Phänomene

SETI aus Sicht der Aliens

Würden Außerirdische uns finden?

Gesetzt den Fall, es gibt irgendwo dort draußen Außerirdische, die ähnlich neugierig sind wie wir und die daher auch nach anderem Leben im All suchen. Wo würden sie danach schauen? Und in welche Richtung würden sie am ehesten ihre Radiobotschaften senden? Auch diese Fragen könnten erklären, warum wir bisher nichts von Außerirdischen gehört oder gesehen haben.

Transit
Von wo können außerirdische Astronomen einen Transit der Erde vor der Sonne sehen? © ESO/L. Calçada

Freier Blick auf die Erde

„Es ist natürlich unmöglich vorauszusagen, ob Außerirdische die gleichen Beobachtungstechniken wie wir nutzen“, erklärt René Heller vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen. „Aber sie müssen den gleichen physikalischen Prinzipien folgen, wie wir es tun.“ Demnach könnten Aliens auf der Suche nach „Nachbarn“ zunächst nach Planeten suchen, auf denen überhaupt Leben existiert. Solche Biosignaturen lassen sich beispielsweise bei einem Transit entdeckten – der Passage eines Planeten vor seinem Stern. Denn dann hinterlässt die Atmosphäre des Planeten Absorptionslinien im Spektrum des Sternenlichts, die die Zusammensetzung der Gashülle und damit auch die Präsenz von biogenen, von Organismen stammenden Molekülen anzeigen können.

2016 ermittelten Heller und seine Kollegen, dass der Erdtransit für außerirdische Astronomen von einem schmalen Streifen aus sichtbar wäre, der rund zwei Tausendstel des gesamten Himmels abdeckt. Aliens in diesem Gebiet hätten demnach eine Chance, die Erde als belebten Planeten zu identifizieren. 2021 hat ein Team um Lisa Kaltenegger von der Cornell University dies noch einmal präzisiert: Mithilfe der Daten des europäischen Gaia-Satelliten ermittelten sie, dass 1.402 Sterne momentan eine freie Sicht auf den Erdtransit haben, darunter 128 sonnenähnliche Sterne und 1.050 Rote Zwerge und Rote Riesen.

Interessant auch: 46 dieser Sterne liegen sowohl in der Erdtranszone als auch in einem Umkreis von bis zu 100 Lichtjahren. „Diese 46 Objekte könnten die Passage der Erde von der Sonne beobachten und wären gleichzeitig in der Lage, Radiowellen von der Erde einzufangen“, berichtet Kaltenegger.

Die Technosignatur der Menschheit

An diesem Punkt setzt eine weitere Überlegung an: Vielleicht haben wir deshalb nichts von Aliens gehört, weil sie uns einfach noch nicht bemerkt und als intelligente Spezies identifiziert haben. „Wenn man davon ausgeht, dass biologisches Leben im All häufig vorkommt, dann wäre die irdische Biosignatur allein noch nichts Besonderes“, erklärt der Astrophysiker Amri Wandel von der Hebräischen Universität Jerusalem. Um extraterrestrische Zivilisationen zu einer gezielten Kontaktaufnahme durch ein Radiosignal oder eine Sonde zu motivieren, müssten sie seiner Ansicht nach auch unsere Technosignaturen detektieren.

„Es ist plausibel anzunehmen, dass auch außerirdische Zivilisationen nicht über unbegrenzte Ressourcen verfügen und daher ihre Ziele genau auswählen“, so Wandel. Die Menschheit ist in dieser Hinsicht allerdings ein Newcomer: Erst in den 1930er Jahren haben wir die ersten kurzwelligen Radiosignale erzeugt, die die Ionosphäre der Erde durchdingen und ins All hinausstrahlen konnten. Unter diesen frühen Technosignaturen der Menschheit waren ausgerechnet die ersten Fernsehübertragungen aus dem nationalsozialistischen Deutschland – keine besonders positive Visitenkarte unserer Spezies.

Radiowellen
Irdische Radiowellen gelangen erst seit rund 90 Jahren ins Weltall. © NASA

Unsere Radiosphäre reicht erst 90 Lichtjahre weit

Doch unabhängig von ihrem Inhalt bedeutet dies, dass menschengemachte Radiosignale erst seit knapp 90 Jahren im All unterwegs sind. Wenn demnach außerirdische Astronomen nach Signalen anderer Lebensformen suchen, könnten sie unsere Technosignatur nur dann entdeckt haben, wenn sie näher als rund 100 Lichtjahre von uns entfernt sind, wie Wandel vorrechnet. Würden sie dann auf diese Radiosignale reagieren und ihrerseits ein gezieltes Radiosignal auf die Erde richten, dann wäre diese Antwort wieder fast 100 Lichtjahre zu uns unterwegs.

Mit einer Reaktion könnten wir demnach frühestens in knapp 100 Jahren rechnen, es sei denn, die Außerirdischen wären uns näher. Würden sie beispielsweise auf einem nur rund 50 Lichtjahre entfernten Planeten leben, könnte ihre Antwort schon morgen eintreffen. Hätten die Aliens dagegen beim ersten Eintreffen unserer Radiosignale eine Erkundungssonde zur Erde geschickt, wäre diese sehr viel länger unterwegs. Geht man von einer Fluggeschwindigkeit von 20 Prozent der Lichtgeschwindigkeit aus, dürften die Außerirdischen nicht weiter als 16 Lichtjahre entfernt leben, damit ihre Sonde demnächst bei uns ankommt, so Wandel.

Zu früh für eine Antwort

Doch wie wahrscheinlich ist es, dass es in diesem Umkreis überhaupt außerirdische Zivilisationen gibt und wir in Kontakt mit ihnen treten? Wandel spricht in diesem Kontext von der Kontakt-Ära. Sie beschreibt die Zeit, die von der Freisetzung der ersten Radiowellen bis zum möglichem Empfangen einer Antwort von einer Nachbarzivilisation vergeht. Wie groß dieser Zeitraum ist, hängt von der Dichte der Zivilisationen und von ihrer Überlebensdauer ab. Denn wir könnten nur dann eine Antwort von Außerirdischen empfangen, wenn die Menschheit bestehen bleibt, bis diese eintrifft.

Konkret heißt dies: Wenn es in der Milchstraße zwischen 10.000 und einer Million relativ gleichmäßig verteilter außerirdischer Zivilisationen gibt, dann würde ihre Kontakt-Ära zwischen 400 und 2.000 Jahre nach Beginn der ersten Radiotransmissionen beginnen. Erst nach dieser Zeit könnte man mit einer ersten Reaktion von Aliens rechnen. „Die Wahrscheinlichkeit, dass eine außerirdische Zivilisation der Erde nahe genug ist, um unsere Radiosphäre detektiert zu haben, ist demnach sehr gering“, so Wandel.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Wo sind die Aliens?
Das Fermi-Paradoxon und die Suche nach außerirdischen Intelligenzen

Sind wir allein?
Die Drake-Gleichung und extraterrestrisches Leben

Die Frage des Lebens
Wie viele außerirdische Zivilisationen gibt es in unserer Galaxie?

Das Fermi-Paradox
Warum haben wir noch keine Aliens entdeckt?

SETI aus Sicht der Aliens
Würden Außerirdische uns finden?

ET antwortet nicht
Wollen Außerirdische überhaupt gefunden werden?

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