Drastische Verschiebungen: Diese Aufnahme zeigt die Folgen der Erdbeben in der Türkei vom 6. Februar 2023. Die farbigen Zonen zeigen, wo sich die Erdoberfläche nach Osten (blau) oder nach Westen (rot) bewegt hat. Die Farbflächen lassen die Bruchzonen entlang der Ostanatolischen Verwerfung und ihrem nordwestlichen Seitenarm deutlich hervortreten. Die Messdaten stammen vom europäischen Radarsatelliten Sentinel-1, der das Gebiet vor und nach dem Erdbeben überflogen hat.
Am 6. Februar 2023 erschütterten gleich zwei schwere Erdbeben den Südosten der Türkei. Gegen 02:00 Uhr nachts ereignete sich der erste Erdstoß der Magnitude 7,8 nahe der Millionenstadt Gaziantep. Das Beben riss die durch diese Region verlaufende Ostanatolische Verwerfung auf einer Länge von mindestens 180 Kilometern auf. Am Mittag desselben Tages folgte rund 100 Kilometer nördlich ein zweites Starkbeben der Magnitude 7,5. Dieses erzeugte einen Bruch an einem nordwestlich liegenden Seitenstrang der Ostanatolischen Verwerfung.
Als Folge der Erdbeben sind mehr als 40.000 Menschen gestorben (Stand: 14.02.2023), viele Städte im Südosten der Türkei und Norden Syriens liegen in Trümmern. Das Ereignis gilt als schlimmste Erdbebenkatastrophen der letzten hundert Jahre in dieser Region.
Radardaten verraten topografische Veränderungen
Wie heftig die Erdstöße waren und wie groß die dabei freigesetzt Energie, illustrieren auch die Satellitenauswertungen. Sie zeigen, wie sich die Erdoberfläche entlang der Verwerfungen verschoben hat. Die Daten stammen primär vom Sentinel-1-SAteliten der europäischen Raumfahrtagentur ESA. Er trägt hochauflösende Radarmessinstrumente an Bord, die während der Überflüge die Landoberfläche abtasten.
Durch die interferometrische Verrechnung von Aufnahmen, die vor und nach dem Erdbeben gemacht wurden, lässt sich erkennen, wo und wie stark sich die Landoberfläche durch die Erdstöße verändert hat. Für die hier gezeigte Aufnahme verwendeten Forschende vom Earth Observation Center (EOC) des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) Sentinel-1-Aufnahmen vom 29. Januar und vom 10. Februar 2023, die sie miteinander verglichen.
Verschiebungen um bis zu sechs Meter
Das resultierende Bild zeigt deutlich, wie stark sich der Untergrund entlang der Verwerfungen verschoben hat – an vielen Stellen sind es mehr als sechs Meter. Blaue Flächen zeigen eine Bewegung in östliche Richtung, rote Flächen eine Verschiebung nach Westen an. Die Grenzzone zwischen beiden Farbbereichen markiert den Verlauf der tektonischen Verwerfungen.
Die Verschiebungen und Erschütterungen durch die Erdbeben haben jedoch nicht nur einen Ost-West-Versatz an der Plattengrenze zwischen Arabischer und Anatolischer Platte verursacht, auch Hebungen und Senkungen der Landflächen traten auf. So hat es in der Küstenstadt Iskenderun deutliche Bodenabsenkungen gegeben, durch die Teile der Region nun stärker durch Überschwemmungen gefährdet sind. In den Gebirgsketten entlang der Erdbebenzone kam es zu Hebungen und Verlagerungen, die das Erdrutschrisiko auch längerfristig erhöhen, wie die ESA mitteilte.
Quelle: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), European Space Agency (ESA)