T-Zellen sind wichtige Akteure der zellulären Immunabwehr – auch gegen Krebs. Denn ähnlich wie Antikörper verfügen sie über die Fähigkeit, krankhaft veränderte Zellen erkennen und gezielt anzugreifen. Mobilisiert werden sie, indem ihnen eine Antigen-präsentierende Zelle das „feindliche“ Erkennungsmerkmal gezeigt hat und so die T-Zell-Rezeptoren aktiviert. Dies setzt in der T-Zelle eine Reaktionskaskade in Gang, durch die sie die Krebszellen erkennen und mithilfe von zytotoxischen Botenstoffen abtöten kann.
Checkpoints: Regulatoren gegen überschießende T-Zell-Aktivität
Damit T-Zellen nicht überaktiv werden und es zu einer überschießenden Immunreaktion und Autoimmunreaktionen kommt, tragen die T-Zellen auf ihrer Oberfläche auch hemmende Rezeptoren. Diese „Checkpoint-Moleküle“, darunter CTLA4 und PD1, fungieren als sich ergänzende Regulatoren für die T-Zell-Immunreaktion. „CTLA4 übt seinen regulatorischen Effekt vor allem in den Organen des Lymphsystems aus, während PD1 die T-Zell-Aktivität lokal in den peripheren Geweben hemmt“, erklärt Alex Waldmann von den US National Institutes of Health (NIH).
Das Problem jedoch: Krebszellen nutzen die Präsenz dieser Immun-Checkpoints aus: Viele von ihnen produzieren Botenstoffe und Oberflächenproteine, die an diesen hemmenden Rezeptoren ansetzen und so die T-Zellen außer Kraft setzen. Sie verpassen den Abwehrzellen einen Maulkorb.
Antikörper gegen die T-Zell-Blockade
An diesem Punkt setzt die Immuntherapie mittels Checkpoint-Inhibitoren an: In den 1990er Jahren entdeckten unabhängig voneinander zwei Forschungsteams in den USA und Japan, dass sich die beiden Checkpoints CTLA-4 und PD-1 durch Antikörper blockieren lassen. James Allison entwickelte den gegen CTLA-4 gerichteten Antikörper Ipilimumab und testete seine Wirksamkeit bei Mäusen und Menschen mit fortgeschrittenem Schwarzem Hautkrebs – mit Erfolg. Ipilimumab wurde 2011 in den USA und später auch in Europa zur Therapie von metastasierten Melanomen zugelassen.
Tasuku Honjos Forschungen in Japan legten die Basis für Antikörper gegen den Checkpoint-Rezeptor PD-1. 2014 wurden die Anti-PD-1-Antikörper Pembrolizumab und Nivolumab gegen fortgeschrittene Melanome und den kleinzelligen Lungenkrebs zugelassen. Diese und weitere Checkpoint-Inhibitoren werden zurzeit auch gegen andere Krebsarten im Tierversuch und in klinischen Studien getestet. Allison und Honjo erhielten für ihre Forschungen zu dieser Form der Immuntherapie im Jahr 2018 den Nobelpreis für Medizin. „Die Immun-Checkpoint-Therapie hat die Krebsbehandlung revolutioniert und fundamental verändert“, hieß es in der Laudatio.
Nicht ohne Nebenwirkungen
Allerdings: Auch eine Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren kann erhebliche Nebenwirkungen verursachen. Weil die T-Zellen durch diese Therapien gewissermaßen enthemmt werden, greifen sie oft auch körpereigene, gesunde Zellen und Gewebe an und setzen dort entzündungsfördernde und zytotoxische Botenstoffe frei. Bis zu 90 Prozent der Patienten leiden dadurch an verschiedenen Formen immunologischer Reaktionen, von Erschöpfung, Durchfällen, Schleimhaut-Schäden und Organentzündungen bis hin zu schweren Autoimmunreaktionen. Meist lassen sich diese Nebenwirkungen aber mit Glucocorticoiden und anderen immundämpfen Wirkstoffen abmildern.
Um die Nebenwirkungen zu verringern, wurden in den letzten Jahren neue Antikörper entwickelt und getestet, die nur bestimmte Varianten des PD-1-Checkpoints blockieren. Einige dieser PDL1-Inhibitoren, darunter Avelumab und Durvalumab, wurden gegen spezifische, schwer zu behandelnde Krebsarten bereits zugelassen. Parallel dazu arbeiten Forschenden an Methoden, die Checkpoint-Inhibitoren gezielter an ihre Wirkorte zu bringen – beispielsweise über ein Gel oder Pflaster, das direkt auf das Melanom appliziert wird.
Wirksamkeit noch sehr begrenzt
Ein weiteres Manko: Die bisher entwickelten Checkpoint-Inhibitoren wirken nicht bei allen Patienten und bisher nur bei wenigen Krebsarten. Mediziner versuchen dies zu umgehen, indem sie diese Hemmstoffe mit klassischer Chemotherapie und monoklonalen Antikörpern kombinieren. In einer Studie bei Patientinnen mit metastasierendem Gebärmutterhalskrebs gelang es einem Team um David O’Malley von der Ohio State University im Jahr 2020 beispielsweise, die Erfolgsrate durch eine Kombination des PD-1-Checkpoint-Inhibitors Balstilimab und dem monoklonalen Antikörper Zalorelimab von 19 auf immerhin 27 Prozent zu erhöhen.
Allerdings bleiben noch immer viele Krebsarten, die nicht auf diese Immuntherapien ansprechen. Einer der Gründe dafür: Es gibt neben CTLA-4 und PD-1 noch weitere Immun-Checkpoints auf der T-Zelloberfläche. Krebszellen können daher auch diese Mechanismen nutzen, um die T-Zellen auszuschalten. „Es ist daher noch einige Forschung nötig, um weitere Immun-Checkpoints zu identifizieren und neue therapeutische Strategien gegen diese Moleküle zu entwickeln“, konstatieren Yun Wang von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und seine Kollegen in einer aktuellen Review zu Immuntherapien.