Im Herbst 1947 schien der Durchbruch zum Greifen nahe: An den Bell Labs in New Jersey hatten die beiden Halbleiter-Forscher John Bardeen und Walter Brattain endlich herausgefunden, warum die ersten Transistor-Versuche so enttäuscht hatten. Denn trotz vielversprechender Ansätze wollten die in ihrer Arbeitsgruppe konstruierten Transistor-Modelle einfach nicht funktionieren: Sie reagierten nur wenig auf das angelegte Steuerfeld.
Wie die Physiker feststellten, drang das regulierende elektrische Feld der Steuerelektrode bei diesen ersten Feldeffekt-Transistormodellen nicht weit genug in den Halbleiter ein. Dadurch funktionierte das durch dieses Feld kontrollierte „Schleusentor“ für den Stromfluss nicht richtig. Stattdessen wurden die Elektronen des Materials an die Oberfläche gezogen und dort in einer Art Sperrschicht gefangen. Dies blockierte die regulierende Wirkung und machte diese der Transistor-Kandidaten weitgehend unbrauchbar.
Germanium, Goldfolie und ein Plastikkeil
Auf der Suche nach einer Lösung begannen Brattain und Bardeen mit einem anderen Bauprinzip als zuvor zu experimentieren. Bei diesem nutzten sie eine metallische Basis, auf der ein Germanium-Plättchen lag. Dieses enthielt durch Dotierung mit Fremdatomen wie Phosphor oder Arsen einen Überschuss an beweglichen Elektronen – es war n-dotiert. Darauf kam eine dünne Oberflächenschicht aus p-dotierten Germanium. In dieser Schicht erzeugten Fremdatome wie Bor einen Überschuss an positiv geladenen „Löchern“.
Jetzt folgte der entscheidende Geistesblitz: Brattain und Bardeen konstruierten einen dreieckigen, an einer Feder befestigten Kunststoffkeil, den sie mit einer Goldfolie überzogen. An der Spitze des Keils ritzten sie die leitfähige Goldfolie ein, so dass zwei dicht beieinander liegende Kontaktpunkte entstanden. Diese ließen sich nun als zwei Elektroden verwenden, die jeweils mit der leitfähigen Metallbasis und deren Elektrode einen Stromkreis bildeten.
„Das wichtigste Experiment meines Lebens“
Am 16. Dezember 1947 führten Brattain und Bardeen in ihrem Labor den ersten Test ihres Transistor-Modells durch. Es funktionierte: Wenn sie an die eine Seite der Goldspitze – dem Emitter – einen Strom anlegten, floss nicht nur ein schwacher Strom von ihr zur Basis, sondern auch der Stromfluss im zweiten Stromkreis veränderte sich – und dies abhängig davon, wie viel Strom sie an die erste Goldelektrode anlegten.
Wie erhofft wirkte das Bauteil als regelbarer Schalter und noch dazu als Verstärker, der das Eingangssignal um das Tausendfache verstärkte. Auf den Nachhauseweg an diesem Abend erzählte Brattain den Mitgliedern seiner Fahrgemeinschaft: „Ich habe heute das wichtigste Experiment meines Lebens durchgeführt“. Worum es sich handelte, verriet er jedoch noch nicht.
Der erste funktionsfähige Transistor
Erst am 23. Dezember 1947 stellten die beiden Physiker ihre Erfindung zum ersten Mal offiziell dem Management der Bell Labs vor. Bei dieser internen Vorführung demonstrierten sie die Verstärkerwirkung ihres Transistors mit einem Mikrofon und Lautsprecher: Das Mikrofon schlossen sie an den „kleinen“ Stromkreis der Emitter-Elektrode an, der Lautsprecher war mit dem zweiten Stromkreis verbunden. Wenn der Transistor das schwache Eingangssignal des Mikrofons erfolgreich verstärkte, müsste der Lautsprecher das Gesprochene hörbar wiedergeben – was er auch tat.
Damit hatten Brattain und Bardeen es geschafft: Sie hatten den ersten funktionsfähigen und effektiv arbeitenden Transistor konstruiert. Endlich war es gelungen, ein miniaturisierbares und auf Halbleitern basierendes Bauteil zu konstruieren, das die alten unhandlichen Vakuumröhren ablösen konnte. Am 30. Juni 1948 stellten die beiden Physiker ihre Erfindung auf einer Pressekonferenz der Ball Labs zum ersten Mal der Öffentlichkeit vor.
Der „doppelte“ Spitzentransistor
Das von Brattain und Bardeen entwickelte Bauprinzip wird heute als Spitzentransistor (Point-Contact Transistor) bezeichnet. Anders als bei den heute dominierenden Feldeffekttransistoren tragen bei diesen Bipolartransistoren positive und negative Ladungsträger gemeinsam zum Verstärkungseffekt bei. Anders ausgedrückt: Sowohl die Elektronen als auch die „Löcher“ im Halbleiter werden mobilisiert.
Bereits ab 1951 wurden die ersten Spitzentransistoren in Serie produziert und in Telefon-Schaltgeräten, Hörgeräten, Oszillatoren und sogar ersten experimentellen Fernsehempfängern eingebaut. Bis 1953 blieben diese Bauteile die am schnellsten schaltenden Transistoren. Brattain und Bardeen erhielten dafür im Jahr 1956 den Physik-Nobelpreis.
Allerdings waren die beiden US-Physiker nicht die einzigen, die auf das Prinzip des Spitzentransistors kamen: Jenseits des Atlantiks arbeiteten auch die deutschen Physiker Herbert Mataré und Heinrich Welker an einem ganz ähnlichen Modell – ohne etwas von den Entwicklungen in den Bell Labs zu ahnen. 1948 gelang es ihnen, ebenfalls einen funktionierenden Spitzentransistor zu konstruieren – doch damit kamen sie zu spät, um die Ersten zu sein.