Ob wir die sozialen Medien nutzen, an einer Videokonferenz teilnehmen oder einen Film streamen: Die Daten für all diese Online-Aktivitäten haben bis zu ihrer Ankunft bei uns eine weite Reise hinter sich – und ein Großteil davon erfolgte unter Wasser. Denn 98 Prozent des Datenverkehrs im Internet läuft heute über Unterseekabel. Diese am Meeresgrund liegenden Glasfaserkabel verbinden die Kontinente und bilden das Rückgrat des weltweiten Internets.
Um dies zu bewältigen, erreichen die leistungsfähigsten Unterseekabel heute Übertragungsraten von bis zu 200 Terabit pro Sekunde und Latenzzeiten von weniger als 60 Millisekunden. An diese Werte kommen klassische Satellitenverbindungen über geostationäre Satelliten nicht einmal ansatzweise heran. Erst mit der Fertigstellung von Satelliten-Konstellationen in der niedrigen Erdumlaufbahn könnte die orbitale Datenübertragung an Bedeutung gewinnen. Denn Starlink und Co. sollen Latenzen von unter 30 Millisekunden bieten. Ihre Übertragungsrate ist mit 100 bis 500 Megabit pro Sekunde allerdings deutlich niedriger als bei den Unterseekabeln.
Verflochtenes Netz
1,3 Millionen Kilometer ist das weltweite Netz der Unterseekabel lang. Die mehr als 475 Backbone-Leitungen ziehen sich an den Küsten der Kontinente entlang, unterqueren die Ozeane und bilden zwischen den Inselstaaten Südostasiens ein verflochtenes Netzwerk. Allein zwischen Europa und der Ostküste der USA gibt es mehr als 20 solcher Unterseekabel, ähnlich viele verbinden die US-Westküste mit Asien.
Das zurzeit längste Unterseekabel des globalen Netzwerks, SeaMeWe-3, ist 39.000 Kilometer lang. Es zieht sich von der Westküste Europas über das Mittelmeer und Rote Meer bis nach Südostasien und Australien. Noch länger wird die 2023 in Betrieb gehende Leitung 2Africa sein, die einmal um Afrika herumzieht. Während die Transatlantikkabel meist nur an jedem Ende eine Anlandestelle haben, sind solche entlang der Küsten und durch mehrere Meeresgebiete ziehenden Kabel oft über zahlreiche Abzweige mit Landestationen in mehreren Ländern verbunden.
Die Daten suchen sich selbst ihren Weg
Durch welches Kabel des globalen Seekabel-Netzwerks ein Datenpaket rast, können weder die Kabelbetreiber noch die Aussender der Daten beeinflussen: Die digitale Information sucht sich ihren Weg durch das weltweite Netzwerk selbst. In der Regel wählen die Datenpakete dabei die kürzeste Route. Wenn diese aber wegen begrenzter Bandbreite zu langsam ist und der Umweg über ein leistungsfähigeres Kabel schneller geht, dann kann eine E-Mail von New York nach Berlin auch mal über den Pazifik und Asien statt durch eines der Transatlantikkabel laufen.
Der Verkehr durch diese unterseeischen Datenautobahnen nimmt immer mehr zu. Allein im Finanzsektor laufen jeden Tag Transaktionen im Wert von mehr als zehn Billionen US-Dollar durch das Netz der Unterseekabel. Durch Cloudspeicher und die zunehmende Digitalisierung der Wirtschaft geht für Unternehmen fast nichts mehr ohne das Internet. Und auch unser privater Zugriff auf soziale Medien, Streaming Dienste oder internetbasierte Programme erzeugt Datenverkehr, der weit über Europa hinausreicht.
„Gartenschläuche“ mit gläsernem Kern
Trotz ihrer enormen Bedeutung sind die meisten Unterseekabel kaum dicker als ein Gartenschlauch. Meist liegt ihr Durchmesser bei nur wenigen Zentimetern. Im Kern eines solchen Schlauchs liegen die in ein Gel eingebetteten Glasfasern. Sie sind von einer Schutzhülle umgeben und innerhalb eines Seekabels oft in mehreren, getrennt ummantelten Bündeln zusammengefasst. Das bietet eine gewisse Redundanz: Ist bei kleineren Schäden am Unterseekabel nur eines dieser Bündel betroffen, kann der Datenverkehr in den anderen trotzdem weiterlaufen.
Zusätzlich zu den Glasfaserbündeln enthält ein Unterseekabel auch Kupferleitungen, die unter anderem zur Stromversorgung der Signalverstärker und anderer Bauteile dienen. Entweder im Kern des Kabels oder als Hülle um diese Innenschicht herum liegt ein Stützgerüst aus Stahlfasern, die ein Abknicken des Kabels und der spröden Glasfasern verhindern sollen. Das Ganze wird von einer stoßdämpfenden Isolierschicht und einer gegen Meerwasser schützenden Außenschicht umhüllt.
Erst in flacherem Wasser und vor den Anlandestationen bekommen die „Schläuche“ eine dickere Ummantelung und sind dann etwa armdick. Dies soll die Leitungen besser gegen versehentliche Schäden beispielsweise durch Tiere, Schiffsanker oder Grundschleppnetze schützen. Während die Seekabel in Küstennähe zusätzlich eingegraben werden, liegen sie in der Tiefsee offen auf dem Meeresgrund – das betrifft rund 80 Prozent des globalen Seekabel-Netzes.
Dennoch sind Unterseekabel eigentlich sehr robust: Sie halten im Schnitt 25 Jahre und Ausfälle durch Materialermüdung oder Fehler in den Repeatern und Steuereinheiten sind extrem selten. Deutlich häufiger sind dagegen Schäden durch äußere Einflüsse…