Astronomie

Lichtschwächste Galaxie des frühen Kosmos

Sternansammlung gehörte zu den Pionier-Galaxien der kosmischen Morgendämmerung

Galaxie JD1
Die frühe Galaxie JD1 (Ausschnitt) existierte schon 480 Millionen Jahre nach dem Urknall. © Guido Roberts-Borsani, UCLA; NASA/ESA/CSA, Swinburne University of Technology, University of Pittsburgh, STScI

Kosmischer Pionier: Astronomen haben eine der lichtschwächsten Galaxien des frühen Universums aufgespürt – einen Pionier der kosmischen Morgendämmerung. Die kleine, noch heranwachsende Galaxie JD1 existierte schon 480 Millionen Jahre nach dem Urknall, wie Spektralanalysen mit dem James-Webb-Teleskop belegen. Gemeinsam mit ähnlich kleinen, schwach leuchtenden Galaxien könnte diese Sternansammlung einen entscheidenden Anteil an der kosmischen Reionisierung gehabt haben – der Phase, in der die Strahlung der ersten Sterne den primordialen Wasserstoff ionisierte.

Mit der Entstehung der ersten Sterne und Galaxien endete das dunkle Zeitalter unseres Universums und die kosmische Morgendämmerung begann. In ihr sorgte das ultraviolette Licht der ersten Sterne dafür, dass der primordiale, neutrale Wasserstoff ionisiert wurde und die Phase der Reionisierung begann – sie ebnete der weiteren kosmischen Entwicklung den Weg. Doch wann genau diese Reionisierung begann und welche Art von Galaxien dafür primär verantwortlich war, ist bisher erst in Teilen geklärt.

Abell 2744
Erst der Gravitationslinseneffekt des im Vordergrund liegenden Galaxienhaufens Abell 2744 – an der hellen „Aura“ seiner Galaxien erkennbar – machte das schwache Licht der frühen Galaxie sichtbar. Hier eine Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops.© NASA/ESA, J. Lotz, M. Mountain, A. Koekemoer/ HFF Team (STScI)

Treiber der Reionisierung gesucht

Das Problem: Astronomen haben zwar einige Galaxien aufgespürt, die bereits einige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall existierten. Diese sind aber besonders helle und massereiche Vertreter ihrer Zunft und waren damals zu selten, um entscheidende Treiber der kosmischen Reionisierung gewesen zu sein. „Die meisten bisher entdeckten frühen Galaxien gelten nicht als sonderlich repräsentativ für die jungen Sternansammlungen, die das frühe Universum bevölkerten“, erklärt Erstautor Guido Roberts-Borsani von der University of California in Los Angeles (UCLA).

Als wahrscheinliche Antreiber der Reionisierung gelten daher andere: „Ultra-lichtschwache Galaxien waren damals weit zahlreicher. Deshalb denken wir, dass sie eher die Galaxien repräsentieren, die damals den Reionisierungsprozess antrieben“, erklärt Roberts-Borsani. Allerdings leuchten diese fernen, kleinen Galaxien so schwach, dass sie mit Teleskopen nur schwer aufzufinden sind. Zudem sind sie oft von neutralem Gas umgeben, dass das am besten nachweisbare Licht im Lyman-Alpha-Wellenlängenbereich schluckt.

Licht aus 13,3 Milliarden Lichtjahren Entfernung

Doch jetzt ist den Astronomen ein kosmischer Zufall zu Hilfe gekommen: Der massereiche Galaxienhaufen Abell 2744 schob sich so vor eine frühe Galaxie, dass ihr schwaches Licht um das 13-Fache verstärkt wurde. Dies ermöglichte es Roberts-Borsani und seinem Team, die ferne, lichtschwache Galaxie JD1 mit dem James-Webb-Weltraumteleskop aufzuspüren und näher zu analysieren. „Bevor das James-Webb-Teleskop seinen Betrieb aufnahm, hätten wir nicht einmal davon träumen dürfen, eine so lichtschwache Galaxie nachzuweisen“, sagt Koautor Tommaso Treu von der UCLA.

Die Aufnahmen mit der Nahinfrarot-Kamera NIRCam des Teleskops enthüllten, dass es sich bei JD1 um eine eher kleine, aus einem zentralen Sternenklumpen und zwei kleineren Zentren aufgebaute Galaxie handelt. Schon diese Bilder deuteten zudem auf eine starke Rotverschiebung und ein entsprechend hohes Alter hin. Spektralanalysen des Galaxienlichts mithilfe des Nahinfrarot-Spektrografen NIRSpec bestätigten dies: Die JD1-Galaxie hat demnach eine Rotverschiebung von z= 9,79 und existierte schon, als das Universum erst 480 Millionen Jahre alt war.

Junger Vorreiter der kosmischen Morgendämmerung

Die Galaxie JD1 ist damit die bisher lichtschwächste Galaxie aus dieser frühen Phase der kosmischen Entwicklung, wie die Astronomen berichten. Die spektralen Daten legen zudem nahe, dass diese Galaxie zum Zeitpunkt der Beobachtung erst rund 30 Millionen Jahre alt war und damit noch sehr jung. Auch ihre stellare Masse war noch deutlich geringer als die der meisten heutigen Galaxien und der massereichen, hellen Galaxien, die zuvor aus dem frühen Kosmos bekannt waren.

Wie für eine Galaxie am Beginn der Reionisierung zu erwarten, wiesen ihre Sterne zudem erst wenige schwerere Elemente auf – sie sind deutlich metallärmer als die Sonne. „Dies bestätigt, dass diese Galaxie von einem jungen, sternbildenden System dominiert wird, das seine chemische Anreicherung gerade erst begonnen hat“, schreiben Roberts-Borsani und seine Kollegen. Ihrer Ansicht nach entspricht JD1 damit genau dem Typ von Galaxien, die als mögliche Treiber der Reionisierung gelten.

„Die Kombination der spektroskopischen Analysen und der Vergrößerung durch die Gravitationslinse liefert uns einen einzigartigen und beispiellosen Einblick in die Physik einer ultra-leuchtschwachen Galaxie aus dem dunklen Zeitalter des Universums“, konstatieren die Astronomen. Für genau solche Einblicke se das James-Webb-Teleskop gebaut worden. (Nature, 2023; doi: 10.1038/s41586-023-05994-w)

Quelle: University of California – Los Angeles

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