Medizin

Wie uns Telomere und Mitochondrien vor Krebs schützen

Koordinierte Alarmreaktion löst Selbstzerstörung alter, krebsanfälliger Zellen aus

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Telomere - die Endkappen unserer Chromosomen – schrumpfen mit dem Alter. Doch auch im verkürzten Zustand schützen sie gegen Entartung der Zelle und Krebs. © Artur Plawgo/ Getty images

Gemeinsam gegen Krebs: Wenn eine alternde Zelle zu entarten droht, sorgt eine mehrstufige Alarmreaktion für die rechtzeitige Zerstörung der betroffenen Zelle – und wirkt so der Krebsentstehung entgegen. An diesem Signalweg beteiligt sind Telomere, die Endkappen der Chromosomen, und Mitochondrien, die Zellkraftwerke, wie Forschende in „Nature“ berichten. Diese Erkenntnis wirft neues Licht auf die zellulären Schutzmechanismen gegen Krebs und könnte klären helfen, warum dieser Schutz manchmal versagt.

An den Enden unserer Chromosomen bilden die sogenannten Telomere Schutzkappen, die unser Erbgut stabilisieren. Mit zunehmendem Alter der Zellen werden diese schützenden DNA-Sequenzen immer kürzer, bis es schließlich zur Krise kommt: Die genetisch instabil gewordenen Zellen leiten die Apoptose, ein zelluläres Selbstmordprogramm, ein. Dies markiert sie gegenüber dem Immunsystem als „zu entsorgen“ und zerstört die Zelle gleichzeitig von innen heraus. Dieser Mechanismus beugt der Entstehung von Krebs vor.

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Hier sind die Telomere (grün) von Chromosomen durch grünen Fluoreszenzmarker hervorgehoben. © Salk Institute

Schutzreaktion gegen Krebs

Unbekannt war bislang jedoch, wie der Prozess im Detail abläuft und auf welche Weise manche Zellen dem Tod doch entkommen und Tumore bilden können. Damit hat sich nun ein Team um Joe Nassour vom Salk Institute for Biological Studies in La Jolla in Kalifornien beschäftigt. „Unsere Ergebnisse zeigen eine Synergie zwischen kritisch kurzen Telomeren, Mitochondrien und dem angeborenen Immunsystem, die sich entwickelt hat, um die altersbedingte Krebsentstehung beim Menschen zu verhindern“, berichtet das Autorenteam.

Mit Hilfe genetischer Screenings an menschlichen Fibroblasten, also Zellen des Bindegewebes, stellten Nassour und seine Kollegen fest, dass zu kurz gewordene Telomere Signalwege des angeborenen Immunsystems aktivieren, die für den Zelltod während der Krise entscheidend sind. Dabei greifen sie auf die Hilfe der Mitochondrien, der Kraftwerke der Zelle, zurück.

Kommunikation zwischen Telomeren und Mitochondrien

„Wir waren begeistert, als wir entdeckten, dass Telomere mit Mitochondrien kommunizieren“, sagt Nassours Kollege Jan Karlseder. Erst diese Zusammenarbeit der Chromosomenenden mit den Zellkraftwerken setzt demnach zelluläre Prozesse in Gang, die defekte und damit potenziell entartende Zellen töten. Solange dieser Signalweg funktioniert, kann er auch im Alter gegen Krebs schützen.

Konkret wies das Forschungsteam nach, dass zu kurz gewordene Telomere lange RNA-Moleküle aussenden, die an einen Immunsensor namens Z-DNA-bindendes Protein 1 (ZBP1) auf der Oberfläche der Mitochondrien binden. Diese Bindung aktiviert das mitochondriale antivirale Signalprotein (MAVS), das als Teil des angeborenen Immunsystems unter anderem dafür zuständig ist, von Viren befallene Zellen zu eliminieren. Im Prinzip nutzt das Alarmsignal der Telomere damit einen eigentlich gegen Viren entwickelten Signalweg, um alte, genetisch instabile Zellen zu zerstören, bevor es zu einer Entartung kommt.

Integrierte Betrachtung des Alterns

„Telomere, Mitochondrien und Entzündungen sind drei Merkmale des Alterns, die meist isoliert untersucht werden“, sagt Nassours Kollege Gerald Shadel. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass gestresste Telomere eine RNA-Botschaft an die Mitochondrien senden, um eine Entzündung auszulösen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, die Wechselwirkungen zwischen diesen Merkmalen zu untersuchen, um das Altern vollständig zu verstehen und vielleicht einzugreifen, um die Lebenserwartung beim Menschen zu verlängern.“

In zukünftigen Studien wollen die Forschenden herausfinden, wie sich die nun aufgedeckten Prozesse womöglich beeinflussen lassen. „Die Entstehung von Krebs ist kein einfacher Prozess“, sagt Nassour. „Es handelt sich um einen mehrstufigen Prozess, der viele Veränderungen in der Zelle erfordert. Ein besseres Verständnis der komplexen Wege, die Telomere und Mitochondrien miteinander verbinden, könnte in Zukunft zur Entwicklung neuer Krebstherapeutika führen.“ (Nature, 2023, doi: 10.1038/s41586-023-05710-8)

Quelle: Salk Institute

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