird der Krebs dann meist mit Chemotherapie und Bestrahlung, seit neuerem werden auch biologische Hemmstoffe und verschiedene Immuntherapien mit Antikörpern und anderen immunaktivierenden Wirkstoffen eingesetzt. Bei gut der Hälfte der Patienten reagiert der Hautkrebs jedoch nicht auf die gängigen Immuntherapien.

Tuberkulose-Bakterien als Therapiehelfer

Forschende suchen daher nach neuen Therapie-Optionen. Als eine davon gilt der Einsatz der sogenannten BCG-Bakterien. Diese ursprünglich für die Tuberkulose-Impfung entwickelte Stamm des Rindertuberkulose-Erregers Mycobacterium bovis kann Immunreaktionen gegen Hautkrebs-Tumore hervorrufen, indem er Fresszellen und Dendritische Zelle gegen den Krebs aktiviert. Bisher wirkte diese BCG-Behandlung allerdings nicht gegen Metastasen, zudem ist die Behandlung mit lebenden Bakterien immer mit einem gewissen Risiko verknüpft.

Deshalb haben nun Mirela Kremenovic von der Universität Bern und ihre Kollegen eine neue Variante der BCG-Therapie gegen das Melanom entwickelt. Dafür betteten sie eine Lösung aus Bakterienbestandteilen in ein Hydrogel ein – ein Gerüst aus vernetzten Polymeren, das bei Raumtemperatur flüssig, bei Körpertemperatur aber gelartig ist. „Solche Hydrogele schützen Wirkstoffe vor der Umgebung und setzen sie in vorbestimmten Raten frei“, erklärt das Team.

Tumorwachstum und Metastasen gehemmt

Um zu testen, wie gut das im Hydrogel verpackte BCG-Lysat wirkt, spritzten die Forschenden diesen Wirkstoff Mäusen direkt an die Hautkrebs-Tumore, zum Vergleich erhielt eine zweite Mäusegruppe den herkömmlichen BCG-Wirkstoff. Es zeigte sich: Zwar verringerten beide Therapien das lokale Tumorwachstum. „Das BCG-Lysat war aber signifikant effektiver als das lebende BCG“, berichten Kremenovic und ihre Kollegen. Die Hydrogel-Therapie mobilisierte deutlich mehr Immunzellen und Immunbotenstoffe als die lebenden Bakterien.

Noch wichtiger jedoch: Bei den mit dem Hydrogel behandelten Mäusen unterdrückte die Behandlung auch die Bildung von Metastasen in der Lunge. Die Immuntherapie wirkte auch gegen eine Injektion von Adenokarzinomzellen unter die Haut: Während die Kontrolltiere daraufhin zahlreiche neue Tumore entwickelten, blieben die mit dem BCG-Lysat behandelten Mäuse tumorfrei. Insgesamt erhöhte die lokale Injektion des BCG-Lysat-Hydrogels die Überlebenszeit der Mäuse signifikant, wie das Team berichtet.

Klinische Studie geplant

Nach Ansicht des Forschungsteams könnte das BCG-Hydrogel damit eine vielversprechende neue Therapie-Option für Hautkrebs-Patienten darstellen. „Das BCG-Hydogel verlängerte das Überleben und unterdrückte die Bildung von Metastasen bei Mäusen. Das deutet auf sein Potenzial als ergänzende Therapie für Patienten mit metastasierendem Melanom hin“, schreiben Kremenovic und ihre Kollegen.

„Die lokale Applikation des mit BCG-Lysat beladenen Hydrogels ist eine wirksame und sichere immuntherapeutische Option zur Verringerung der Metastasenlast und zur Verlängerung des Überlebens der Melanom-Patienten“, sagt Seniorautorin Mirjam Schenk von der Universität Bern. Hinzu kommt, dass das Hydrogel weniger oft gespritzt werden muss, weil es das BCG-Lysat nach und nach freisetzt.

Im nächsten Schritt wollen die Forschenden das BCG-Hydrogel nun in klinischen Studien auf seine Wirksamkeit am Menschen testen. Geplant sind zudem weitere Tests zur Wirkung dieser Therapie auch gegen andere Krebsarten. (The Journal for ImmunoTherapy of Cancer, 2022; doi: 10.1136/jitc-2021-004133)

Quelle: Wilhelm Sander-Stiftung

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