Fade Früchte: Mit Pestiziden behandelte Erdbeeren schmecken wässriger und säuerlicher als unbehandelte, wie eine Studie jetzt bestätigt. Schuld daran sind zwei Fungizide, die den Stoffwechsel der Erdbeeren beeinflussen. Dies führt nicht nur zu Einbußen beim Geschmack, sondern auch beim Nährstoff-Gehalt. Demnach verringern die Fungizide unter anderem die Konzentration von Antioxidantien und Vitamin C in der Frucht. Das Fungizid Boscalid greift sogar aktiv in die Genregulierung der Erdbeerpflanze ein.
Erdbeeren gehören zu den meistverkauften Früchten der Welt. Sie überzeugen nicht nur mit ihrem aromatisch-süßlichen Geschmack, sondern auch mit allerhand gesunden Inhaltsstoffen wie Vitamin C, Folsäure oder Antioxidantien. Doch nicht jede Erdbeere ist gleich lecker und gesund. Genetische Züchtungen, Anbau- und Lagerungsmethoden sowie verschiedene Umweltfaktoren können Aroma und Qualität der roten Früchte beeinflussen. Auch der Einsatz von Pestiziden steht im Verdacht, negative Auswirkungen auf die Qualität der Erdbeeren zu haben.
Gespritzte Erdbeeren im Test
Forschende um Yuping Liu von der Landwirtschaftlichen Universität Chinas haben nun erstmals zwei häufig bei Erdbeeren eingesetzte Fungizide darauf getestet, was sie mit Geschmack und Nährstoffen der Früchte anstellen. Boscalid (BOS) und Difenoconazol (DIF) wirken, indem sie die zellulären Prozesse von Pilzen und Bakterien stören und so die Erdbeerpflanze vor Krankheiten und Schimmelbefall schützen. Doch geht das wirklich so spurlos an den Erdbeeren vorbei?
Um das herauszufinden, züchteten die Wissenschaftler drei Gruppen von Erdbeeren. Als diese noch grün waren, behandelten sie eine Gruppe mit BOS, eine mit DIF und eine gar nicht. Während die Erdbeeren zur bekannten Röte heranreiften, untersuchten Liu und seine Kollegen, was im Inneren der Früchte vor sich ging. Unter anderem ermittelten sie den Gehalt von Zucker, Säuren, Nährstoffen und flüchtigen organischen Verbindungen. Bei BOS untersuchten die Wissenschaftler außerdem, ob und wie das Fungizid in die zellulären Mechanismen der Erdbeere eingriff.
Ein blinder Geschmackstest mit 30 Teilnehmern gab abseits von Pipette und Laborkittel außerdem Aufschluss darüber, welche Erdbeeren den Menschen am besten schmecken.
Pestizide gehen zu Lasten der Süße
Das Ergebnis: Am meisten Aroma entfalteten die Erdbeeren, die ohne jeglichen Pestizideinsatz herangewachsen waren. Und Lius Team kann auch erklären, warum das so ist: „Unsere Studie ergab, dass der Einsatz von Fungiziden das Zucker-Säure-Verhältnis und einige wichtige flüchtige organische Verbindungen verringerte.“ Konkret senkte der Pestizid-Einsatz den Gehalt von löslichen Zuckern wie Glukose und Fructose und sorgte gleichzeitig dafür, dass einige Zucker in Säuren umgewandelt wurden. Das machte den eigentlich süßen Geschmack der Erdbeeren säuerlich.
Auch das typische Erdbeeraroma litt unter dem Einsatz von BOS und DIF. Beide Mittel veränderten laut Wissenschaftlern die Aromazusammensetzung im Fruchtfleisch erheblich. Dies betraf vor allem den Anteil von bestimmten Estern, Furanonen und Lactonen, die sonst für das typische Fruchtaroma verantwortlich sind. Auch Inhaltsstoffe, die nichts mit dem Geschmack zu tun haben, kamen durch die Pestizide in geringeren Mengen vor. Dazu gehören etwa Vitamin C und verschiedene Antioxidantien, wie die Wissenschaftler berichten.
Fungizid verändert Genregulierung
Interessant auch: Das BOS-Fungizid veränderte Geschmack und Inhaltsstoffe der Erdbeeren, indem es aktiv in ihre zellulären Prozesse eingriff. Konkret konnte das Forschungsteam beobachten, dass BOS die Regulierung verschiedener Gene veränderte, die mit der Produktion von Zucker, flüchtigen organischen Verbindungen, Nährstoffen und Aminosäuren zusammenhängen. Das führt unter anderem dazu, dass säureproduzierende Enzyme hochreguliert werden, während gleichzeitig der Verbrauch von löslichen Zuckern vorangetrieben wird. Das stört das Zucker-Säure-Verhältnis und schlägt sich dementsprechend im Geschmack nieder.
Diese Beobachtungen legen nahe, dass sich die Wirkung einiger Fungizide längst nicht nur auf Schädlinge wie Schimmelpilze beschränkt, sondern auch tief in den Stoffwechsel der Erdbeeren eingreift. Die Forschenden wollen Landwirten mit diesen Erkenntnissen eine Orientierungshilfe an die Hand geben, die zu einem besseren Mittelweg zwischen Pflanzenschutz und Geschmack führen könnte. (Journal of Agricultural and Food Chemistry, 2023; doi: 10.1021/acs.jafc.2c08157)
Quelle: American Chemical Society