Vorreiter China: Von den knapp 9.000 weltweit installierten Offshore-Windanlagen stehen die meisten in China, gefolgt von der EU. 74 Prozent aller im Meer geplanten Windenergie-Parks liegen ebenfalls in chinesischen Gewässern, wie eine neue Auswertung zeigt. In Bezug auf die installierte Leistung liegt hingegen Europa vorne: Von den gut 40 Gigawatt Offshore-Leistung weltweit erzeugen die Windanlagen der EU und Großbritanniens rund 26 Gigawatt. Deutschlands Offshore-Parks liegen bei rund sieben Gigawatt.
Die Windenergie gilt als wichtige Säule der künftigen Stromversorgung. Neben Windturbinen an Land sollen vor allem Offshore-Windparks dieses Potenzial anzapfen. Der erste Offshore-Windpark der Welt wurde 1991 vor der dänischen Küste installiert, seitdem bauen viele Länder ihre Kapazitäten aus. Auch Deutschland hat Offshore-Windparks in der Deutschen Bucht, die zurzeit gut sieben Gigawatt Strom erzeugen. Bis 2050 ist dort ein Ausbau auf 50 bis 70 Gigawatt geplant, das allerdings könnte wegen zu hoher Dichte möglicherweise schwierig werden, wie jüngst eine Studie ergab.
China, die EU und Großbritannien vorn
Wie viele Offshore-Windanlage es weltweit gibt und wie der künftige Trend aussieht, haben Wissenschaftler des Deutsche Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) mithilfe von Satellitendate untersucht. Für die Auswertung wurden Zeitreihen des ESA-Radarsatelliten Sentinel-1 ab dem Jahr 2016 genutzt. Ein neuronales Netz wurde mit Beispielen darauf trainiert, Offshore-Windturbinen in den Aufnahmen zu erkennen. Ergänzend wurden Zahlen zur installierten Leistung und den geplanten und im Bau befindlichen Offshore-Windenergieanlagen hinzugezogen.
Das Ergebnis: China, die Europäische Union (EU) und Großbritannien betreiben weltweit die mit Abstand meisten Offshore-Windkraftanlagen. Von den knapp 9.000 weltweiten Offshore-Windanlagen hat China mit mehr als 3.200 Anlagen den größten Anteil, vor seinen Küsten laufen 37 Prozent aller Offshore-Windturbinen. Dicht dahinter folgen die Windparks vor den Küsten der Europäischen Union mit 35 Prozent und gut 3.000 Anlagen. Großbritannien ist ebenfalls einer der größten Produzenten von Offshore-Windenergie: 27 Prozent aller Offshore-Windparks liegen in britischen Gewässern.
Drei Akteure produzieren 98,5 Prozent der Leistung
Wenn es um die installierte Leistung geht, dominieren ebenfalls einige wenige große Akteure – und hier hatte Europa noch bis Mitte 2021 die Nase vorn: Von den weltweit gut 40 Gigawatt Leistung im Offshore-Windstrom entfielen 15,2 Gigawatt auf die EU, 10,7 Gigawatt auf Großbritannien. Chinas Windparks kamen auf eine Leistung von 14,1 Gigawatt. „Zusammen sind das rund 98,5 Prozent der weltweit vorhandenen, installierten Offshore-Windkraftleistung von 40,6 GW im Juni 2021“, berichtet Thorsten Höser vom Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum (DFD) in Oberpfaffenhofen.
Inzwischen hat China wegen seines rasanten Zubaus der Windenergie die EU allerdings überflügelt. Alle anderen Länder verfügen bisher nur über Offshore-Anlagen im Megawatt-Bereich. In den USA liegt die bisher installierte Offshore-Leistung nur bei rund 40 Megawatt, in Südkorea bei 97 Megawatt und in Vietnam bei 197 Megawatt.
Größter Zuwachs in China
Beim Ausbau der Offshore-Windenergie ist China die größte Triebkraft – in keinem anderen Land der Welt wurden in den letzten Jahren so viele neue Windanlagen installiert. Von 2016 bis 2021 hat sich die Zahl der Offshore-Windturbinen in China mehr als verzehnfacht. Zudem sind nirgendwo sonst mehr Windparks im Bau: Von den weltweit 850 im Jahr 2021 im Bau befindlichen Offshore-Parks lagen 627 in chinesischen Gewässern. Die installierte Leistung hat dort um 1.310 Prozent zugenommen.
„Ein Blick auf die zeitliche Dynamik verrät, dass vor allem der Eintritt Chinas in den Offshore-Windenergiesektor und der Bau von Offshore-Windparks in Chinesischen Gewässern die Expansionsdynamik beeinflusst hat“, sagt Höser. Zum Vergleich: In Großbritannien waren im Jahr 2021 127 Offshore-Windanlagen im Bau, 63 in der EU. Angestrebt ist in der EU eine Aufstockung der Offshore-Windenergie auf 60 Gigawatt bis zum Jahr 2030, um das zu erreichen, müsste die aktuelle Kapazität vervierfacht werden.
„Offshore-Windkraftanlagen sind ein wichtiger Baustein für eine treibhausgasneutrale Energieerzeugung und unterstützen gleichzeitig nationale Bestrebungen einer autarken Energieproduktion unabhängig von Kohle und Erdgas“, sagt Claudia Künzer vom Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum. „Dabei haben sie den Vorteil, an Standorten errichtet zu werden, wo hohe und stetige Windgeschwindigkeiten herrschen.“
Wo weltweit Windparks vor den Küsten stehen, zeigt eine von den Forschenden erstellte, im Internet zugängliche Offshore-Windenergie-Karte.
Quelle: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)