Jahrzehntelang ging es im Weltraum weitgehend kooperativ und friedlich zu. Die Erkundung des Sonnensystems und die Forschung im Erdorbit waren primär von Zusammenarbeit statt Konkurrenz geprägt. Selbst alte Erzfeinde wie Russland und die USA arbeiteten in gemeinsamen Projekten wie der Internationalen Raumstation ISS zusammen.
Das galt allerdings nicht für China: Anders als Russland, das durchaus enge Beziehungen mit den westlichen Raumfahrtnationen pflegte, blieb das Land auch im Weltraum relativ isoliert. Aus Angst vor Industriespionage durch das Reich der Mitte blockierten die USA beispielsweise seine Teilnahme an der ISS. Auch an Kooperationen bei Raumsonden gab es nur wenig Interesse.
Rivalisierende Blöcke
Doch aus dem einstigen Paria ist ein vollwertiger Rivale geworden. Dank seiner technologischen Fortschritte ist China auch im Weltraum zu einer Macht geworden, die andere Raumfahrtnationen nicht mehr ignorieren können. Das unverhüllte Machtstreben Chinas, aber auch der Ukrainekrieg und die damit verknüpften Konflikte zwischen Russland und dem Westen haben neue Fronten gezogen – ein neuer kalter Krieg bahnt sich an.
Wie schon einmal vor gut 70 Jahren wetteifern Supermächte um Rekorde, Technologien und Ressourcen im Weltraum. Und wie beim ersten „Space Race“ in den 1950er und 1960er Jahren stehen sich dabei zwei Blöcke mit weitgehend konträren ideologischen und politischen Ansichten gegenüber. „Der eine Block umfasst eher autoritäre Staaten unter Führung von China und Russland, der andere besteht vorwiegend aus mit den USA verbündeten Demokratien und ‚gleichgesinnten‘ Ländern“, erklärt Alanna Krolikowski von der Missouri University gegenüber dem „Guardian“.
Eine neue Ost-Allianz?
Nachdem Russland und China jahrzehntelang in der Raumfahrt kaum miteinander kooperierten, scheint sich nun eine neue Annäherung der beiden ehemals kommunistisch geprägten Staaten anzubahnen. So gibt es Absichtserklärungen künftiger gemeinsamer Projekte auf dem Mond und demonstrative gegenseitige Besuche von Putin und Xi auf ihren nationalen Weltraumbahnhöfen. Vorteile brächte eine Allianz beiden: China profitiert von der größeren Expertise und Erfahrung der russischen Raumfahrt, Russland wiederum könnte von der größeren Finanzkraft und weiter entwickelten Technologie Chinas profitieren.
Allerdings ist noch offen, wie eng diese Zusammenarbeit tatsächlich aussehen wird. Denn Russland und China haben eine weitere Gemeinsamkeit: Ihre Regierungen streben nach einer weltweiten Vormachtstellung und nach alter neuer Größe für ihr Reich. Dies bedingt auch eine eher rivalisierende als kooperative Einstellung mit möglichen Konkurrenten. Einige Experten sind daher eher skeptisch, was die neue „Bromance“ zwischen Putin und Xi angeht. Die techno-nationalistische Haltung beider Staaten könnte einer echten Kooperation im All entgegenstehen.
Wiederkehr des Sputnik-Traumas
Für die USA – lange Zeit unangefochtener Vorreiter in allen Raumfahrtbereichen – ist der neue Rivale China ein Problem: „Wir sind wieder da, wo wir 1957 schon einmal waren: Dies ist zwar kein Sputnik-Moment im engeren Sinne, aber kommt dessen Geist schon sehr nahe“, konstatierte der US-Geheimdienstexperte Mike Rogers kürzlich. „China rast im Weltraum voran, während wir uns leider auf unseren Erfolgen ausruhen, so beeindruckend sie auch sein mögen.“
Ähnlich sieht es auch General David Thompson, Vizechef der US-Space Force: „Wir stehen in einem strategischen Wettkampf mit China – und der Weltraum ist ein Teil davon“, erklärte er Anfang 2022 gegenüber dem US-Magazin „Politico“. China baue seine Raumfahrt-Kapazitäten doppelt so schnell aus wie die USA. „Wenn wir nicht anfangen, unsere Entwicklung und Fähigkeiten zu beschleunigen, werden sie uns überflügeln“, so Thompson.
Besonders problematisch könnte die neue Rivalität im Weltall auf dem uns nächsten Himmelskörper werden – dem Mond…