Die ESA-Mission Mars Express war schon bei ihrem Start am 2. Juni 2003 ein historisches Ereignis: Zum ersten Mal in der Raumfahrtgeschichte schickten die Europäer eine eigene Mission zu einem anderen Planeten. Zwar waren zuvor schon Wissenschaftler und Technologien aus Europa an Missionen der NASA und der russischen Raumfahrtbehörde beteiligt. Aber noch nie lagen alle Abläufe von der ersten Planung, über Entwicklung und Bau der Sonden bis hin zur Durchführung der Mission komplett in europäischer Hand.
Im Doppelpack zum Mars
Auch die Ziele der aus zwei Komponenten bestehenden Marsmission waren ehrgeizig: Die Orbitersonde Mars Express sollte die Oberfläche des Roten Planeten so genau und vollständig kartieren wie niemals zuvor. Dafür hat sie neben ihrer hochauflösenden Kamera HRSC ein speziell der mineralogischen Kartierung dienendes Infrarot-Spektrometer an Bord. Ein spezielles Radargerät zeigt zudem Strukturen unter der Marsoberfläche – und kann beispielsweise unter die polaren Eiskappen des Mars blicken. Aber auch die Atmosphäre und ihre Wechselwirkungen mit dem Planeten und dem umgebenden All stehen im Fokus der Mission.
Eine Premiere war auch die Huckepack mit der Orbitersonde mitreisende Landesonde Beagle 2: Noch nie zuvor hatte man versucht, ein solches Doppelpack zum Mars zu bringen. Am Mars angekommen, soll sich die Landesonde auskoppeln und zur Marsoberfläche hinuntersinken. Für die ESA war dies ein riskantes Unterfangen, denn sie hatet noch nie zuvor eine Marslandung versucht. Wenn dies gelänge, wäre Beagle 2 die erste Sonde, die nach den Viking-Sonden der NASA gezielt nach Spuren vergangenen und gegenwärtiges Leben auf dem Mars fahndet.
Der Start am 2. Juni 2003 ging glatt: Pünktlich hob die Sojus-Trägerrakete vom kasachischen Weltraumbahnhof Baikonur ab und brachte das Doppelpack auf den Weg zum Mars. Am 25. Dezember 2003 erreichte Mars Express ihr Ziel und schwenkte in eine elliptische Umlaufbahn um den Roten Planeten ein.
Der erste Schock: das weiße Bild
Doch dann kam der Schock: Das erste aus dem Marsorbit aufgenommene Bild der hochauflösende Stereokamera HRSC war komplett weiß – vom Mars keine Spur. „Da haben alle erst einmal geschluckt“, erinnert sich Projektleiter Ralf Jaumann vom Deutschen Institut für Luft- und Raumfahrt (DLR). Als Mitarbeiter am DLR-Institut für Planetenforschung waren er und sein Team federführend für die Entwicklung und Betreuung dieser Kamera und damit eines Herzstücks der Sonde. Funktionierte die weltraumtaugliche Kamera etwa nicht? Der Ausfall dieses wichtigen Instruments wäre ein herber Rückschlag für die Mission.
Dann zeigte sich jedoch, dass zumindest ein Kanal der Kamera, ein im Nahinfrarot arbeitender Sensor, schwache Konturen der Marsoberfläche zeigte. Demnach mussten wesentliche Komponenten der Kamera funktionieren. Wenig später gab es Entwarnung: Die ersten Aufnahmen waren schlicht überbelichtet. Zwei Marsumkreisungen später lieferte die Kamera dann die erste klare und perfekt belichtete Aufnahme – die erste von zehntausenden.
Beagle 2 antwortet nicht
Doch während Mars Express seither alle Erwartungen übertroffen hat und bis heute wertvolle Daten und Bilder aus dem Marsorbit liefert, war das Schicksal von Beagle 2 weniger positiv. Der kleine Lander hatte sich planmäßig am 19. Dezember 2003 von ihrer Muttersonde abgetrennt, um dann eigenständig zur Marsoberfläche abzusinken. Dabei sollte er seinen Flug erst mit dem Hitzeschild abbremsen, dann in 2,6 Kilometer Höhe die Bremsfallschirme auslösen. Kurz vor der Landung, in rund 250 Metern Höhe, sollten dann luftgefüllte „Airbags“ den Aufprall abdämpfen – so der Plan.
Doch es kam anders: Nach der normalen Funkunterbrechung während des Flugs durch die Marsatmosphäre, blieb es still – Beagle 2 meldete sich nicht mehr. „Wenn die Landesequenz korrekt verläuft, dann sendet die Sonde ein Signal und man kann dieses nutzen, um den genauen Landeplatz zu orten – selbst wenn es nur ganz kurz sendet“, erklärt Alfred McEwen von der University of Arizona. „Doch im Fall von Beagle 2 bekamen wir gar nichts.“ Trotz monatelanger Versuche der Kontaktaufnahme und einer Fahndung mithilfe der NASA-Orbitersonde Mars Global Surveyor (MGS) blieb die Landesonde verschollen.
War die Landesonde abgestürzt? Und wenn ja, welcher Schritt in der Landesequenz hatte versagt? Bis zum Jahr 2015 blieben diese Fragen unbeantwortet, denn von Beagle 2 fand sich keine Spur. Eine Lösung des Rätsels lieferten erst Aufnahmen der NASA-Sonde Mars Reconnaissance Orbiter (MRO): Sie zeigten, dass Beagle 2 entgegen anfänglicher Befürchtungen nicht abgestürzt war, sondern weitgehend intakt auf der Marsoberfläche stand. Allerdings waren nicht alle Sonnensegel des Landers ausgeklappt – und das hatte das Ausfahren der Antenne für die Kommunikation blockiert.