Energie

Startup will Fusionskraftwerk in Deutschland bauen

Erstes Kraftwerk auf Basis des Stellarator-Konzepts schon in den 2030er Jahren

Wendelstein 7-X
Der Testreaktor Wendelstein 7-X, hier eine Innenansicht beim Bau, ist das Vorbild für das geplanten Fusionskraftwerk nach dem Stellarator-Prinzip. © Christopher Roux, EUROfusion/ CC-by 4.0

Konkurrenz zum ITER: Das deutsche Startup Proxima Fusion will in den kommenden Jahren ein erstes Fusionskraftwerk nach dem Stellarator-Konzept entwickeln. Schon in den 2030ern soll die Anlage fertig sein. Stellarator-Fusionsreaktoren nutzen komplexere Magnetstrukturen für den Einschluss des Plasmas als das konkurrierende Tokamak-Bauprinzip, dafür können sie im Dauerbetrieb laufen und sollen einfacher zu betreiben sein. Vorbild für die geplante Anlage ist der erfolgreiche deutsche Testreaktor Wendelstein 7-X.

Fusionskraftwerke gelten als mögliche Energielieferanten der Zukunft. Bisher ist allerdings strittig, welcher Bautyp dafür am besten geeignet ist. Neben Laserfusions-Anlagen wie der National Ignition Facility in den USA gelten vor allem Stellaratoren und Tokamaks als vielversprechende Kandidaten. Beide schließen das Millionen Grad heiße Fusionsplasma mit Magnetfeldern ein. Bei Tokamaks wie dem Großreaktor ITER geschieht dies primär durch eine zentrale Magnetspule, die einen starken Plasmastrom induziert. Bei Stellaratoren wie dem deutschen Testreaktor Wendelstein 7-X sorgt dagegen ein komplex gewundenes Spulensystem für den magnetischen Einschluss.

STellarator
Beim Stellarator wird das Fusionsplasma durch komplex gewundene Magnete eingeschlossen. © T. Sunn Pedersen et al./ Nature Communications, CC-by 4.0

Dadurch ist das Design eines Tokamaks zwar einfacher, dafür gibt es Schwierigkeiten bei der Stabilitätskontrolle des Plasmas und die Fusion kann nur pulsweise ablaufen. Beim Stellarator ist zwar das Bauprinzip komplizierter, aber der Betrieb einfacher. Zudem kann ein Fusionsreaktor dieses Typs im Dauerbetrieb laufen.

Erstes Fusionskraftwerk nach Stellarator-Prinzip

Einen Fusionskraftwerk nach dem Stellarator-Prinzip plant jetzt das neue Startup Proxima Fusion, gegründet von ehemaligen Wissenschaftlern und Ingenieuren des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik, dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) und Google-X. Ziel des in München sitzenden Unternehmens ist es, in den kommenden Jahren einen neuen Hochleistungsstellarator zu entwickeln. Schon in den 2030er Jahren soll das erste Fusionskraftwerk auf Basis eines Stellarators entstehen.

Damit steht das Vorhaben in Konkurrenz zu Großprojekten wie dem ITER, der zurzeit in Frankreich gebaut wird und der die Kernfusion auf Basis des Tokamak-Bautyps vorantreiben soll. Basis des neuen Reaktors von Proxima Fusion sind die Erkenntnisse, die bei der Entwicklung und Optimierung des Testreaktors Wendelstein 7-X gewonnen wurden. Er erreichte im Februar 2023 einen neuen Rekord beim Energieumsatz und konnte viele „Kinderkrankheiten“ der Stellaratoren überwinden.

Stellaratoren haben zu Tokamaks aufgeholt

„Die experimentellen Fortschritte von Wendelstein 7-X und die jüngsten Fortschritte bei der Modellierung von Stellaratoren haben das Bild radikal verändert“, erklärt Francesco Sciortino, CEO von Proxima Fusion. Frühere Generationen von Stellarator-Testreaktoren hatten unter anderem Probleme, den Plasmaeinschluss bei hohen Temperaturen aufrechtzuerhalten, zudem gab es hohe Verluste bei den Fusionsprodukten und schwer einhaltbare Konstruktionstoleranzen.

TRipelprodukt
Das Tripelprodukt aus Plasmadichte und Temperatur über der Zeit für den Tokamak-Testreaktor JET und den Stellarator Wendelstein 7-X. © Proxima Fusion

Der 2015 in Betrieb genommene Stellarator Wendelstein 7-X hat jedoch viele dieser Probleme überwunden und kann in Bezug auf seine Leistung mit den fortschrittlichsten Tokamaks weitgehend mithalten. Dies zeigt sich unter anderem am „Tripelprodukt“ aus Dichte, Temperatur und Einschlusszeit des Fusionsplasmas. „Stellaratoren können inzwischen die Hauptprobleme von Tokamaks überwinden und signifikant weiterentwickelt werden, wodurch die Stabilität des Plasmas verbessert und stationäre Spitzenleistungen erreicht werden“, sagt Sciortino. Nach Ansicht der Forschenden sind Stellaratoren dadurch dem Tokamak-Prinzip inzwischen in einer Reihe wichtiger Aspekte überlegen.

Erstes Design schon in einem Jahr

Den Beweis dafür soll nun das erste Fusionskraftwerk nach dem Stellarator-Prinzip antreten. Proxima Fusion hat gerade sieben Millionen Euro als Pre-Seed-Fundraising eingeworben und damit die Basis für das Vorhaben gelegt. „Mit den sieben Millionen Euro ist das Team in der Lage, ihre ambitionierten Pläne voranzutreiben und die Entwicklung eines neuen Hochleistungsstellarators in Angriff zu nehmen“, sagt Sebastian Meyer-Borchert von Max-Planck-Innovation.

In den nächsten zwölf Monaten wird Proxima Fusion in Zusammenarbeit mit seinen Partnern das erste Designs für das geplante Fusionskraftwerk fertigstellen. „Die deutsche Regierung hat über Jahrzehnte mit visionären Investitionen die Stellaratortechnologie in Deutschland bis zur Weltspitze vorangebracht“, sagt Jorrit Lion, Mitbegründer von Proxima Fusion. „Auf dem dadurch geschaffenen Know-how in Instituten und Unternehmen können wir nun als Startup aufbauen. Wir bündeln jetzt diese Expertise um Fusionsenergie aus Stellaratoren ans Netz zu bringen.“

Quelle: Max-Planck-Gesellschaft, Proxima Fusion

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