Archäologie

Königliche Gewürze in 500 Jahre altem Schiffswrack

Flaggschiff-Wrack gibt Einblick in den Luxus an einem mittelalterlichen Hofstaat

Saffran und Pfeffer
Saffran und Schwarzer Pfeffer aus dem gut 500 Jahre alten Wrack des königlichen Flaggschiffs Gribshunden. © M. Larsson, B. Foley /PLoS ONE, CC-by 4.0

Königlicher Luxus: Archäologen haben in einem mittelalterlichen Schiffswrack vor Schweden eine exotische und kostbare Frachte entdeckt. Denn das 1495 gesunkene Flaggschiff des Königs von Dänemark und Norwegen hatte Safran, Ingwer, Pfeffer und weitere exotische Gewürze an Bord – eine Rarität zur damaligen Zeit. Die „königlichen“ Gewürze belegen, dass die nordischen Herrscher schon im Mittelalter Handelsbeziehungen bis nach Südostasien unterhielten. Zudem unterstreichen sie, dass die kostbare Importware ein Statussymbol darstellte.

Im Sommer 1495 brach König Johann I. von Dänemark und Norwegen zu einer besonderen Mission nach Schweden auf: Er wollte den schwedischen Regierungsrat bei einem politischen Gipfeltreffen davon überzeugen, ihm die Krone von Schweden zu überlassen – ohne dass es zu einem Krieg kam. Um seine Gegenüber gebührend zu beeindrucken, reiste der dänische König mit großem Gefolge und allen Statussymbolen seiner Zeit. Er selbst und sein Hofstaat unternahmen die Reise auf seinem Flaggschiff Gribshunden.

Untergangsort
Untergangsstelle der Gribshunden im Jahr 1495. © M. Larsson, B. Foley / PLoS ONE, CC-by 4.0

Doch die königliche Reise endete anders als geplant: Bei einem Zwischenstopp mit Landgang des Hofstaats kam es zu einer Explosion an Bord und das vor einer Insel vor Anker liegende Schiff sank vor der Südküste Schwedens. Das in nur elf Meter Tiefe liegende Wrack wurde zwar schon in den 1960er Jahren entdeckt, aber seine Identität klärte sich erst, als Unterwasser-Archäologen sich das Schiff ab 2019 näher anschauten.

Erster Blick in eine königliche Gewürztruhe

Jetzt ist zwei Archäologen der Universität Lund in Schweden ein besonderer Fund an Bord des königlichen Schiffswracks gelungen: Mikael Larsson und Brendan Foley haben die royalen Gewürzvorräte der Gribshunden entdeckt – mehr als 3.000 Reste exotischer Pflanzen und Nüsse, die gut 500 Jahre lang im Sediment eingebettet waren und dadurch erhalten geblieben sind. „Diese Ansammlung von Vorräten und exotischen Gewürzen ist das einzige archäologische Beispiel für eine fast komplett erhaltene königliche Vorratskammer“, erklären die Forscher.

Unter den Funden sind Gewürznelken, Pfefferkörner, Kümmel, Dill und Ingwer, aber auch Mandeln, verschiedene Beeren und der noch heute kostbare Saffran. „Bei vielen dieser Pflanzenreste sind noch die Gewebe und Fruchthaut erhalten und sie haben auch ihre ursprüngliche Farbe behalten“, berichten die Archäologen. „Der Saffran hat sogar noch seinen typischen Geruch, obwohl der 527 Jahre lang unter Wasser lag.“ Insgesamt konnten die Forscher 40 verschiedene Pflanzenarten identifizieren, 86 Prozent davon waren Gewürze, dazu kamen einige Cerealien, Nüsse und Beeren.

