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Trinity Test

Die erste Atombombenexplosion

Es ist der 16. Juli 1945, in der Wüste von New Mexico beginnt gerade die Morgendämmerung. Inmitten der kargen Weite der passenderweise „Jornada de Muerto“ – Reise des Todes – getauften Gegend steht ein 30 Meter hoher Turm aus Stahlverstrebungen, an seiner Spitze eine Art Verschlag. Unter diesem hängt eine etwa zwei Meter große Kugel aus Stahl, um deren Oberfläche sich zahlreiche Drähte und Leitungen winden: „The Gadget“ – die erste Atombombe.

Trinity-Testturm
Turm für den Trinity Test der ersten Atombombe. © National Nuclear Security Administration

Die Bombe und ihr Innenleben

Im Zentrum des „Geräts“ liegen zwei gut sechs Kilogramm wiegende Halbkugeln aus Plutonium, umgeben von einem Zylinder aus massivem Uran-238. Sie bilden zusammen den eigentlichen Kern der Atombombe – den Teil, in dem die atomare Kettenreaktion ablaufen soll. Der ganze Rest der Bombe ist mit konventionellem Sprengstoff gefüllt, der mithilfe der von allen Seiten einmündenden Zünddrähte exakt gleichzeitig gezündet werden muss. Diese konventionelle Explosion soll so viel Druck aufbauen, dass das Plutonium im Kern komprimiert wird und eine kritische Dichte erreicht. Erst dadurch wird die Kernspaltung und damit die atomare Explosion ausgelöst – so die Theorie.

Doch ob das Ganze funktioniert, weiß zu diesem Zeitpunkt niemand – auch der neun Kilometer entfernt in einem speziellen Beobachtungsbunker sitzende Robert Oppenheimer nicht. Denn ursprünglich war nicht geplant, eine solche Plutonium-Implosionsbombe zu bauen. Ihre Technologie gilt als kompliziert und störanfällig – und erscheint daher nur bedingt für einen Einsatz geeignet. Die ersten Pläne des Manhattan Project sahen deshalb eine weit einfacher konstruierte Uran-235-Bombe vor.

Die dafür nötige Anreicherung des Urans mit diesem Isotop erweist sich jedoch als so aufwendig und langsam, dass unklar bleibt, ob in absehbarer Zeit überhaupt genug Material für eine Bombe bereitstehen wird. Bis Mitte 1944 erhalten die Physiker in Los Alamos nur einige hundert Gramm Uran-235 – kaum genug für Laborexperimente. Daher müssen sie umdisponieren und das reichlicher verfügbare Plutonium verwenden, was aber den kompliziertere Implosions-Bautyp erfordert. Das Ergebnis ist „The Gadget“.

The Gadget
„The Gadget“: Die Plutonium-Implosionsbombe in der Spitze des Trinity-Testturms kurz vor dem Test. © Los Alamos National Laboratory

Wie stark wird die Explosion?

Wegen der komplizierten Technik dieser Atombombe entscheiden Oppenheimer und General Groves, dass vor dem Einsatz einer solchen Bombe in Japan, wie es das US-Militär plant, ein Test nötig ist. Dieser Trinity-Test soll an diesem Morgen stattfinden – beobachtet von unzähligen in verschiedenen Entfernungen aufgestellten Kameras, Geigerzählern sowie Flugzeugen in der Luft. Die Militärs und Wissenschaftler aus Los Alamos haben in mehreren Beobachtungsbunkern Schutz gesucht, die neun Kilometer vom Testturm entfernt liegen. Weitere Beobachter sind in 32 Kilometer Entfernung untergebracht.

Wie stark die Atombombenexplosion ausfallen wird und wie weit die Druckwelle reicht, können jedoch nicht einmal die Physiker und Ingenieure vorhersagen: Vor dem Test schätzt Oppenheimer die freigesetzte Energie auf drei Kilotonnen TNT, George Kistiakowsky, der Hauptkonstrukteur der Plutoniumbombe, schätzt 1,4 Kilotonnen und Hans Bethe tippt auf acht. Enrico Fermi nimmt sogar Wetten darüber an, ob die Atomexplosion die Atmosphäre entzünden wird und den Staat oder sogar den gesamten Planeten in Brand setzen wird.

