Plastikregen: Wissenschaftler haben berechnet, dass im neuseeländischen Auckland jährlich 74 Tonnen Mikroplastik aus der Atmosphäre auf die Stadt herabregnen. Das entspricht mehr als drei Millionen Plastikflaschen und ist ein höherer Wert als für einige andere Städte ermittelt. Ursache für die besonders hohen Mikroplastikgehalte der Luft in Auckland könnten brechende Wellen sein, die in einer nahegelegenen Bucht das Mikroplastik aus dem Meerwasser in die Luft übertragen.
Mikroplastik ist überall: in der Luft, dem Wasser, dem Boden und sogar in unserem Körper. Wir nehmen es zum Beispiel mit der Nahrung und dem Trinkwasser auf, können es aber auch direkt einatmen. Nanopartikel dringen dann in unsere Zellen ein und lagern sich zum Beispiel im Gehirn, der Leber oder der Lunge ab. Das Mikroplastik kann dort zu Entzündungen führen und mechanische Schäden an den Zellmembranen verursachen.
Mikroplastik-Fänger in the box
Ein Team um Wenxia Fan von der University of Auckland hat nun ermittelt, wieviel Mikroplastik sich in der Luft der gleichnamigen neuseeländischen Stadt befindet. Dafür sammelten die Wissenschaftler Mikroplastik, das aus der Luft fiel, mit einem Trichter und einem Gefäß in einer Holzkiste. Eine solche Teststation befand sich auf einem Dach des Universitätsgeländes in der Innenstadt und eine weitere in einem Wohngarten des Vorortes Remuera. Beide Boxen sammelten insgesamt neun Wochen lang Mikroplastikteilchen ein.
Da fast alle Plastikpartikel zu klein waren, um sie mit dem bloßen Auge zu erkennen, nutzten die Forschenden eine Fluoreszenzmarkierung, um auch 0,01 Millimeter kleine Nanopartikel im Mikroskop sichtbar zu machen. Mittels Gaschromatografie und Massenspektrometrie ließ sich dann die Art und Menge der eingefangenen Teilchen ermitteln und dies auf die gesamte Stadtluft hochrechnen.
Es regnet Plastikflaschen
Diese Hochrechnung ergab, dass in Auckland jährlich 74 Tonnen Mikroplastik aus der Atmosphäre auf die Stadt fallen. Das entspricht laut den Wissenschaftlern mehr als drei Millionen Plastikflaschen, die jedes Jahr vom Himmel regnen. Insgesamt wiesen sie acht verschiedene Kunststoffe in den Mikro- und Nanopartikeln nach. Zu den am häufigsten vertretenen gehörten Polyethylen (PE), Polycarbonat (PC) und Polyethylenterephthalat (PET).
Besonderen Anlass zur Sorge bietet aber nicht nur die schiere Menge an Mikroplastik, sondern auch dessen Größe. Denn die Analyse ergab, dass die meisten der nachgewiesenen Plastikpartikel extrem klein sind. So klein, dass sie eingeatmet werden und im menschlichen Körper Schäden anrichten können. „Je kleiner die Größenbereiche waren, die wir untersuchten, desto mehr Mikroplastik fanden wir“, berichtet Fans Kollege Joel Rindelaub.
Der Wert im internationalen Vergleich
Dass die Wissenschaftler auf derart viele Nanopartikel stießen, hängt auch mit den Analysemethoden zusammen, die sie anwandten. In früheren Studien mit weniger feiner Methoden seien extrem kleine Partikel meist durchs Raster gefallen und konnten deshalb nicht mit in die jeweiligen Hochrechnungen einbezogen werden. Das ist vermutlich auch ein Grund, warum in Auckland nun im Schnitt 4.885 Mikroplastikpartikel pro Quadratmeter nachgewiesen wurden, während ähnliche Studien in London nur auf 771 Partikel, in Hamburg auf 275 und in Paris sogar nur auf 110 Teilchen kamen.
„Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, beim Vergleich von Mikroplastikdaten zwischen verschiedenen Studien einheitliche Methoden und Größenabgrenzungen zu verwenden“, so Fan und ihre Kollegen. Damit die Werte in Zukunft international vergleichbar sind, fordern sie eine standardisierte Erfassung.
Wellen als Plastikemittent
Ein weiterer Faktor, warum ausgerechnet in Auckland so viel Mikroplastik in der Luft nachgewiesen wurde, könnten die Wellen in der nahegelegenen Bucht des Hauraki Gulf sein, wie die Forschenden vermuten. Brechen die Wellen, könnten sie dabei Mikroplastik aus dem Meerwasser in die Luft übertragen, so die Theorie. Dazu passt, dass das Forschungsteam vor allem dann erhöhte Mikroplastik-Werte feststellte, wenn starke Winde das Wasser aufwühlten und zu höheren Wellen führten.
„Die Anreicherung von Mikroplastik in der Luft durch brechende Wellen könnte ein wichtiger Teil des globalen Transports von Mikroplastik sein“, sagt Rindelaub. „Und es könnte erklären, wie manche Mikroplastikpartikel in die Atmosphäre gelangen und an entlegene Orte wie hier in Neuseeland getragen werden.“ (Environmental Science & Technology, 2022; doi: 10.1021/acs.est.2c05850)
Quelle: University of Auckland