Astronomie

Galaxien-Rekorde purzeln

James-Webb-Teleskop spürt Galaxien mit nie zuvor gemessener Rotverschiebung auf

Galaxie
Diese Aufnahme des James-Webb-Teleskops zeigt eine Galaxie, die schon 235 Millionen Jahre nach dem Urknall existierte. © Sophie Jewell/ Clara Pollock

Überraschend früh: In den Aufnahmen des James-Webb-Teleskops haben Astronomen gleich mehrere frühe Galaxien entdeckt, die alle bisherigen Rekorde übertreffen. Eine dieser Sternansammlungen hat die nie zuvor gemessene Rotverschiebung von 16,7 – sie existierte demnach schon 235 Millionen Jahre nach dem Urknall. Die Aufnahmen liefern zudem neue Informationen über die Leuchtkraft und Sternbildungsrate der frühen Galaxien und legen nahe, dass diese Sternansammlungen schneller heranwuchsen als bislang angenommen, wie die Forschenden berichten.

Seitdem das James-Webb-Weltraumteleskop seinen wissenschaftlichen Betrieb aufgenommen hat, geht es Schlag auf Schlag: Schon in seiner ersten Deep-Field-Aufnahme blickte das Teleskop so tief ins All wie kein Instrument vor ihm und enthüllte nie gesehene Details früher Galaxien. Auf Basis dieser Daten spürten Astronomen mit GLASS-z13 erstmals eine Galaxie auf, die schon 300 Millionen Jahre nach dem Urknall existierte.

55 frühe Galaxien auf einen Streich

Doch wenige Tage später ist dieser Rekord schon wieder Geschichte: Astronomen um Callum Donnan von der University of Edinburgh haben einen ganzen Schwung weiterer uralter Galaxien entdeckt – darunter mehrere noch ältere als GLASS-z13. Für ihre Studie hatten die Forschenden weitere Deep-Field-Aufnahmen der Nahinfrarotkamera NIRCam des Webb-Teleskops ausgewertet. In den Daten suchten sie gezielt nach Galaxien mit einer Rotverschiebung von mehr als z = 7,5 – und damit nach Sternansammlungen, die in der frühesten Phase des Universums entstanden.

Mit Erfolg: Auf Anhieb identifizierten die Astronomen in dem durchmusterten Himmelsausschnitt 55 frühe Galaxien, von denen 44 zuvor unbekannt waren. Sechs dieser Galaxien hatten eine Rotverschiebung von mehr als z=10, sie stammen damit aus einer Zeit weniger als rund 480 Millionen Jahre nach dem Urknall. „Schon dies liefert eine dramatische Bestätigung der lang ersehnten Fähigkeit des James-Webb-Teleskops, die Evolution von Galaxien bis in die Zeit innerhalb der ersten rund 300 Millionen Jahre nach dem Urknall zu kartieren“, schreiben Donnan und sein Team.

Aus der Leuchtkraft und Größe der neu entdeckten Galaxien geht hervor, dass schon diese frühen Sternansammlungen aktiver und heller waren als bisher angenommen. „Die UV-Luminositätsdichte zeigt eine stetige exponentielle Abnahme mit zunehmender Rotverschiebung bis mindestens z = 12“, schreibt das Team. „Die Galaxienbildung muss demnach noch deutlich früher begonnen haben.“

Galaxie existierte schon 235 Millionen Jahre nach dem Urknall

Eine neuentdeckte Galaxie sticht besonders heraus: Ein schwacher rötlicher Punkt in der Aufnahme zeigte eine Rotverschiebung von z=16,7 – mehr als je zuvor bei einem kosmischen Objekt gemessen. Diese CEERS-93316 getaufte Galaxie muss demnach schon weniger als rund 235 Millionen Jahre nach dem Urknall existiert haben. „Wir finden keine andere plausible Erklärung als die einer Galaxie mit der Rekord-Rotverschiebung von z = 16,7“, schreiben Donnan und sein Team. Dieses Objekt sei in den NIRCam-Daten sehr klar zu erkennen und könne daher kein näher liegender Stern oder aktiver Galaxienkern sein.

Und nicht nur das: Die spektrale Analyse des Lichts von CEERS-93316 legt nahe, dass die Sterne in dieser Galaxie im Schnitt mindestens 20 Millionen Jahre alt sind. Die Sternbildung in dieser frühen Ansammlung muss demnach schon zwischen 120 und 220 Millionen Jahre nach dem Urknall begonnen haben, wie die Astronomen erklären. Auch dies spricht dafür, dass die ersten Sterne und Galaxien im Universum schon deutlich früher entstanden sind als lange Zeit angenommen.

„Es ist fantastisch: Wir haben hier ein Teleskop, das genau für diese Beobachtungen entwickelt worden ist: Es erlaubt es uns, zurückzuschauen auf die Bildung der ersten Sterne und Galaxien vor mehr als 13,5 Milliarden Jahren!“, sagt Donnan. „Das ist zweifellos erst der Anfang der vielen bedeutsamen Beobachtungen, die mit diesem Instrument in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren gemacht werden.“ (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, submitted; Preprint, arXiv:2207.12356)

Quelle: University of Edinburgh, arXiv

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