Die potenziell dramatischen Folgen eines Blackouts werfen die Frage auf, wie wahrscheinlich ein solcher Stromausfall in Deutschland oder Mitteleuropa ist. Müssen wir angesichts der Gasknappheit, dem Ausfall vieler Atomkraftwerke in Frankreich und einem womöglich kalten Winter Angst vor Stromausfällen oder sogar einem größeren Kollaps des europäischen Stromnetzes haben?
Ziemlich stabil
Klar ist: Das deutsche Stromnetz gehört zu den stabilsten weltweit. Im Schnitt kam es im Jahr 2020 nur 0,24-mal pro Kopf überhaupt zu einer Unterbrechung der Stromversorgung – nur jeder vierte Stromkunde in Deutschland hat demnach in diesem Jahr überhaupt einen Ausfall erlebt. Zudem dauert ein solches Ereignis meist nur wenige Minuten und die Dauer der Störungen ist schon seit Jahren rückläufig, wie der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) berichtet. So mussten deutsche Stromkunden im Jahr 2020 im Schnitt nur 10,2 Minuten auf die Versorgung mit Elektrizität verzichten – 2010 war es noch gut doppelt so lange.
Hinzu kommt: Fast alle Stromausfälle in Deutschland sind lokal begrenzt, meist treffen sie nur einzelne Stadtviertel oder Landkreise. Ursache sind dann meist technische Probleme an Verteilerstationen oder Leitungen. Dies war beispielsweise im Januar 2022 bei einigen teils mehrere Stunden dauernden Stromausfällen in Hamburg, Berlin und Regensburg der Fall.
Blackouts, die eine ganze Region oder ein ganzes Bundesland betreffen, sind dagegen die absolute Ausnahme – und gehen meist auf Wetterextreme zurück. Ein Beispiel dafür war das sogenannte Münsterländer Schneechaos im November 2005. Damals führten ungewöhnliche heftige Schneefälle dazu, dass einige Strommasten einknickten und Hochspannungsleitungen unterbrochen wurden. Als Folge waren laut RWE rund 250.000 Menschen mehrere Stunden, einige sogar mehrere Tage ohne Strom.
Größere Ausfälle sind die Ausnahme
Während Stromausfälle durch solche Wetterkatastrophen auch in Zukunft kaum zu verhindern sind, ist dies für Blackouts durch zu große Schwankungen im Stromnetz oder einen Strommangel anders. Hier gibt es verschiedene Mechanismen auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene, die dies verhindern sollen – und es bisher auch relativ zuverlässig getan haben. Dazu gehört neben größtenteils automatisierten Maßnahmen zur Stabilisierung der Netzfrequenz auch das sogenannte n-1-Kriterium.
Dieses Kriterium besagt, dass beispielsweise der Ausfall oder das Abschalten einer Hochspannungsleitung oder eines Umspannwerks nicht zu einer Überlastung des restlichen Stromnetzes führen darf. Deshalb sind die überregionalen Stromleitungen meist doppelt ausgelegt und auch „Umleitungen“ des Stroms möglich. Im Falle des Schneechaos im Münsterland im Jahr 2005 half dies aber nur bedingt: Das System verhinderte zwar, dass nicht vom Extremwetter betroffene Bereiche des Netzes in Mitleidenschaft gezogen und überlastet wurden. Weil aber viele Strommasten und Leitungen betroffen waren, traf der Blackout dennoch 25 Gemeinden.