Geowissen

Blitz schuf neues Mineral

Erster Nachweis eines mineralischen Phosphits in einem Blitzschlag-Fulgurit

Fulgurit
Dieses Gebilde aus geschmolzenem Sand und verschiedenen Einschlüssen entstand beim Blitzeinschlag in sandigen Boden. In ihm haben Forscher ein neues Mineral entdeckt. © Matthew Pasek/ University of South Florida

Vom Blitz erschaffen: Forscher haben erstmals mineralisches Phosphit (-HPO3) in einem Blitzsinter nachgewiesen – es ist das erste natürliche Phosphormineral mit dieser Oxidationsstufe. Entdeckt wurde das Mineral in einem durch Blitzschlag in den Boden erzeugten Fulgurit. Dabei entstanden neben dem typischen Blitzglas aus geschmolzenem Sand auch metallisch schimmernde Körnchen aus Eisensiziliden und Calciumphosphit, wie die Analysen ergaben.

Phosphor kann je nach chemischer Verbindung verschiedene Oxidationsstufen einnehmen. Als natürliches Mineral wurden auf der Erde aber bisher nur zwei Varianten nachgewiesen. Am häufigsten liegt Phosphor als Phosphat in Oxidationsstufe +5 vor, weniger häufig als Phosphid mit Oxidationsstufe -1. „Auffallend abwesend sind dagegen Minerale mit den dazwischenliegenden Oxidationsstufen des Phosphors“, erklären Luca Bindi von der Universität Florenz und seine Kollegen. Solche Zwischenformen des Phosphors wurden zwar schon synthetisch hergestellt, konnten aber in natürlichen Materialien bisher nicht nachgewiesen werden.

Fulgurit
Ein durch Blitzschlag in den Boden entstandener Fulgurit. In solchen Blitzsintern können sich neuartige Mineralformen verbergen. © Matthew Pasek/ University of South Florida

Wo steckt das Phosphit?

Das Merkwürdige daran: Zwischen ein und zehn Prozent aller Mikroben-Stämme haben biologische Mechanismen entwickelt, um Phosphit – eine Verbindung mit Oxidationsstufe +3 – als Phosphorquelle zu nutzen. Das legt nahe, dass Phosphite in der Natur vorkommen müssen. Experimente im Labor lassen zudem vermuten, dass diese Verbindungen durch chemische Reduktion unter starker Hitzeeinwirkung entstehen können – beispielsweise bei einem Meteoriten-Impakt oder einem Blitzschlag.

Auf der Suche nach einem natürlichen Phosphit-Mineral haben Bindi und sein Team deshalb einen in Florida entdeckten Fulguriten näher untersucht. Diese auch als Blitzsinter oder Blitzröhren bezeichneten Gebilde entstehen durch Blitzeinschläge in sandigem Untergrund. Temperaturen von über tausend Grad lassen den Sand dabei zu Glas verschmelzen und erzeugen röhrenförmige, oft verästelte harte Gebilde. Für ihre Studie haben die Forscher Mikroproben des Fulgurits chemisch und mineralogisch analysiert.

Entdeckung im Fulgurit

„Das ungewöhnlichste Merkmal des Fulgurits sind rund ein Zentimeter große Sphärulen eines graumetallisch schimmernden Materials, die in die glasige Matrix des Blitzsinter eingebettet sind“, berichten Bindi und seine Kollegen. Analysen ergaben, dass diese Kügelchen zu 84 Prozent aus Eisendisilizid (FeSi2) sowie aus Calciummonophosphid (CaP) bestanden. In dem CaP entdeckten die Forschenden jedoch einige weniger als 20 Mikrometer kleine Körnchen, deren Zusammensetzung vom restlichen Material abwich.

Phosphit
Diese Mikroskop-Aufnahmen zeigen in mittelgrau die Eisendisilizid-Matrix der Sphärulen. In diesen liegen winzige Einschlüsse aus Eisensilizid (hell) und Calciumphosphit (dunkelgrau). © Bindi et al./ Communications Earth & Environment, CC-by 4.0

Bei näherer Analyse unter anderem mittels Röntgenkristallografie zeigte sich: Die winzigen Mineralkörnchen bestanden aus Calciumphosphit (CaHPO3). „Dies ist das erste in einem Fulgurit entdeckte kristalline Material, in dem Phosphor weder ein Phosphat noch Phosphid ist“, so das Team. Stattdessen liegt das Phosphor in diesem Blitzsinter als Phosphit vor und hat demnach die Oxidationsstufe +3.

Damit haben Bindi und sein Team erstmals ein Phosphor-Mineral entdeckt, in dem das Element eine der lange gesuchten Zwischen-Oxidationsstufen einnimmt. „Das in diesem Fulgurit entdeckte kristalline Calciumphosphit ist unseres Wissens nach das erste Mineral mit einer Phosphit-Gruppe (-HPO3)“, schreiben die Forscher. Koautor Matthew Pasek von der University of South Florida in Tampa ergänzt: „Wir haben ein solches Material auf der Erde noch nie gesehen, ähnliche Mineralformen waren bisher nur von Meteoriten und aus dem Weltall bekannt.“

Nur der Blitz ist heiß und kurz genug

Doch wie entstand das Blitzschlags-Phosphit? Wie die Forscher feststellten, spielen dabei die im Boden vorhandenen Pflanzenwurzeln eine wichtige Rolle. Sie sind oft von einer krustigen Schicht aus Eisenoxiden, Phosphaten und Calcium umgeben. Wenn nun der Blitz einschlägt, wird dieses Ensemble für kurze Zeit auf Temperaturen von rund 1.200 Grad erhitzt. Dadurch wird Calciumphosphat (CaHPO4) in Anwesenheit des Eisensilizids chemisch reduziert und reagiert stellenweise zu Calciumphosphit (CaHPO3).

Diese Reduktion funktioniert jedoch nur deshalb, weil die Blitzhitze weniger als eine Minute anhält. Wird das Gemisch länger erhitzt, setzt sich die Reduktion fort und es entsteht Eisenphosphid (Fe3P). Das könnte erklären, warum das neuentdeckte Phosphit-Mineral so selten ist. Bindi und sein Team wollen nun die Struktur des Blitz-Phosphits näher analysieren und beschreiben, damit ihre Entdeckung offiziell als neues Mineral anerkannt werden kann. (Communications Earth & Environment, 2023; doi: 10.1038/s43247-023-00736-2)

Quelle: University of South Florida

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