Photonische Rechner sind für spezielle Operationen sehr gut geeignet, wieder andere Operationen lassen sich besser in elektronischer Hardware abbilden. Ideal wären „hybride Rechner“, die elektronisch arbeiten und zugleich photonische Beschleuniger enthalten. Bislang gestaltet es sich noch schwierig, photonische Beschleuniger in existierende elektronische Rechensysteme zu integrieren. Diese Ansätze sind jedoch attraktive Modelle für künftige Hochleistungsrechner, die wir erforschen, um den Rechenhunger neuer KI-Anwendungen auch langfristig zu stillen.
Wo photonische Module im Vorteil sind
Die sehr hohen Verarbeitungsgeschwindigkeiten machen photonische Rechenmodule beispielsweise für die Objekterkennung beim autonomen Fahren interessant – eine wesentliche Sicherheitsvoraussetzung. Dazu erfassen Kamera- und Sensorsysteme die Umgebung, und der Rechner muss die Daten interpretieren, damit auf das Fahrgeschehen dynamisch reagiert werden kann. KI-Verfahren, insbesondere neuronale Netzwerke, sind hierfür ein zentraler Bestandteil.
Wie schnell das Gesamtsystem reagiert, wird von der Rechenzeit der Systemkomponenten bestimmt: Je schneller die Objekterkennung erfolgt, desto schneller kann das Fahrzeug korrigiert werden – die Beschleunigersysteme beeinflussen die Sicherheit des Gesamtsystems also unmittelbar.
Weitere interessante Anwendungen bietet das Training neuronaler Netzwerke, was sehr zeit- und energieaufwendig ist. Hierzu können photonische Matrix-Vektor-Multiplikatoren genutzt werden. Sie bieten den Vorteil des hohen Datendurchsatzes, sie können effizient an unterschiedliche Anforderungen angepasst werden, und sie tragen wesentlich zu einer Reduktion des Energieverbrauchs bei.
Phasenwechsel als Chipgestalter
Auch die Reprogrammierung photonischer Rechner kann in vielfältiger Weise erfolgen. Eine elegante Lösung bietet sich über Phasenwechselmaterialien an, wie sie auf wieder beschreibbaren DVDs verwendet werden. Liegen diese Materialien als harte Kristalle vor, sind sie metallähnlich. Ist die Kristallstruktur ungeordnet oder amorph, sind die Materialien glasähnlich und transparent. Beide Zustände lassen sich sehr akkurat durch die Belichtung mit kurzen Laserpulsen einstellen.
Die Änderung des Materialzustands wird als Grundprinzip für die optische Datenspeicherung auf DVDs genutzt, wozu die Multiplikanden der Materialeigenschaft codiert werden: Metallähnliche, harte Kristallzustände bedeuten eine logische Null, glasähnliche oder weiche Kristallzustände stellen eine logische Eins dar. Die einmal eingestellten Zustände bleiben über sehr lange Zeiträume bis hin zu Dekaden erhalten, ohne dass eine externe Energiezufuhr erforderlich ist.
Nicht zuletzt ist es für praktische Anwendungen attraktiv, dass bereits sehr kleine Strukturen eines Phasenwechselmaterials über den benutzten Wellenleiter sehr große Auswirkungen auf Licht haben.
Das erlaubt es uns, die Größe der Bauteile zu reduzieren und den Platz auf einem Chip effektiv zu nutzen.
Photonischer Werkzeugkasten
Weiche und Härte von Licht umreißen ein faszinierendes Spannungsfeld: einerseits die präzise Strukturbildung mithilfe der Eigenschaften des Lichts, anderseits das Einstellen des Härtegrads von Materialien durch Lichtmodifikationen. Das geschickte Ausnutzen dieses Wechselspiels macht
es uns möglich, neue Verfahren der Lithografie und neue optische Methoden für die Datenverarbeitung zu konzipieren.
Besonders spannend sind die Übergangsbereiche zwischen beiden Extremen, etwa gemischte Zustände von Phasenwechselmaterialien, die sowohl geordnete kristalline als auch ungeordnete Komponenten enthalten. Ausgestattet mit diesem Werkzeugkasten lassen sich dann gewiss selbst
die härtesten Probleme des Designs von Rechnerarchitekturen angehen.