Astronomie

Außerirdisches Leben am Terminator?

Dämmerungszone könnte auch Exoplaneten in gebundener Rotation habitabel machen

Exoplanet
Viele nahe Exoplaneten haben eine gebundene Rotation. Trotzdem könnte es auf ihnen lebensfreundliche Bedingungen entlang der Dämmerungszone geben. © Ana Lobo / University of California, Irvine

Lebensfreundlicher Streifen? Die meisten erdähnlichen Exoplaneten haben eine gebundene Rotation – sie kehren ihrem Stern immer die gleiche Seite zu. Doch was bedeutet dies für ihre Habitabilität und die Chance auf Wasser und Leben? Das haben Astronomen nun näher untersucht. Das Ergebnis: Die Chance auf eine habitable Übergangszone zwischen heißer Tagseite und kalter Nachtseite ist bei solchen Planeten relativ hoch – vor allem, wenn es keine reinen Ozeanplaneten sind.

In den letzten Jahren haben Astronomen unzählige Erdzwillinge und erdähnliche Supererden in der habitablen Zone um fremde Sterne entdeckt. Die meisten dieser potenziell lebensfreundlichen Exoplaneten umkreisen Rote Zwergsterne – Sterne, die kleiner und kühler sind als unsere Sonne. Unter solchen nahen Welten mit rötlicher Sonne sind auch ein Erdzwilling um unseren Nachbarstern Proxima Centauri und die sieben erdähnlichen Planten um den Roten Zwerg TRAPPIST-1.

Proxima Centauri b
Der uns nächste Exoplanet Proxima Centauri b liegt zwar in der habitablen Zone, kehrt seinem Stern aber immer die gleiche Seite zu. Kann es auf ihm trotzdem flüssiges Wasser und lebensfreundliche Bedingungen geben? © ESO/ M. Kornmesser, CC-by 4.0

Das Problem der gebundenen Rotation

Doch so vielversprechend diese nahen Welten auf den ersten Blick erscheinen – sie haben ein großes Manko: Weil die habitable Zone bei Roten Zwerge relativ nah am Stern liegt, kreisen viele dieser Erdzwillinge und Supererden in einer gebundenen Rotation. Dadurch kehren sie ihrem Stern immer die gleiche Seite zu. „Auf solchen Planeten ist die Tagseite daher glühend heiß und die Nachtseite frostig kalt, vielleicht sogar von großen Gletschern bedeckt“, erklärt Erstautorin Ana Lobo von der University of California in Irvine.

Das aber bedeutet: Auch wenn Einstrahlung und Temperaturen auf solchen Planeten im Durchschnitt lebensfreundliche Werte haben mögen – in der Praxis sind dies Planeten der Extreme. Das wirft die Frage auf, ob es auf solchen Exoplaneten überhaupt lebensfreundliche Bedingungen und flüssiges Wasser geben kann. Eine Chance dafür könnte am Terminator bestehen – der Dämmerungszone zwischen Tag- und Nachtseite. Denn dort könnten sich die Extreme beider Seiten so ausgleichen, dass es lokal Stellen mit habitablen Bedingungen gibt.

Gebundene Land- und Wasserwelten im Test

Ob das der Fall ist und wie ein solcher Exoplanet dafür beschaffen sein muss, haben Lobo und ihr Team nun näher untersucht. „Wir wollten herausfinden, ob es einen habitablen Streifen in dieser Übergangszone geben kann oder ob eine solche Terminator-Habitabilität unmöglich wird, sobald die sternzugewandte Region habitable Grenzen überschreitet“, erklären die Astronomen. In ihrer Modellsimulation analysierten sie sie dafür Wasserwelten und landdominierte Exoplaneten, die in gebundener Rotation in der habitablen Zone eines Roten Zwergs kreisen.

Das überraschende Ergebnis: Anders als gedacht bieten Ozeanwelten unter solchen Bedingungen nicht die besten Chancen auf eine habitable Terminatorzone. Denn wenn ihre Tagseite eine bestimmte Temperatur überschreitet, kommt es zu einer starken Verdunstung von Wasser und damit verbunden zu einem sich selbst verstärkenden Treibhauseffekt. Selbst in der Dämmerungszone würde ein solcher Planet sich daher schnell aufheizen. Im Ozean selbst könnten die Bedingungen allerdings trotzdem lebensfreundlich sein.

Landplanet günstiger als Ozeanplanet

Günstiger wären die Bedingungen jedoch auf einem Exoplaneten, dessen Oberfläche zu einem Großteil aus Land besteht. „Unser globales Klimamodell zeigt, dass ein solcher Planet glühend heiße Temperaturen am sonnenzugewandten Punkt haben kann und frostige Temperaturen auf der Nachtseite. Aber in der Terminatorzone könnte ein gemäßigtes Klima herrschen, weil es nur einen geringen atmosphärischen Energietransport gibt“, berichten Lobo und ihre Kollegen.

In der Dämmerungszone von Exoplaneten wie Proxima Centauri b oder den Erdzwillingen um TRAPIST-1 könnten daher geeignete Bedingungen herrschen, um Seen und andere Gewässer mit flüssigem Wasser zu erlauben. Quelle des Wassers könnten unter anderem die Gletscher der Nachtseite sein, die in der Nähe der Dämmerungszone schmelzen und so Flüsse und Seen speisen.

Habitable Bedingungen wären stabiler

Die Simulationen legen zudem nahe, dass die habitablen Bedingungen im Dämmerungsstreifen von landdominierten Planeten stabiler und langlebiger sein könnten als bei reinen Wasserwelten. „Wasser-limitierte Atmosphären erreichen eine stabilere Konfiguration als ihre Gegenparts auf Wasserplaneten“, berichten die Forschenden. „Denn sie sind weniger anfällig für einen Wasserdampfverlust ins All oder das Ausfrieren von Wasser auf ihrer Nachtseite.“

„Die von unserem Team aufgedeckten Möglichkeiten habitabler Dämmerungszonen sind damit nicht mehr länger der Stoff von Science-Fiction-Geschichten – wir haben gezeigt, dass eine solche Terminator-Habitabilität real ist und klimatisch stabil sein kann“, sagt Lobos Kollegin Aomawa Shields, die auch am Virtual Planetary Laboratory der NASA in Seattle forscht.

Wichtig sind diese Erkenntnisse auch für die Suche nach außerirdischem Leben und nach Biosignaturen in den Atmosphären von Exoplaneten. Denn sie legen nahe, dass es solche spektralen Signaturen auch bei landdominierten Exoplaneten in gebundener Rotation geben könnte. Allerdings wäre es möglich, dass die Biosignaturen dann nur in bestimmten Regionen des Planeten – über dem Terminator – detektierbar wären. Fahndungen mit dem James-Webb-Teleskop und anderen Teleskopen müssten dies berücksichtigen. (The Astrophysical Journal, 2023; doi: 10.3847/1538-4357/aca970)

Quelle: University of California, Irvine

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