Die an der Westküste Kleinasiens liegende Stadt Pergamon war schon in der griechischen Antike ein wichtiger Herrschersitz. Neben ihrer politischen Bedeutung war die Stadt im dritten bis ersten Jahrhundert vor Christus auch ein kulturelles und religiöses Zentrum mit einer bedeutenden Bibliothek, beeindruckenden Bau- und Kunstwerken und dem international frequentierten Heiligtum des Asklepios. Später gehörte Pergamon als römische Metropole zu den prominentesten städtischen Zentren der antiken Welt.
Zeitreise in die Welt der Antike
Für die Archäologie ist Pergamon jedoch noch aus einem anderen Grund besonders wertvoll:
Anders als die meisten hellenistischen Residenzstädte wie beispielsweise Alexandria oder Antiocheia wurde Pergamon nicht von modernen Siedlungen überbaut. Dadurch sind die Ruinen dieser antiken Stadt zugänglich geblieben und wurden nicht für neuzeitliche Gebäude zerstört. Unter anderem deshalb wurden die Überreste des antiken Pergamon schon im Mittelalter von Reisenden und Gelehrten besucht und beschrieben.
Seit über 140 Jahren erforschen auch Archäologinnen und Archäologen aus Deutschland die Ruinen von Pergamon. Heute finden die Arbeiten unter dem Schirm der Abteilung Istanbul des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) und mit Genehmigung des Ministeriums für Kultur und Tourismus der Republik Türkei statt. Ein aktuelles Forschungsprojekt widmet sich der Transformation der Mikroregion Pergamon zwischen Hellenismus und römischer Kaiserzeit.
Digitale Technologie statt Zeichenbrett und Papier
Jeden Sommer arbeitet ein internationales Team für mehrere Monate vor Ort. Doch wo einst Papier, Stift und Zeichenbrett die Werkzeuge der Wahl waren, setzen die Archäologen heute auf 3D-Modelle und Drohnen bei der Erforschung der antiken Stadt Pergamon und ihres Umlandes. Digitale Technologien begleiten die Forschungsarbeit mittlerweile von der Dokumentation archäologischer Funde und Befunde im Gelände, über die Analyse und Auswertung der gewonnenen Informationen bis hin zur Publikation in ganz unterschiedlichen Formen und Medien.
Die Ausgrabungsarbeit mit Schaufel und Kelle ist unter der mediterranen Sonne Pergamons mitunter mühsam. Sie wird aber dann äußerst spannend, wenn mit jedem Fund ein neues Stück Vergangenheit auftaucht und jede freigelegte Mauer unser Bild jener Bauwerke ergänzt, die einst die antike Großstadt bildeten.
Drohnen, GPS und 3D-Modelle
Die Dokumentation der Funde in situ, also am Ort, ist heute weitgehend digitalisiert. Grabungstechnikerinnen und Grabungstechniker, Archäologinnen und Archäologen vermessen mit elektronischen Tachymetern oder GPS-Geräten und fotografieren jedes Detail, egal ob aus der Nähe oder mit Hilfe einer Drohne aus der Luft.
Zu einem der wichtigsten Dokumentationswerkzeuge hat sich in den letzten zehn Jahren die „Structure from Motion“-Methode (SfM) entwickelt. Structure from Motion ist ein fotogrammmetrisches Verfahren, das die Erstellung von präzisen 3D-Modellen aus einer Serie überlappender 2D-Fotos ermöglicht. Damit können Objekte, Grabungssituationen oder die Ruinen ganzer Bauwerke effizienter und präziser als je zuvor und gleichzeitig kostengünstiger als mit einem Laserscanner dokumentiert werden.
So basiert beispielsweise die Visualisierung des sogenannten Grottenheiligtums am Osthang des Stadtberges von Pergamon mit den beiden Grotten, der vorgelagerten Architektur und dem gut vier Meter tiefen Schacht auf einem solchen 3D-Modell. Auch für die Dokumentation und Rekonstruktion des Amphitheaters der antiken Metropole lieferte dieses Verfahren zuletzt eine wesentliche Grundlage.