Spannender Fund: Im Duvenseer Moor in Schleswig-Holstein haben Archäologen das älteste Grab Norddeutschlands entdeckt. Es handelt sich um 10.500 Jahre alte Relikte einer Brandbestattung, die von mittelsteinzeitlichen Jägern und Sammlern durchgeführt wurde. Bisher ist in Nordeuropa erst ein ähnlich altes Grab bekannt, ein ebenfalls durch Verbrennung bestatteter Toter aus Jütland. Die Funde verraten zudem, wovon die mesolithischen Menschen damals lebten.
Nach Ende der letzten Eiszeit vor rund 11.600 Jahren zogen sich die Gletscher zurück und die karge, kalte Steppenlandschaft im Gebiet des heutigen Deutschland wurde allmählich wieder wärmer. Als Folge breiteten sich zunehmend Birken und Kiefernwälder aus, mit ihr lösten Elche, Hirsch und Rehe die Rentiere der eiszeitlichen Tundra ab. Aus dem Süden kommend wanderten nun auch neue Gruppen von Jägern und Sammlern in das mittelsteinzeitliche Norddeutschland ein.
Sitzmatten, Feuerstellen und jede Menge Haselnüsse
Wie diese nacheiszeitlichen Jäger und Sammler lebten, enthüllen unter anderem Ausgrabungen im Duvenseer Moor im Kreis Herzogtum Lauenburg in Schleswig-Holstein. In der Mittelsteinzeit lag dort ein großer, flacher See mit mehreren kleinen Inseln in Ufernähe, der nach Ende der Eiszeit zunehmend verlandete. In diesem Gebiet haben Forschende vom Archäologischen Landesmuseum in Schleswig in den letzten Jahrzehnten mehrere alte Lagerplätze mesolithischer Jäger und Sammler entdeckt.
Von dem Aufenthalt der Steinzeitmenschen zeugen Feuersteinklingen und Knochenspitzen, aber auch Reste von Feuerstellen, Matten aus Birkenrinde sowie unzählige Haselnüsse. An einem Fundort – einst auf einer Insel gelegen, fanden die Archäologen Belege dafür, dass die Menschen damals die Haselnüsse nicht nur sammelten, sondern sie auch über dem Feuer rösteten. Davon zeugen Funde von Holzkohle sowie verbrannten, ungebrannten und gerösteten Haselnüssen.
10.500 Jahre alte Brandbestattung
Jetzt gibt es einen neuen Fund: An einer Fundstelle im Duvenseer Moor nahe Lüchow haben die Archäologen um Harald Lübke vom Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie (ZBSA) Relikte einer Brandbestattung aus der Zeit vor 10.500 Jahren entdeckt. Die mittelsteinzeitlichen Jäger hatten dafür die Leichen von Toten erst verbrannt und dann die Überreste in einem Grab am Rande des Duvenseer Moors beerdigt.
Nach Angaben der Archäologen handelt es sich dabei um älteste Grab Norddeutschlands und eine der ältesten Grabstätten in Nordeuropa überhaupt. Die aus Südskandinavien und Mecklenburg-Vorpommern bekannten Gräber steinzeitlicher Jäger und Sammler sind erst rund 8.000 Jahre alt und stammen damit aus dem Spätmesolithikum. Nur im dänischen Jütland wurde eine ähnlich alte Grabstätte entdeckt – ebenfalls eine Brandbestattung.
Grabfund wird als Block geborgen
Der Fund der mittelsteinzeitlichen Brandbestattung im Duvenseer Moor stützt die Annahme, dass die Menschen in der Mittelsteinzeit ihre Toten nicht im Ganzen begruben, sondern sie erst verbrannten. Die Brandbestattung könnte demnach das vorherrschende Bestattungsritual der nacheiszeitlichen Jäger und Fischer im Norden Europas gewesen sein. Um mehr über diese Bestattungspraxis zu erfahren, soll der Grabfund als Block geborgen werden. Dieser Block soll dann in die Werkstätten des Museums für Archäologie in Schleswig verbracht und unter kontrollierten Laborbedingungen weiter untersucht werden.
Neben dem Grab haben die Archäologen an der neuen Fundstätte zudem weitere Hinweise auf die Lebensweise der Jäger und Sammler in dieser Region gefunden. Denn neben den schon bekannten Haselnüssen stießen sie bei den aktuellen Ausgrabungen erstmals auch auf zahlreiche Tierknochen, die auf eine vermehrte Jagd von Hirschen, Rehen und Wildschweinen hindeuten. Auch Zeugnisse von Fischfang wurden gefunden.
Quelle: Archäologisches Landesamt Schleswig-Holstein