Sonnensystem

Ist der Marsvulkanismus noch aktiv?

Langsame Marsbeben sprechen für heißes Magmareservoir in der Marskruste

Cerberus Fossae
Blick über die Grabenregion Cerberus Fossae auf dem Mars. Unter diesen Gräben könnte es noch heute ein Magmareservoir geben. © ESA/DLR/FU Berlin/ CC-by-sa 3.0 IGO

Aktiv bis heute? Unter der Oberfläche des Mars könnten noch immer heiße, vulkanische Magmareservoire existieren, wie neue Analysen von Marsbeben nahelegen. Die niedrige Frequenz einiger dieser Erschütterungen deutet auf eine heiße, teils geschmolzene Ursprungsregion der Beben hin – möglicherweise eine Magmakammer. Die Beben konzentrieren sich zudem unter dem Grabensystem Cerberus Fossae, das schon länger als junges, möglicherweise noch aktives Vulkangebiet gilt.

Der Mars war einst vulkanisch aktiv: Die Eruptionen schufen die größten Vulkane unseres Sonnensystems, allen voran den Olympus Mons. Doch diese Ära galt als lange vorbei – bis Planetenforscher vor wenigen Jahren erste Hinweise auf einen jungen, womöglich noch anhaltenden Vulkanismus auf dem Mars entdeckten. Vor allem in der von Gräben durchzogenen Region Cerberus Fossae deuten frische dunkle Ablagerungen und wiederkehrende Beben darauf hin, dass es im Untergrund noch vulkanische Aktivität geben könnte.

GRäben
Die großen Gräben von Cerberus Fossae gelten schon länger als junges Vulkangebiet. © Jim Secosky / WolfmanSF , ASA / JPL / University of Arizona

Bebenzentren unter Cerberus Fossae

Jetzt gibt es weitere Hinweise darauf, dass der Mars weit weniger kalt und tot sein könnte als lange gedacht. Simon Stähler von der ETH Zürich und seine Kollegen haben dafür erneut die seismischen Aufzeichnungen der NASA-Raumsonde Mars InSight ausgewertet. Das Seismometer dieser Sonde hat seit Anfang 2019 immer wieder Marsbeben registriert, darunter mehr als 1.100 schwache Erschütterungen mit Frequenzen von mehr als zwei Hertz, aber auch einige Dutzend Beben mit deutlich niedrigerer Wellenfrequenz.

Mithilfe einer optimierten Analysemethode ist es Stähler und seinem Team gelungen, den Ursprungsgort dieser Marsbeben und dessen mögliche Merkmale genauer zu bestimmen. Die Analysen ergaben, dass sowohl die hochfrequenten wie die niedrigfrequenten Marsbeben größtenteils aus dem Grabensystem der Cerberus Fossae stammen. „Allein diese Region setzt ein seismisches Moment von 1,4 bis 5,6 Billiarden Newtonmeter pro Jahr frei – das ist zwei bis achtmal mehr als der gesamte Mond“, berichten die Forschenden.

Langsame Beben sprechen für warmes Ursprungsgebiet

Die Daten legen nahe, dass die schwachen, schnellen Erschütterungen nahe der Oberfläche von Cerberus Fossae entstehen. „Sie werden von Brüchen in geringer Tiefe der Grabenstruktur erzeugt, wahrscheinlich an der Fortsetzung der Grabenwände im Untergrund“, so Stähler und seine Kollegen. Als mögliche Ursache vermuten sie die Entladung von Spannungen, die durch die allmähliche und anhaltende Aufweitung der Gräben entstehen.

Anders ist dies bei den selteneren, aber dafür langsameren und stärkeren Marsbeben: Sie entstehen in rund 20 bis 40 Kilometer Tiefe und damit im unteren Bereich der Marskruste. Die niedrige Frequenz dieser seismische Wellen deutet jedoch darauf hin, dass sie dort durch weicheres, elastischeres Gestein abgebremst wurden: „Der langsame Charakter dieser Cerberus-Fossae-Ereignisse erfordert eine warme Ursprungsregion“, konstatieren die Forschenden.

Schmelzflüssiges Magma im Untergrund?

Das aber bedeutet: Tief unter Cerberus Fossae muss es eine Zone geben, in der das Krustengestein heiß und möglicherweise sogar schmelzflüssig ist. „Ein solcher lokalisierter Hitzestrom hat erhebliche geophysikalische Bedeutung: Entweder gibt es dort eine dynamische Wärmequelle wie einen vulkanische Plume oder das teilweise Aufschmelzen resultiert aus lokal dickerer Kruste.“ Letzteres sei allerdings nicht mit Indizien für eine in diesem Gebiet eher dünne Marskruste vereinbar.

Mit anderen Worten: Die Marsbeben deuten darauf hin, dass es im Untergrund unter Cerberus Fossae noch heute eine vulkanische Aktivität gibt. Dazu passt, dass die dunklen, wahrscheinlich vulkanischen Ablagerungen in diesem Grabensystem auf weniger als 50.000 Jahre datiert wurden. „Es ist möglich, dass wir hier die letzten Reste dieser einst aktiven Vulkanregion sehen – oder dass sich das Magma jetzt gerade nach Osten zu einem nächsten Eruptionsort bewegt“, sagt Strähler.

Anhaltende tektonische Prozesse

Nach Ansicht der Wissenschaftler legen ihre Daten nahe, dass der Marsvulkanismus weniger „tot“ ist als lange angenommen. „Unsere Ergebnisse bestätigen, dass Cerberus Fossae ein einzigartiges tektonisches Umfeld repräsentiert, dass von bis heute anhaltenden magmatischen Prozessen und einem lokal erhöhten Wärmestrom geprägt ist“, konstatieren Strähler und eine Kollegen.

Der Mars könnte demnach wie die Erde und möglicherweise die Venus von tektonischen Prozessen geprägt sein, die über das bloße passive Erkalten ihres Inneren hinausgehen. Welcher Art diese Tektonik genau ist und wie sie sich bis heute äußert, müssen weitere Forschungen klären. (Nature Astronomy, 2022; doi: 10.1038/s41550-022-01803-y)

Quelle: Nature Astronomy, ETH Zürich

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