Eine Ausgrabung bedeutet immer auch eine kontrollierte Zerstörung des archäologischen Kontextes. Deshalb muss jedes Detail der Funde und ihrer Umgebung akribisch beschrieben werden. Auch in Pergamon haben dabei Tablets oder Laptops die früher handschriftlich geführten Tagebücher längst ersetzt.
Alle Informationen, ob Text, Fotos, Zeichnungen oder Koordinaten, werden in Field Desktop (iDAI.field), einer speziellen Datenbank, zusammengeführt und miteinander verknüpft. Diese Open Source-Software ermöglicht dank cloudbasierter Speicherung und Synchronisation gemeinsames Arbeiten und Forschen – jederzeit und überall.
Keramikscherben unterm Laserscanner
Zu den häufigsten archäologischen Funden vor Ort gehören Keramikscherben. Um sie besser verstehen und einordnen zu können, werden unter anderem detailgetreue Zeichnungen angefertigt. Während über Jahrzehnte hinweg jedes Fragment solcher Scherben mit Bleistift, Zeichenkamm, Radiusschablone und Schieblehre aufwendig aufs Papier gebracht und anschließend digitalisiert werden musste, kommt seit einigen Jahren auch in diesem Bereich modernste Technologie zum Einsatz.
Mit einem Laser-Aided-Profiler, einem speziellen Laserscanner, können Keramikfragmente in wenigen Minuten präzise gescannt und in maßstabsgetreue Zeichnungen übersetzt werden. Besonders bei zeitlich begrenzten Forschungskampagnen oder großen Fundmengen bedeutet diese Technologie einen großen Effizienzfortschritt.
LIDAR zeigt die Topografie der Umgebung
Auch das Umland Pergamons wird in diese Forschungen einbezogen. Neben der Auswertung von Satellitendaten ermöglicht vor allem der Einsatz von LiDAR (Light Detection and Ranging) völlig neue Einblicke in die Landschaft. Bei diesem Verfahren tasten Laserstrahlen die Landschaft ab und können so topografische Details sichtbar machen. Unter einer Drohne montiert, scannte ein LiDAR-System im vergangenen Sommer den antiken Stadtberg von Pergamon und seine Umgebung.
Daraus entstand ein sehr detailliertes Modell des Geländes, das es uns ermöglicht, unzugängliche oder unter Vegetation verborgene Strukturen wie Mauern, Straßen, Grabstätten oder Siedlungen zu identifizieren.
Mit dem Tablet auf Begehung
Systematische Begehungen der Landschaft, sogenannte Surveys, bleiben jedoch unerlässlich, um Informationen zur Art und Datierung der Befunde zu sammeln. Aber auch dabei kommen Papier und Stift nur noch selten zum Einsatz. Ausgestattet mit Tablet-PCs geht das Team festgelegte Gebiete systematisch ab und dokumentiert jeden Fund in seiner exakten Position und seinem Fundkontext. Die an der Oberfläche gesammelten Daten können dann in einem Geografischen Informationssystem (GIS) kartiert und mit geophysikalischen Messungen der im Untergrund verborgenen Strukturen verglichen werden.
Dadurch gelang es den Archäologenteams zuletzt beispielsweise, eine ländliche Produktionsstätte für Amphoren aus spätantiker und frühbyzantinischer Zeit mit mindestens zehn Brennöfen zu entdecken: Die in den geophysikalischen Messungen festgestellten Anomalien im Untergrund stimmten in ihrer Position exakt mit starken Konzentrationen keramischer Produktionsabfälle überein.