Astronomie

Woher kommt das „Geisterleuchten“?

Nach Abzug aller bekannten Licht- und Streulichtquellen bleibt im Kosmos ein diffuses Restlicht

Sternenhimmel
Was bliebe übrig, wenn man alle bekannten Licht- und Streulichtquellen vom Nachthimmel entfernen würde? © titoOnz/ Getty images

Was bleibt übrig, wenn man das Licht aller Sterne, Galaxien und anderen bekannten Prozesse und Lichtquellen im Kosmos ausblendet? Das haben Astronomen nun mithilfe von mehr als 200.000 Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops untersucht. Es zeigte sich: Am Himmel bleibt dennoch ein extrem schwaches Restlicht unbekannter Herkunft zurück. Dieses entspricht zwar nur der Leuchtkraft von zehn Glühwürmchen verteilt auf den ganzen sichtbaren Nachthimmel. Doch woher es kommt ist bisher unklar.

Mit bloßem Auge betrachtet, erscheint uns der Nachthimmel stockfinster, nur erhellt von den einzelnen Lichtpunkten der Sterne und dem hellen Band der Milchstraße. Doch mit Teleskopen betrachtet ergibt sich ein anders Bild: Der gesamte Kosmos ist von einem diffusen Leuchten erfüllt, das allerdings größtenteils in für uns nicht sichtbaren Wellenbereichen der Strahlung liegt – darunter die kosmische Hintergrundstrahlung oder die UV-Strahlung interstellarer Wasserstoffwolken.

Was das extragalaktische Hintergrundlicht verrät

Doch auch das sichtbare Licht von Sternen, Galaxien und anderen Himmelsobjekten erzeugt ein diffuses Leuchten, das extragalaktische Hintergrundlicht (EBL). Dieses im UV- bis Infrarotbereich liegende Hintergrundlicht gibt Aufschluss darüber, wie viele Lichtquellen es im Kosmos gab und gibt. „Wenn unser Zensus der Galaxien und ihrer Luminositäten vollständig ist, dann sollte das extragalaktische Hintergrundlicht durch alle diese Objekte erklärbar sein“, erklären Timothy Carlton von der Arizona State University und seine Kollegen.

Ist das aber nicht der Fall, bleibt auch nach Abzug aller Lichtquellen und bekannten Streueffekte bei Messungen noch Hintergrundlicht übrig. Unsere Bestandsaufnahme des Kosmos wäre demnach unvollständig. Dann könnte es dort draußen noch Prozesse oder Objekte geben, die zusätzliches Licht produzieren. Das könnten noch unentdeckte Galaxien und Streueffekte sein, das überschüssige Licht könnte aber auch auf fundamentale Prozesse wie die Annihilation von Dunkler Materie oder Antimaterie zurückgehen.

Hubble-Aufnahmen als Messhilfe

Das Problem jedoch: Das extragalaktische Hintergrundlicht ist schwer zu quantifizieren. Denn dafür muss man erst alle anderen Lichtquellen, darunter auch das galaktische und zodiakale Streulicht, genau messen oder sein Ausmaß über Modelle errechnen. Bisherige Messungen lieferten dabei jedoch sehr unterschiedliche Werte für das extragalaktische Hintergrundlicht: Einige sprachen dafür, dass es mehr Galaxien im Universum geben muss als gedacht. Andere jedoch, darunter auch Daten der NASA-Raumsonde New Horizons, widersprachen dem.

Jetzt haben die Astronomen im Rahmen des SKYSURF-Projekts das extragalaktische Hintergrundlicht im Bereich von 0,2 bis 1,7 Mikrometer Wellenlänge neu gemessen – dies umfasst UV, sichtbares und Infrarotes Licht. Mithilfe spezieller Software analysierten sie dafür mehr als 200.000 Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops und bezogen dabei die gängigen Modelle für das Zodiakallicht und galaktische Streulicht mit ein.

Ein unerklärter Lichtrest bleibt

Das Ergebnis: Die Astronomen konnten das extragalaktische Streulicht erstmals mit einer Unsicherheit von weniger als einem Prozent ermitteln. Diese Messung bestätigt, dass auch nach Abzug aller bekannten Lichtquellen ein nicht erklärbarer Rest bleibt – vergleichbar einer Dunkelkammer, in der trotz aller Abschirmung noch immer ein ganz schwacher Lichtschimmer übrig bleibt.

Für dieses diffuse, nicht erklärbare Leuchten ermittelten die Forschenden einen Wert von 14 bis 32 Nanowatt pro Quadratmeter pro Steradiant. Dies entspricht dem Licht, das zehn über den Nachthimmel verteilte Glühwürmchen abgeben würden – ist aber höher als die Anfang 2021 von New Horizons ermittelten Werte. „Diese Werte unterstreichen, dass unsere Modelle wahrscheinlich unvollständig sind“, erklären Rosalia O’Brian von der Arizona State University und ihre Kollegen.

Sonnensystem
Könnte bisher nicht erfasster Kometenstaub die Ursache für das überschüssige diffuse Licht sein? © NASA/ESA, Andi James (STScI)

Ist Kometenstaub schuld?

Doch woher stammt dieses Licht? Die Astronomen vermuten, dass die Diskrepanz weniger bei noch unbekannten extragalaktischen Lichtquellen liegt als vielmehr in den Modellen für das Zodiakallicht in unserem eigenen Sonnensystem. „Wenn unsere Vermutung korrekt ist, dann gibt es eine noch unerfasste Staubkomponente zwischen uns und der Position von News Horizons“, sagt Carleton. „Ein Teil dieses überschüssigen Lichts könnte demnach aus unserm Sonnensystem kommen.“

Eine mögliche Quelle dieses zusätzlichen Staubs könnten kleine Kometen sein, die aus dem Kuipergürtel und dem äußeren Sonnensystem in Richtung Sonne fliegen und verdampfen. Der in ihrem Eis eingeschlossene Staub wird dann freigesetzt und trägt zum diffusen Streulicht bei. (The Astronomical Journal, 2022; doi: 10.3847/1538-3881/ac8d02; doi: 10.48550/arXiv.2210.08010)

Quelle: Space Telescope Science Institute, Arizona State University

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