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Paläontologie

Pterosaurier mit einzigartigem Gebiss entdeckt

Bei Bamberg entdecktes Flugsaurier-Fossil hat ein Filtermaul mit fast 500 Zähnen

Balaenognathus
So könnte der neu entdeckte Pterosaurier Balaenognathus maeuseri ausgesehen haben: Er filterte seine Nahrung mithilfe seiner Reusenzähne aus dem Wasser. © Megan Jacobs

Ungewöhnlicher Fund: In der Nähe von Bamberg haben Paläontologen das Fossil einer bisher einzigartigen, rund 150 Millionen Jahre alten Flugsaurier-Art entdeckt. Denn der Pterosaurier trug mehr als 480 dünne, hakenförmige Zähne im schmalen, löffelförmig nach oben gebogenen Maul. Dies deutet auf eine Ernährung als Filtrierer hin: Ähnlich wie ein Bartenwal nutzte der Flugsaurier seine Zähne wahrscheinlich als Reuse, mit der er kleine Krebschen aus dem Wasser fing.

Flugsaurier waren die ersten Wirbeltiere, die den Luftraum eroberten. Während des Jura und der Kreidezeit brachten sie eine beeindruckende Formenvielfalt hervor. Die Spanne reicht von Winzlingen im Vogelmaßstab bis zu Giganten wie dem Quetzalcoatlus mit zwölf Meter Flügelspannweite. Auch in Deutschland wurden bereits zahlreiche Pterosaurier-Fossilien gefunden, die meisten von ihnen im feinkörnigen Solnhofener Plattenkalk der Fränkischen Alb, wo auch der legendäre Archaeopteryx entdeckt wurde.

Pterosaurier-Fossil
Fossil von Balaenognathus maeuseri. © Martill, et. al./ PalZ

Zufallsfund im Kalksteinbruch

Jetzt gibt es einen neuen Pterosaurier-Fund aus der Fränkischen Alb. Entdeckt wurde das Fossil durch Zufall in einem Steinbruch bei Wattendorf im Landkreis Bamberg. Als Paläontologen um David Martill von der University of Portsmouth dort einen großen Kalksteinblock mit einem Krokodilfossil bergen wollten, fielen ihnen in einem daneben aufgetürmten Abraumhaufen ein faustgroßes Kalkstück mit einer Versteinerung darin auf – einem Knochen aus dem Flügel eines Flugsauriers. Auch die restlichen Teile dieses fossilen Skeletts fanden sich in dem Haufen.

„Das war ein echter Glücksfall“, sagt Martill. Denn der Fund entpuppte sich als nahezu perfekt erhaltenes Fossil eines zuvor unbekannten Pterosauriers. Die Bruchstücke der 17 einzelnen Kalkstücke fügten sich nahezu nahtlos zum vollstündigen Skelett des Tieres zusammen. „Der gute Erhaltungszustand spricht dafür, dass dieses Tier noch kaum verwest war, als es vom Sediment begraben wurde“, so der Forscher. „Alle Gelenke einschließlich ihrer Bänder sind konserviert geblieben.“

480 Zähne – mindestens

Der neuentdeckte Flugsaurier hatte zu Lebzeiten eine Flügelspannweite von knapp 1,20 Meter und gehörte damit zu den eher kleineren Arten, wie die Forscher berichten. Das Tier lebte vor gut 150 Millionen Jahren, als die Frankenalb noch eine von flachen, warmen Lagunen durchzogene Landschaft war. Ähnlich wie andere Flugsaurier aus der Gruppe der Ctenochasmatoidea besaß es eine lange und schmale Schnauze. Sie ist nach oben gebogen und am Ende leicht abgeplattet und verbreitert wie bei einem Löffelschnabel.

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Auffälligstes Merkmal des neuentdeckten Fossils ist jedoch sein Gebiss: Der Pterosaurier hatte mindestens 480 dünne Zähne, die in seinem schmalen Maul zwei dichtstehende, ineinander verzahnte Reihen bildeten – ähnlich einem Nissenkamm oder einer Filterreuse. „Zwar gibt es noch einen weiteren Pterosaurier mit so vielen Zähnen, den Pterodaustro aus Argentinien, aber dieser hat eher knubbelige kurze Zähne im Oberkiefer und längere im Unterkiefer“, erklärt Martill. Beim neuen Fossil sind beide Zahnreihen fast identisch und greifen ineinander.

Balaenognathus filterte seine Nahrung aus dem Wasser

Wegen dieses extremen Reusengebisses haben die Paläontologen ihren Fund Balaenognathus maeuseri getauft – „Walkiefer“. Denn sie vermuten, dass sich dieser Pterosaurier ähnlich wie die Bartenwale durch Filtrieren ernährte. Er watete durch die flachen Lagunen und füllte dabei seine löffelförmige Schnauze mit Wasser. Dieses presste er dann seitlich durch die Zahnreusen wieder hinaus, wodurch kleine Garnelen, Ruderfußkrebse und anderes Plankton in den Zahnreihen hängen blieben.

Ungewöhnlich bei diesem Flugsaurier ist allerdings, dass der Oberkiefer etwas stärker gebogen war als der Unterkiefer, wodurch das Maul vorne ständig leicht offen stand. Wie zum Ausgleich sind die Zähne dort verlängert. Noch unklar ist hingegen die Funktion eines weiteren Zahnmerkmals: „Einige Zähne haben einen Haken am Ende, was so zuvor noch nie bei einem Pterosaurier gesehen wurde“, berichtet Martill. Insgesamt besitze Balaenognathus maeuseri damit einen unter Pterosauriern einzigartigen Filtermechanismus.

Der neue Flugsaurier aus dem Kalksteinbruch ist inzwischen im Naturkundemuseum Bamberg ausgestellt. „Wir hoffen sehr, auch in Zukunft solche einmaligen Funde weiter bergen und wissenschaftlich untersuchen zu können“, sagt der Leiter des Naturkundemuseums, Oliver Wings. (Paläontologische Zeitschrift (PalZ), 2023; doi: 10.1007/s12542-022-00644-4)

Quelle: University of Portsmouth, Staatliche naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns

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