Astronomie

James-Webb-Teleskop: Erste Bilder

Erste Aufnahmen des Weltraumteleskops demonstrieren die Fähigkeiten des "Superauges" im All

Carina-Nebel
Diese Aufnahme einer Sternbildungsregion im Carina-Nebel zeigt ganz neue Details dieser bekannten Sternenwiege. © NASA, ESA, CSA und STScI

Eine Sternenwiege, interagierende Galaxien und der präziseste Blick in die Atmosphäre eines Exoplaneten: Nach dem ersten „Deep Field“ des neuen James-Webb-Weltraumteleskops demonstrieren nun weitere spektakuläre Aufnahmen seine Leistungsfähigkeit. Sie zeigen einige „Klassiker“ wie den Carina-Nebel oder die Galaxiengruppe Stephans Quintett in nie gesehener Schärfe. Im Spektrum des extrasolaren Gasplaneten WASP-96b weist das Teleskop zudem Wasserdampf nach.

Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das größte und komplexeste Astronomie-Instrument, das je ins All gebracht wurde. Doch der Aufwand hat sich gelohnt: Die ersten wissenschaftlichen Aufnahmen des neuen Teleskops demonstrieren die Leistungsfähigkeit seiner Optiken und der vier primär im Infrarot und Nahinfrarot arbeitenden Instrumente. Bereits am Abend des 11. Juli 2022 hatte US-Präsident Joe Biden die erste Aufnahme präsentiert: Das „First Deep Field“ – die bisher tiefste und schärfste Infrarot-Aufnahme des fernen Kosmos.

Weitere erste Aufnahmen des Webb-Teleskops hat die NASA nun veröffentlicht. Die Zielobjekte und Motive dafür wurden so gewählt, dass sie die Vielseitigkeit und Einsatzmöglichkeiten des Teleskops bestmöglich illustrieren. „Mit dem James-Webb-Weltraumteleskop präsentieren wir der Menschheit eine neue Sicht des Kosmos – Anblicke, die die Welt noch nie zuvor gesehen hat“, sagt NASA-Administrator Bill Nelson.

Spektrum
Das vom NIRISS-Instrument erstellte Spektrum des Exoplaneten WASP-96b zeigt die Präsenz von Wasserdampf in seiner Atmosphäre. © NASA, ESA, CSA und STScI

Blick in die Atmosphäre eines Exoplaneten

Ein Beispiel dafür ist die erste Aufgabe für den Near-Infrared Imager and Slitless Spectrograph (NIRISS) des Teleskops. Dieses Instrument ist speziell dafür ausgelegt, das Lichtspektrum von Exoplaneten und anderen kosmischen Objekte aufzuschlüsseln. Das NIRISS-Instrument kann die Wellenlängen des Lichts bis auf ein Tausendstel Mikrometer genau trennen und noch feinste Helligkeitsunterschiede erkennen. Sein Spektralbereich reicht mit 0,6 bis 2,8 Mikrometer weiter ins Infrarote hinein als bei anderen Spektrografen.

Damit ist das Webb-Teleskop besonders dafür geeignet, in der Atmosphäre von Exoplaneten Moleküle wie Wasser, Sauerstoff, Methan oder Kohlendioxid zu detektieren – und mögliche Indikatoren für außerirdisches Leben. Erstes Zielobjekt von NIRISS war der 1.150 Lichtjahre entfernte Exoplaneten WASP-96b, ein Gasplanet von etwa der halben Masse des Jupiter. Als dieser Planet vor seinem Stern vorüberzog, konnte das Teleskop die Absorptionslinien analysieren, die die Atome und Moleküle der Planeten-Gashülle im Lichtspektrum des Sterns hinterließen.

Die Spektralanalyse enthüllt unter anderem, dass die Atmosphäre dieses Exoplaneten reichlich Wasserdampf enthält. Mit einer Oberflächentemperatur von gut 530 Grad ist dieser Gasplanet aber wahrscheinloch wenig lebensfreundlich.

Ein „Klassiker“ in neuem Licht

Eine weitere Aufnahme des James-Webb-Teleskops zeigt einen echten „Klassiker“: den 7.600 Lichtjahre entfernten Carina-Nebel. Dieser von glühenden Gasen, jungen, heißen Sternen und Sternbildungsregionen geprägte Nebel wurde auch vom Hubble-Weltraumteleskop häufiger aufgenommen. Das Mid-Infrared Instrument (MIRI) des Webb-Teleskops zeigt nun die heißen Staubwolken, ionisierten Gase und Moleküle in den glühenden Wolken deutlicher als je zuvor.

Das James-Webb-Teleskop ermöglicht es nun, noch mehr Details der Sternenbildung sichtbar zu machen und so die damit verknüpften Prozesse und Rückkopplungen aufzuklären. In der neuen Aufnahme ist der Rand einer sich ausdehnenden „Blase“ im glühenden Gas zu sehen, die von den jungen Sternen im oberen Bildbereich freigeweht wurde. Dort, wo die Gase im Randbereich durch diese Prozesse komprimiert werden, können durch den Kollaps dichter Gaswolken neue Sterne entstehen.

Stephans Quintett
Das Stephans Quintett zeigt interagierende Galaxien. © NASA, ESA, CSA und STScI

Galaktische Karambolage

Unter den ersten Aufnahmen des James-Webb-Teleskops ist auch ein weitere „Klassiker“: das Stephans Quintett. Diese Formation aus fünf Galaxien bietet Astronomen die Chance, die Interaktion solcher Sternansammlungen genauer zu untersuchen. Denn vier der fünf Galaxien sind einander so nah, dass sie kollidieren und sich gegenseitig in ihrer Sternbildung, der Verteilung ihrer Gase und ihrem Verhalten beeinflussen. Sichtbar ist dies unter anderem an den lang ausgezogenen Gasschweifen einiger dieser Galaxien sowie den Schockwellen in einigen von ihnen.

Die Komposit-Aufnahme aus Daten des Near-Infrared Spectrograph (NIRSpec) und dem Mid-Infrared Instrument (MIRI) zeigt erstmals auch die feineren Details dieser rund 290 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxien. Die fünfte, links stehende Galaxie NGC 7320 ist nur 40 Millionen Lichtjahre entfernt und gehört daher nur scheinbar zum Quintett. In ihr macht die Webb-Aufnahme sogar einzelne Sterne sichtbar.

Die letzte neue Aufnahme des James-Web-Teleskops zeigt einen Planetarischen Nebel – das, was von einem Stern wie unserer Sonne übrigbleibt, wenn dieser seinen Lebenszyklus durchlaufen hat. Das Bild zeigt den rund 2.500 Lichtjahre entfernten Nebel NGC 3132, der wegen seiner ringähnlichen Form auch als Southern Ring Nebula bekannt ist. Die Aufnahmen der NIRCam und des MIRI-Instruments enthüllen nun erstmals, dass einer der beiden zentralen Sterne in diesem System von einer dichten Staubhülle umgeben ist.

Das James-Webb-Weltraumteleskop wird nun seinen regulären wissenschaftlichen Betrieb aufnehmen und dürfte in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren noch viele einzigartige Anblicke und neue Erkenntnisse liefern.

Quelle: NASA/ STScI

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