Wie sagt man das Wetter in der Antarktis voraus? Anders als im dicht mit Wetterstationen abgedeckten Europa sind aktuelle Wetterdaten und -beobachtungen in den rund 2,7 Millionen Quadratkilometern des Königin-Maud-Lands Mangelware. Denn diesem riesigen Areal gibt es nur gut zehn Wetterstationen sowie einige nur zeitweise besetzten Forschungsstationen. Zum Vergleich: Im viel kleineren Deutschland betreibt allein der DWD rund 2.000 meteorologische Messstellen.
Hinzu kommt, dass es in der Antarktis keine nennenswerte Infrastruktur gibt. Der für das Königin-Maud-Land zuständige Meteorologe muss daher aus den wenigen Datenquellen und der weitgehenden Isolation das beste machen. „Diese Arbeitseinsätze muten wie ein Abenteuer an. Sie erfordern jedoch ein hohes Maß an Verantwortungs- und Risikobewusstsein, Eigenständigkeit, Flexibilität sowie sozialer und fachlicher Kompetenz“, erklärt Antarktis-Meteorologe Christian Paulmann.
Mit Messdaten, Ballons und Satelliten
Für seine Vorhersagen wertet der DWD-Meteorologe neben den wenigen Wettermeldungen der Stationen die Daten der täglich an drei bis fünf Stellen des Gebiets durchgeführten täglichen Radiosonden-Aufstiege sowie Webcam-Bilder, beispielsweise von den Landebahnen an der norwegischen Troll-Station und der russischen Novolazarevskaya-Station aus.
Außerdem stellen die hoch aufgelösten Bilder von polumlaufenden Wettersatelliten eine besonders wichtige Datenquelle dar. Dafür wurde an der Neumayer-Station eine eigene Satellitenempfangsanlage installiert. Auch Wettervorhersagen vom DWD, dem Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage, vom US-Amerikanischen Wetterdienst sowie ein antarktisches Vorhersagemodell helfen bei der Wettervorhersage. Alle diese Informationen erhält der Meteorologe vor Ort über einen sicheren Server des DWD sowie per E-Mail und Internet.
Rund um die Uhr im Dienst
Grundsätzlich sind die DWD-Meteorologen während der zwei Monate auf der Neumayer-Station 24 Stunden in Bereitschaft, sieben Tage die Woche. Offiziell beginnt ihr Arbeitstag um 6.00 Uhr morgens und endet gegen 20.00 Uhr abends. Das Wort „Tag“ ist im besten Sinne des Wortes zu verstehen – im antarktischen Sommer gibt es nur wenige Nachtstunden. Nach der Sichtung der Daten erstellt der Meteorologe für alle Stationen im Königin-Maud-Land einen Wetterbericht für die nächsten vier Tage, einen Flugwetterbericht und eine Vorhersage speziell für die Landebahnen, sowohl für den aktuellen Tag als auch für die folgenden vier bis fünf Tage.
Es folgen individuelle Flugwetterberatungen für kontinentale und interkontinentale sowie für Forschungsflüge. Für die Wissenschaftler auf der Neumayer-Station gibt es ein zusätzliches gesondertes Wetterbriefing für die Planung der Forschungsvorhaben, dazu kommen individuelle Beratungen für Expeditionen zu Land, auf See und in der Luft für alle im Zuständigkeitsgebiet arbeitenden Forscherinnen und Forscher. Die meisten Beratungen erfolgen per E-Mail, möglich sind sie aber auch per Telefon, SMS, Funk oder von Angesicht zu Angesicht.
Zwischen Routine und Wetterextremen
„Viele dieser Aufgaben erscheinen zunächst als Routine, doch durch die räumlich geringe Dichte an qualitativ hochwertigen Wettermeldungen und die extremen Klimabedingungen in der Antarktis ist das Wetter fast immer der limitierende Faktor für die Forschungsarbeiten“, erklärt Paulmann.
„Am beeindruckendsten auch für den Meteorologen sind die Stürme, die mit brachialer Gewalt bis zu einer Woche anhalten können und dabei nicht nur Fliegerei und Außenarbeiten verhindern, sondern schlichtweg ein ungeschütztes Überleben von uns Menschen in der freien Natur verhindern.“