Medizin

Schaltzentrale für Entzündungen der Haut entdeckt

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Entzündungsreaktionen in der Haut können Schäden durch UV-Strahlung oder Infektionen eindämmen, aber auch zu schmerzhaften Symptomen wie Sonnenbrand führen. Eine aktuelle Studie der Universität Bonn hat nun eine molekulare Schaltzentrale identifiziert, an der diese Stress-Signale zusammenlaufen.

Als größtes Organ des Menschen bietet die Haut wortwörtlich viel Angriffsfläche für Umweltreize und Krankheitserreger. Im Ernstfall reagiert sie oft mit einer schmerzhaften Entzündung – das weiß jeder, der schon einmal einen Sonnenbrand hatte. Doch wie diese genau ausgelöst wird, war bisher nicht im Detail verstanden. „Wir haben uns die beteiligten Prozesse in unserer Studie näher angeschaut“, erklärt Prof. Dr. Florian Schmidt, der am Institut für Angeborene Immunität des Universitätsklinikums Bonn eine Arbeitsgruppe leitet.

UV-Stress löst Signalkette aus

UV-Licht ist sehr energiereich. Wenn es auf die Haut fällt, kann es daher wichtige Zellmoleküle schädigen. Eine häufige Folge sind dann Entzündungen. Unklar war jedoch, wie dies genau passiert. „Wir haben nun zeigen können, dass ein bekannter Signalweg für zellulären Stress diese Entzündungsreaktionen auslösen kann“, erklärt Schmidt.

Die zelleigenen „Ingenieursbüros“, die Ribosomen, bauen normalerweise anhand der Anleitungen in den Erbanlagen Proteine zusammen. Wenn dies durch UV-Schäden nicht mehr funktioniert, schlagen sie Alarm: Sie lösen die sogenannte ribotoxische Stressantwort aus. Dieser Mechanismus ist bereits seit Jahren bekannt und ruft eine Kettenreaktion hervor, an deren Ende ein Enzym namens p38 aktiviert wird. „Unsere Forschungen zeigen nun, dass p38 einen kritischen Schalter für Entzündungen in der Haut, NLRP1, direkt verändert und damit auf eine neuartige Weise aktiviert. Wenn NLRP1 angeschaltet wird, sorgt es dafür, dass die Zelle aus vielen verschiedenen Bausteinen ein sogenanntes Inflammasom zusammensetzt.“

Inflammasomen sind mächtige Waffen des Immunsystems. Die komplexen molekularen Maschinen sind unter anderem dazu in der Lage, inaktive Botenstoffe für Entzündungen in ihre aktive Form umzuwandeln. Gleichzeitig sorgen sie dafür, dass sich in der Zellmembran zahlreiche Löcher bilden. Dadurch können Botenstoffe nach außen gelangen und so die körpereigenen Abwehrtruppen zur Hilfe rufen. Letztlich führen die Löcher dann zum Untergang der Zelle: Irgendwann explodiert sie geradezu und entleert ihren Inhalt ins Gewebe. Die nun schlagartig ausgeschütteten Moleküle aus dem Inneren der Zelle sind ein weiteres Warnzeichen für das Immunsystem.

Auch Viren aktivieren p38

Interessanterweise wird p38 nicht nur durch ein übermäßiges Sonnenbad aktiviert. „Wir konnten zeigen, dass auch Viren dazu in der Lage sind“, betont Lea-Marie Jenster, die in Schmidts Arbeitsgruppe promoviert. „Dazu zählt beispielsweise das Chikungunya-Virus, das in Teilen Afrikas und Asiens ein großes Problem darstellt und im Zuge des Klimawandels auch nach Deutschland gelangen könnte.“ Viren lösen die Aktivierung von p38 vermutlich sogar über mehrere verschiedene Wege aus.

„P38 ist in der Haut eine Art Schaltzentrale, bei der verschiedene Warnsignale zusammenlaufen – ähnlich wie bei der Leitstelle der Feuerwehr“, erklärt Schmidt. „Allerdings führt nicht gleich jeder eingehende Hilferuf zum Zusammenbau eines Inflammasoms – das passiert erst, wenn die Zahl und Stärke der Warnungen einen bestimmten Schwellenwert überschreiten.“ Denn Inflammasomen sind so gefährliche Waffen, dass ihr Einsatz für erhebliche Kollateralschäden sorgt. So gehen durch die ausgelöste starke Entzündung Teile des Hautgewebes zu Grunde. Ihr Einsatz wird daher in der Regel streng reguliert.

Manchmal jedoch nicht streng genug – etwa beim Sonnenbrand oder auch bei manchen Autoimmunerkrankungen. Vielleicht eröffnet p38 eine neue Möglichkeit, solche überschießenden Immunreaktionen spezifisch in der Haut zu unterdrücken. (Journal of Experimental Medicine, 2022;  doi: 10.1084/jem.20220837)

Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

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