Die Klimakapriolen des ENSO-Phänomens und das globale Klima sind eng miteinander verknüpft – so viel scheint klar. So brachten El-Niño-Jahre in den letzten Jahrzehnten meist auch neue Hitzerekorde in Ozeanen und Atmosphäre mit sich – das Jahr 2016 wurde durch die Kombination von Klimawandel und El Niño zum bisher wärmsten Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen.
Die Verknüpfung wirkt aber auch in umgekehrter Richtung: Die Veränderungen des globalen Klimas beeinflussen das ENSO-Phänomen. Ein Faktor sind dabei die Verlagerungen großräumiger Luftströmungen durch die globale Erwärmung. So verbreitert und verschiebt sich beispielsweise der Tropengürtel, große Windbänder verschieben sich allmählich weiter polwärts. Außerdem sorgen die sich erwärmenden Ozeane dafür, dass sich Temperaturgradienten abschwächen und Niederschlagsmuster verändern. All dies beeinflusst auch die sensible Balance des ENSO-Klimapendels.
Widersprüchliche Prognosen
Aber wie? Bisher gab es dazu sehr widersprüchliche Ergebnisse. So prognostizierten einige Klimaforscher im Jahr 2014, dass die globale Erwärmung einen eher schwachen, aber dafür häufigen und vielleicht sogar dauerhaften El Niño im Pazifik verursachen könnte. Mithilfe ihrer Klimamodelle führten sie dies auf eine Abschwächung und Verschiebung der Passatwinde zurück.
Im gleichen Jahr kam ein Team um Wenju Cai von der australischen Forschungsorganisation CSIRO zum gegenteiligen Schluss. Sie hatten mithilfe von 20 verschiedenen Klimamodellen die Klima- und Niederschlagsentwicklung über 200 Jahre bis zum Jahr 2090 hinweg simuliert und dabei die Häufigkeit von besonders starken El-Nino-Ereignissen ermittelt. Das Ergebnis: Die Häufigkeit extremer El Niños stieg von einmal alle 20 Jahre auf einmal alle zehn Jahre – sie verdoppelte sich damit. Als ausschlaggebenden Grund identifizierten sie die Erwärmung des tropischen Pazifik durch den Klimawandel.
El Niño ist nicht gleich El Niño
Im Jahr 2018 lieferten dann zwei weitere Studien eine mögliche Erklärung für diese widersprüchlichen Prognosen. Denn nicht jeder El Niño manifestiert sich auf die gleiche Weise: Einige heizen den Pazifik eher im zentralen Bereich auf, andere konzentrieren sich nur auf den Ostpazifik. In den letzten Jahrhunderten traten beiden Varianten etwa gleich häufig auf, wie Auswertungen von Korallenriff-Bohrkernen aus dem Pazifikraum belegen. Dabei waren die zentralpazifischen El Niños in der Regel schwächer als die ostpazifischen.
Doch etwa ab 1980 hat sich dieses Muster geändert: „Im späten 20. Jahrhundert zeigt sich ein merklicher Anstieg in der Häufigkeit der El Niños im Zentralpazifik“, berichten Mandy Freund von der University of Melbourne und ihre Kollegen. „Die Zahl dieser Ereignisse hat sich gegenüber dem präinstrumentellen Mittel mehr als verdoppelt – von 3,5 auf neun El Niños pro 30 Jahren.“
Parallel dazu hat sich die Häufigkeit der Ostpazifik-El-Niños zwar leicht verringert, dafür sind sie deutlich stärker geworden. Wenn sie eintreten, treiben sie die Meerestemperaturen stärker in die Höhe als in früheren Jahrhunderten. Es ist daher wahrscheinlich kein Zufall, dass die drei letzten El Niños dieses Typs – 1982, 1997 und 2015 – die stärksten Klimaschwankungen dieser Art in den gesamten letzten 400 Jahren darstellten. Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen auch Cai und sein Team bei einer erneuten Modellierung der pazifischen Klimaverhältnisse. Auch ihre Simulationen ergaben, dass sich die ostpazifischen El Niños verstärken.
Widersprüche bleiben
Allerdings: Ganz einig sind sich die Klimaforscher trotzdem noch nicht, was dies konkret für die zukünftige Häufigkeit von El-Niño-Ereignissen bedeutet. „Eine Gruppe von Forschenden favorisiert die Hypothese, dass sich der mittlere Klimazustand ,El-Niño-artig‘ verändern wird, mit einer stärkeren Erwärmung im Osten als im Westen, übereinstimmend mit den Klimamodellen“, erklärt dazu Klimaforscher Mojib Latif im Jahr 2022.
„Eine andere Gruppe favorisiert die ,La-Niña-artige‘ Veränderung, mit einer Abkühlung im Osten oder zumindest einer schwächeren Erwärmung im Osten als im Westen. Und wieder andere haben publiziert, dass sich entweder La-Niña- oder El-Niño-Ereignisse intensivieren werden.“ Klar ist allerdings auch: „Jede dieser möglichen Veränderungen hätte schwerwiegende Folgen für viele Regionen rund um den Globus“, betont Latif.