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Zoologie

Möglichst energiesparend zum Ziel

Die Fortbewegungsstrategien der Schildkröten

Schildkröten gelten nicht nur als enorme Anpassungskünstler, sondern auch als wahre Energiesparer – und trotzdem legen sie enorme Distanzen zurück.

Langsam lebt’s sich lange

Die gepanzerten Kriechtiere bewegen sich an Land mit für Reptilien typischen, schlängelnden, langsamen Bewegungen fort. Diese Art der Fortbewegung senkt den Energiebedarf. Derart können Schildkröten weite Entfernungen zurücklegen, wie Stephen Blake vom Max-Planck-Institut für Ornithologie und sein Kollege Washington Tapia vom Galapagos-Nationalpark nachgewiesen haben.

Riesenschildkröte
Auch Galapagos-Riesenschildkröten wandern- bis zu zehn Kilometer weit. © foryouinf/ Getty images

Sie statteten Galapagos-Schildkröten (Chelonoidis nigra) mit GPS-Sendern und 3D-Beschleunigungsmessern aus. Diese erlaubten es den Forschern, die genaue Position und das Wanderverhalten der riesigen Reptilien zu bestimmen. Die GPS-Daten kombinierten sie mit Temperaturangaben und Informationen über den Zustand der Vegetation sowie ihren Beobachtungen der Tiere, um ein Bild der Gesamtpopulation und ihre Bewegungen zu erhalten.

Das Ergebnis: Insbesondere die größeren, erwachsenen Exemplare unternehmen eine Wanderung von bis zu zehn Kilometern. Sie zieht es dabei vor allem in die Hochlagen, wobei die erwachsenen Weibchen zunächst bis zur Eiablage im Tiefland bleiben. Die kleineren Schildkröten dagegen bleiben das ganze Jahr über in den niedriger gelegenen Gebieten, vermutlich weil sie auch dort genug Nahrung finden. Das Wanderungsmuster der Schildkröten unterscheidet sich damit von dem anderer Tierarten. Denn bei diesen vollziehen in der Regel die Jungtiere saisonale Wanderungen. Die dominanten erwachsenen Männchen können sich dagegen am ehesten gegen Konkurrenten behaupten und müssen somit nicht fortgehen, um zu überleben.

Weite Entfernungen mit biologischem Sinn

Auch Meeresschildkröten bewegen sich unter geringem Energiebedarf fort: Sie nutzen ihre perfekt an das Schwimmen angepassten Anatomie. Dafür schlagen sie die vorderen flossenähnlichen Gliedmaßen auf und ab und gleiten mit ihrem stromlinienförmigen Panzer durchs Wasser. Auf diese Weise können manche Arten mehrere hundert Meter tief tauchen – und dabei stundenlang ohne neuen Sauerstoff auskommen. Möglich wird dies durch die Verlangsamung ihres Herzschlages.

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Ihre energieeffiziente Fortbewegung ermöglicht es den Wasserschildkröten auch, weite Entfernungen zurückzulegen. Ein Extrem stellt in dieser Hinsicht das Verhalten der Unechten Karettschildkröte (Caretta caretta) dar. Vertreter dieser Art schwimmen tausende von Kilometern, um ihre Eier wieder an den Ort ihrer eigenen Geburt abzulegen.

Diese extreme Ortstreue hat einen biologischen Sinn. Denn laut Evolutionsbiologen des GEOMAR Helmholtz Zentrums für Ozeanforschung Kiel vererben die Mütter ihrem Nachwuchs genau die Immun-Ausstattung, die diesen am besten vor den Parasiten und Erregern an ihrem Geburtsort schützt. Inzucht gibt es aber trotzdem nicht, da die Schildkröten-Männchen weniger ortstreu sind.

Fast wie Fische

Neben den Langstreckenschwimmern, gibt es unter den Meeresschildkröten auch Langzeittaucher: So zum Beispiel die Cantors Riesen-Weichschildkröte (Pelochelys cantorii). Sie verbringt 95 Prozent ihres Lebens vergraben und bewegungslos in Seen, wobei nur ihre Augen und ihr Mund aus dem Sand ragen. Zweimal am Tag taucht sie auf, um Luft zu holen oder Beutetiere zu jagen.

Moschusschildkröte
Moschusschildkröten können sechs Monate unter Wasser bleiben. © William L. Farr/ CC-by-sa 4.0

Noch bizarrer verhalten sich Moschusschildkröten (Sternotherus odoratus): Sie können rund sechs Monate lang unter Wasser leben, ohne aufzutauchen. Wie das funktioniert, hat ein Team um Egon Heiss vom Department für Theoretische Biologie der Universität Wien enthüllt.

Demnach kann die Moschusschildkröte anders als viele Amphibien oder etwa die Weichschildkröten (Trionychidae) nicht mit der Haut atmen. Denn ihre Haut ist dick und verhornt und es befinden sich kaum Gefäße darunter. Stattdessen liegen im Mund- und Rachenraum der Schildkröte Papillen – lappenförmige, von Blutgefäßen durchzogene Oberflächenstrukturen, die den im Wasser enthaltenen Sauerstoff aufnehmen und Kohlendioxid abgeben.

Bis ins hohe Alter

Aufgrund ihrer Anpassungen können Schildkröten ein hohes Alter erreichen: Bei den meisten Arten werden die Tiere zwischen 40 und 100 Jahren alt. Das älteste bekannte Exemplar – Adwaita aus Indien – soll sogar rund 255 Jahre alt geworden sein. Das hohe Alter ist auch der Grund, warum Schildkröten in einigen Religionen als Symbol der Unsterblichkeit angesehen werden.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Schildkröten
Urzeitliche Anpassungskünstler mit kleinen Eigenheiten

Überlebende der Urzeit
Schildkröten als Erfolgsmodell der Evolution

Gepanzert, zahnlos und mit Adleraugen
Typische körperliche Merkmale von Schildkröten

Erfolgsstrategien der Schildkröten
Überlebensförderliche und bizarre Verhaltensweisen

Möglichst energiesparend zum Ziel
Die Fortbewegungsstrategien der Schildkröten

Schildkröten in Gefahr
Mangelnder Lebensraum, Klimawandel und der Mensch

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