Luxus-Zutaten aus Fernost

„Diese archäobotanischen Funde liefern einen einzigartigen Einblick in die Gepflogenheiten eines spätmittelalterlichen nordischen Hofstaats“, erklären Larsson und Foley. Sie bestätigen, dass die damaligen Eliten sich teilweise von weither importierte exotische Speisen und Gewürze leisteten, die die normale Bevölkerung wahrscheinlich nicht einmal kannte. „Nur diejenigen, die genügend finanzielle Mittel besaßen, konnten sich so teure Luxusgüter leisten, das war ein Privileg der damaligen Eliten.“

Gewürze
Mandeln, Schwarzer Pfeffer, Saffran und Kümmel aus dem Wrack der Gribshunden. © M. Larsson, B. Foley / PLoS ONE, CC-by 4.0

Drei der auf der Gribshunden gefundenen exotischen Gewürze repräsentieren die ersten und ältesten Funde dieser Spezies im Ostseeraum: Saffran, Ingwer und Gewürznelken. Sie müssen aus dem fernen Asien importiert worden sein, ebenso wie der Schwarze Pfeffer. „Gewürze aus Asien wurden zwar schon von den Römern in West- und Mitteleuropa bekannt gemacht. Aber nach Nordeuropa gelangten sie erst im Mittelalter“, berichten die Archäologen. Sie vermuten, dass die Gewürze für König Hans und seinen Hofstaat über die Hanse in den Ostseeraum importiert worden sind.

Als Statussymbol oder Geschenk

Die Funde demonstrieren, dass der dänische König damals keine Kosten und Mühen scheute, um bei seiner Reise die schwedischen Eliten gebührend zu beeindrucken. Im Zuge solcher Verhandlungen war es üblich, die gegnerischen Parteien zu Banketten und anderen Festlichkeiten einzuladen. König Johann I. hätte solche Bankette an Bord seines Schiffes, aber auch an Land in einer der Burgen in Kalmar abhalten können. Dabei wären sicher auch die Gewürze zum Einsatz gekommen.

Angesichts der großen Mengen der Gewürze halten es die Archäologen aber auch für denkbar, dass ein Teil davon als eine Art Gastgeschenk bei Ankunft überreicht werden sollten. „Exotische Speisen und Gewürze symbolisierten Prestige und soziale Überlegenheit“, erklären sie.

Wozu diente das giftige Bilsenkraut?

Die meisten Gewürze an Bord der Gribshunden waren wahrscheinlich dazu gedacht, Speisen schmackhafter zu machen. „Bei einigen dieser Pflanzen gibt es aber Überschneidungen zwischen dem kulinarischen und dem medizinischen Anwendungszweck“, erklären die Forscher. So wurden beispielsweise Saffran, Nelken, Ingwer und Hopfen zu jener Zeit auch als Heilmittel verwendet.

Unter den Funden identifizierten die Archäologen auch Samen des giftigen Schwarzen Bilsenkrauts (Hyoscyamus niger). „Bilsenkraut ist eine Giftpflanze, die damals im magischen, kultischen oder medizinischen Kontext sowie in Amuletten Verwendung fand“, erklären Larsson und Foley. Wegen der halluzinogenen und berauschenden Wirkung nutzte man die Samen auch als Droge. Das Bilsenkrautöl wurde jedoch auch als schmerzstillendes Mittel eingesetzt, beispielsweise bei Zahnschmerzen. Zu welchem Zweck der Bilsenkrautsamen an Bord der Gribshunden mitgenommen wurde, ist jedoch offen.

Auch wenn noch nicht alle Fragen geklärt sind, eröffnen die Funde aus dem Wrack der Gribshunden einen wertvollen Einblick in die Töpfe, Tiegel und auf die Teller eines mittelalterlichen Königshofs. „Vor allem der gute Erhaltungszustand dieser Pflanzenrelikte von der Gribshunden macht sie zu Funden mit großer historischer Bedeutung“, konstatieren die Archäologen. (PLoS ONE, 2023; doi: 10.1371/journal.pone.0281010)

Quelle: PLoS ONE

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