Doch ein wichtiger Durchbruch fehlte noch: der Übergang zum Silizium, dem Halbleiter, der heute nahezu in jedem Schaltkreis und Elektronikprodukt steckt. Denn in den 1950er und 1960er Jahren bestanden fast alle Transistoren aus monokristallinem Germanium. Dieses Element ist dank seines niedrigeren Schmelzpunkts leichter zu bearbeiten und ermöglicht wegen des schnellen Flusses der Ladungsträger im Kristallgitter hohe Schaltgeschwindigkeiten.
Das Problem des Germaniums
Als Transistormaterial hat Germanium aber einige Nachteile: Weil die Bandlücke dieses Halbleiters mit 0,64 Elektronenvolt relativ klein ist, kommt es häufig zu unerwünschten Leckströmen. Oberhalb einer Temperatur von rund 75 Grad reicht die Wärmeenergie schon aus, um das Material leitfähig zu machen. Als Folge verlieren Germanium-Transistoren ab dieser Temperatur ihre Schaltfunktion und werden unbrauchbar. Silizium ist dagegen deutlich stabiler: Wegen seiner größeren Bandlücke bleiben Transistoren aus diesem Material auch bei höheren Temperaturen funktionsfähig.
Das Problem jedoch: Silizium hat mit 1.415 Grad eine höhere Schmelztemperatur und ist reaktiver, was die Herstellung hochreiner monokristalliner Blöcke erschwert: „Das schmelzflüssige Silizium interagiert mit nahezu jedem Tiegel, selbst Quarzglas reagiert mit der Schmelze und kontaminiert sie mit Sauerstoff und anderen Verunreinigungen, die dann die elektronische Leistung des Kristalls degradieren“, erklärt Michael Riordan von University of California in San Diego. Dadurch war es zunächst kaum möglich, Siliziumhalbleiter in der erforderlichen Reinheit und Dotierung herzustellen.
Wettstreit um den ersten Silizium-Transistor
Erst 1954 gelang es Forschern, diese Hürden zu überwinden – und wieder geschah dies zweimal unabhängig voneinander und nahezu zur gleichen Zeit: An den Bell Labs entwickelte der Chemiker Morris Tanenbaum ein Verfahren, bei dem die Dotierungsrate des Siliziums gesteuert werden konnte, während der Einkristall aus der Schmelze gezogen wurde. Am 26. Januar 1954 gelang es dem Team damit, den ersten npn-Silizium-Transistor mit guter Verstärkungswirkung zu erzeugen. Die Bell Labs entschieden sich jedoch, diese Erfindung zunächst nicht publik zu machen oder zu patentieren.
Zur gleichen Zeit arbeitete der frühere Bell-Labs-Chemiker Gordon Teal bei der jungen Firma Texas Instruments ebenfalls an einem Verfahren, Silizium-Halbleiter mit den gewünschten Eigenschaften zu erzeugen. Um das Problem der ungenügenden Reinheit zu umgehen, entwickelte das Team um Teal einen Weg, die Zwischenschicht des Transistor-Sandwichs extrem dünn zu machen – nur 25 Mikrometer dick. Dies ermöglichte es den Ladungsträgern im Halbleiter, diese Barriere trotz einiger Unreinheiten zu überwinden. Am 14. April 1954 gelang es den Forschern, einen funktionierenden npn-Silizium-Transistor zu erstellen.
Ein Publicity-Coup
Anders als die Bell Labs zögerte Texas Instruments nicht, diesen Durchbruch schleunigst publik zu machen: Schon am 10. Mai 1954 stellte Teal seinen neuen Silizium-Transistor auf einer Fachkonferenz vor: „Entgegen dem, was meine Kollegen Ihnen über die düsteren Aussichten für Silizium-Transistoren erzählt haben: Ich habe gleich mehrere davon in meiner Tasche“, konstatierte er.
Publikumswirksam demonstrierte Teal die Vorteile dieser Bauteile anschließend ganz praktisch: Er tauchte einen an einen Lautsprecher angeschlossenen Germanium-Transistor in heißes Öl, worauf die zuvor ertönende Musik sofort verstummte. Das Gleiche wiederholte er mit einem silizium-Transistor – und die Musik war weiter zu hören. Der Publicity-Stunt zahlte sich aus: Das von Teal entwickelte Verfahren setzten sich durch – auch weil die Konkurrenzmethode weniger gut zu standardisieren war. Texas Instruments wurde dadurch der erste Hersteller, der Silizium-Transistoren in Massenproduktion fertigte.
Ein neues Zeitalter
Mit diesem Durchbruch begann das Silizium-Zeitalter – und ebnete die Bühne für die rasante Entwicklung der Halbleiter- und Computerindustrie. Im Laufe der 1960er und 1970er Jahre lösten Silizium-Transistoren die alten Germanium-Bauteile zunehmend ab, gleichzeitig erleichterten neue Bauformen des Transistors ihre Massenproduktion, Miniaturisierung und ihren Einbau in integrierte Schaltkreise.
„Diese Halbleiter-Bauteile haben Computer in unsere Taschen und auf Schreibtische gebracht und die weltweiten Kommunikations-Netzwerke ermöglicht“, sagt Riordan. „Der Transistor wird nicht umsonst als Nervenzelle des Informationszeitalters bezeichnet.“ Ohne ihn sähe unsere Welt heute völlig anders aus.