„Auf den Boden legen und die Augen schließen“

Im Vergleich dazu sind die Schutzmaßnahmen eher rudimentär: „Unsere Vorbereitungen waren einfach: Jeder wurde angewiesen, sich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden zu legen, mit den Füßen in Richtung Explosion. Als der Countdown sich Null näherte, sollten alle ihre Augen schließen und sie mit den Händen bedecken“, berichtet General Leslie Groves später in seinem Buch über das Manhattan Project. Sobald der erste Blitz der Explosion vorbei ist, dürfen die Beobachter wieder aufstehen und mithilfe einer Schutzbrille mit berußten Gläsern die Explosion verfolgen.

Tausende Kilometer entfernt, in Potsdam, wartet zu diesem Zeitpunkt auch US-Präsident Harry S. Truman dringend auf Nachricht. Denn dort beginnt am nächsten Tag die Potsdamer Konferenz, bei der Delegationen der Siegermächte unter Leitung von Truman, Winston Churchill und Josef Stalin über die künftige Aufteilung Europas und das Schicksal des besiegten Deutschlands verhandeln werden. Ein erfolgreicher Atombombentest würde dem US-Präsidenten eine Trumpfkarte gegenüber Stalin in die Hand geben.

Trinity-Test
Der erste Atompilz der Welt: Explosionswolke des Trinity-Tests am 16. Juli 1945. © National Security Research Center/ LANL

Die Explosion

Um 05:30 Uhr Ortszeit ist es soweit: Die in 30 Meter Höhe hängende Atombombe „The Gadget“ wird gezündet. Ein greller Lichtblitz strahlt über der Wüste von Alamogordo auf. „Das Licht des Blitzes drang selbst am Boden durch unsere geschlossenen Augenlider. Als wir hochschauten, sahen wir den Feuerball und dann fast sofort danach diese überirdische Wolke“, erinnert sich Robert Oppenheimers Bruder Frank an das Ereignis. Er liegt während des Trinity-Tests neben seinem Bruder am Boden des Bunkers.

40 Sekunden später erreicht das Grollen der Explosion die Ohren von Oppenheimer und den anderen Beobachtern. Die pilzförmige Wolke steigt zwölf Kilometer hoch auf und färbt sich dabei von hellgelb über orange und rot bis ins Violette. Die Druckwelle der Atombombenexplosion ist noch in 160 Kilometer Entfernung zu spüren. Spätere Berechnungen ergaben, dass Energiefreisetzung rund 24 Kilotonnen TNT entsprach.

„Ich bin der Tod, der Zerstörer der Welten“

Damit haben Oppenheimer, Groves und die Wissenschaftler des Manhattan-Projekts Geschichte geschrieben: Zum ersten Mal haben Menschen die Naturgewalt der Kernspaltung entfesselt – und damit das Atomzeitalter eingeläutet. „Wir wussten, dass die Welt ab jetzt nicht mehr die dieselbe sein würde“, erinnert sich Robert Oppenheimer 1965 in einem Interview mit dem US-Sender CBS. „Einige von uns lachten, einige weinten, die meisten waren still.“

Oppenheimer selbst wird beim Anblick der Explosionswolke an einen Passus aus der Bhagavad-Gita erinnert: „Ich bin der Tod, der Zerstörer der Welten.“ Mit diesen Worten versucht der Hindu-Gott Vishnu, den jungen Prinzen Arjuna davon zu überzeugen, auf dem Schlachtfeld seine Pflicht zu tun. Er und sein Team haben mit dem Trinity-Test bewiesen, dass auch sie ihre Aufgabe erfüllt haben. Doch was nun?

Robert Oppenheimer erinnert sich an die Reaktion nach dem Trinity-Test.© PlenilunePictures
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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Robert Oppenheimer
Vom Vater der Atombombe zum Sicherheitsrisiko

Wettlauf um die Bombe
Der Beginn des Manhattan Project

Los Alamos
Oppenheimer und das "Project Y"

Trinity Test
Die erste Atombombenexplosion

Die Kehrtwende
Hiroshima, Oppenheimer und die Wasserstoffbombe

Das Tribunal
Ist Robert Oppenheimer ein Sicherheitsrisiko?

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