Astronomie

Astronomen finden früheste rotierende Galaxie

Ferne Galaxie begann schon 500 Millionen Jahre nach dem Urknall mit der Rotation

frühe Galaxie
Astronomen haben die fernste und älteste schon rotierende Galaxie im Kosmos entdeckt. © Waseda University

Kosmische Zeitreise: Astronomen haben die früheste schon rotierende Galaxie entdeckt. Die kleine Sternenansammlung existierte bereits 500 Millionen Jahre nach dem Urknall, viele ihrer Sterne entstanden sogar noch 300 Millionen Jahre früher. Trotzdem hat diese frühe Galaxie schon eine langsame Rotation, wie Aufnahmen des ALMA-Observatoriums belegen. Damit liefert diese Entdeckung wertvolle Informationen über die Entwicklung der ersten Galaxien im Kosmos, wie die Forschenden berichten.

Wann und wie bildeten sich die ersten Galaxien im Universum? Jüngsten Modellen zufolge entstanden die ersten Sterne wahrscheinlich rund 250 Millionen Jahren nach dem Urknall und läuteten die „kosmische Morgendämmerung“ ein. Die früheste bekannte Galaxie stammt aus der Zeit rund 300 Millionen Jahre nach dem Urknall. Diese ersten Ur-Galaxien waren vermutlich zunächst ungeordnete Ansammlungen junger Sterne und Gas, aus denen sich dann allmählich die klassische Galaxienstruktur mit zentralem Bulge und rotierender Scheibe bildete.

Blick zurück in die Galaxien-Kinderstube

Jetzt liefert eine ferne, frühe Galaxie Hinweise darauf, wann diese ersten Sternansammlungen zu rotieren begannen. Für ihre Studie hatten Tsuyoshi Tokuoka von der Waseda Universität in Japan und seine Kollegen die Galaxie MACS1149-JD1, kurz JD1, näher untersucht. Frühere Beobachtungen hatten bereits gezeigt, dass dieses von einer Gravitationslinse vergrößerte Objekt eine Rotverschiebung von z=9 aufweist und damit rund 500 Millionen Jahre nach dem Urknall bereits existiert haben muss.

Bisher war von JD1 jedoch kaum mehr als ein diffuser Lichtfleck zu erkennen. Um mehr über ihre Merkmale und Struktur zu erfahren, richteten Tokuoka und sein Team die gekoppelten und auf maximale Reichweite eingestellten Radioantennen des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) in Chile auf die ferne Galaxie. Durch die spektrale Analyse verschiedener Lichtanteile konnten sie Größe, Masse und Bewegung dieser frühen Galaxie näher eingrenzen.

Früher Winzling mit alten Sternen

Das Ergebnis: Die ferne Galaxie JD1 ist nur rund 3.000 Lichtjahre groß und umfasst rund eine Milliarde Sterne. Verglichen mit der gut 100.000 Lichtjahre großen Milchstraße und ihren bis zu 400 Milliarden Sternen ist JD1 damit ein echter Zwerg – quasi ein Galaxienbaby. Interessanterweise ist ein Großteil ihrer Sterne aber schon weit älter als die Galaxie selbst, wie die Astronomen ermittelten: Die meisten Sterne von JD1 entstanden rund 300 Millionen Jahre früher als die Galaxie selbst.

„Das zeigt, dass diese Sternenpopulation von JD1 in einer noch früheren Epoche des Kosmos gebildet wurden“, sagt Koautor Takuya Hashimoto von der Universität Tsukuba. Parallel zu diesen älteren Sternen findet in der fernen Galaxie aber auch eine aktive Neubildung von Sternen aus kaltem Gas statt. Deren intensive Strahlung war in den ALMA-Daten nachweisbar und bestätigt, dass solche frühen Galaxien durch ihre stellare Strahlung zur kosmischen Reionisierung beitrugen, wie das Team erklärt.

Früheste Galaxie mit einer Rotation

Das Entscheidende jedoch: Subtile Unterschiede in der Rotverschiebung der verschiedenen Galaxienteile sprechen dafür, dass die ferne Galaxie langsam rotiert. JD1 ist damit die früheste Galaxie, für die bisher eine solche Rotation nachgewiesen werden konnte. Nach Ansicht der Astronomen legt dies nahe, dass diese Galaxie schon dabei ist, eine Struktur mit dichter Mitte und rotierender Sternenscheibe auszubilden.

Den Messdaten zufolge dreht sich die frühe Galaxie mit rund 50 Kilometern pro Sekunde um ihre eigene Achse. „Damit ist die Rotationsgeschwindigkeit von JD1 viel geringer als die der späteren Galaxien und der Milchstraße“, erklärt Koautor Akio Inoue von der Waseda Universität. Unsere Milchstraße rotiert beispielsweise mit rund 220 Kilometern pro Sekunde. „JD1 ist daher wahrscheinlich noch in einem frühen Stadium der Rotations-Entwicklung“, so Inoue.

Neues Ziel für das James-Webb-Teleskop

Nach Angaben der Astronomen bestätigt diese Entdeckung theoretische Modelle, nach denen die ersten Galaxien schon früh ihre Struktur entwickelten und zu rotieren begannen. Wie die Struktur von JD1 konkret aussieht und wie die jungen und alten Sterne in dieser frühen Galaxie verteilt sind, könnte demnächst das James-Webb-Weltraumteleskop zeigen. Seine leistungsstarken Infrarotoptiken sind speziell darauf ausgelegt, solche frühen Galaxien im Detail zu zeigen. (Astrophysical Journal Letters, 2022; doi: 10.3847/2041-8213/ac7447)

Quelle: Waseda University, National Astronomical Observatory of Japan, ALMA

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