Unerwarteter Nebeneffekt: Die bei gewittrigem Wetter auftretenden Elmsfeuer an Blitzableitern, Masten oder Baumspitzen haben eine bisher unerkannte Nebenwirkung auf die Atmosphäre. Denn diese Leuchterscheinung erzeugt offenbar größere Mengen an Hydroxyl-Radikalen – einem wichtigen chemischen „Waschmittel“ für die Erdatmosphäre. Damit sind diese Korona-Phänomene ähnlich wie Blitze und in den Wolken stattfindende Entladungen wichtige Helfer bei der Selbstreinigung der Luft von organischen Schadstoffen.
Die Erdatmosphäre verfügt über erhebliche Selbstreinigungskräfte, durch die sie flüchtige organische Verbindungen wie Methan, Isopren und viele Schadstoffe aus Industrie und Verkehr zersetzen und abbauen kann. Der wichtigste chemische Helfer dabei sind Hydroxyl-Radikale (OH). Sie oxidieren die Kohlenwasserstoffe und machen sie wasserlöslicher, so dass sie abregnen können. Gängiger Annahme nach entsteht das Hydroxyl, wenn Wasserdampf in Gegenwart von Ozon durch energiereiches UV-Licht, Blitze oder elektrische Entladungen in Gewitterwolken gespalten wird.
Messwert-Ausreißer bei Gewitter
Doch es gibt offenbar noch einen bisher unerkannten Weg, auf dem Hydroxyl-Radikale in der Luft gebildet werden, wie ein Team um William Brune von der Pennsylvania State University herausgefunden hat – durch Zufall. Bei der Auswertung von Daten eines chemischen Sensors auf dem Dach einer Luftmessstation im texanischen Houston bemerkten sie eine Auffälligkeit: Immer wenn gerade ein Gewitter über die Stadt hinweg zog, registrierte der Sensor erhöhte Hydroxylwerte – ohne dass es Blitze in der Nähe gab.
Im Schnitt erreichten die Hydroxyl-Konzentrationen dabei mehr als 1.000 OH-Moleküle pro einer Billion Luftteilchen (ppt). „Diese OH-Werte sind zwei bis drei Größenordnungen höher als die typischen Tageshöchstwerte“, berichtet das Team. „Es sind die höchsten Konzentrationen von Hydroxyl und Hydroperoxyl (HO2), die je in der Atmosphäre gemessen wurden – sie sind sogar höher als die in den Ambossen von Gewitterstürmen gemessenen.“