Paläontologie

Warum so viel Bernstein aus der Kreidezeit stammt

Klimaveränderungen und Naturkatastrophen ließen einst das Baumharz strömen

Bernstein mit Mücke
Viele Bernstein-Klumpen mit fossilen Einschlüssen stammen aus der Kreidezeit – doch warum? © Xavier Delclòs/ UB-IRBio

Bernstein-Boom: Die Kreidezeit ist eine besonders ergiebige Quelle für versteinertes Baumharz samt darin eingeschlossener Lebewesen. Forschende haben nun herausgefunden, warum. Demnach führten günstige Klimabedingungen einst zu großflächigen Wäldern. Diese wiederum mussten sich verschiedener Bedrohungen wie Bränden, Hurrikans oder Insekten erwehren und produzierten deshalb besonders viel Harz. Zu guter Letzt gab es genug sauerstoffarmes Sediment, in dem sich das Baumharz ablagern und zu Bernstein werden konnte.

Bernstein erlaubt uns unvergleichlich detaillierte Einblicke in vergangene Welten. Wie in einer Zeitkapsel haben die im versteinerten Baumharz eingeschlossenen Tiere und Pflanzen die Jahrmillionen überdauert. Die Blüten, Krabben, Echsen und Insekten, die wir im Bernstein des Dinosaurier-Zeitalters finden, stammen vor allem aus der Kreidezeit, genauer gesagt aus der Zeit des Barremiums bis Campaniums vor 125,77 bis 72,1 Millionen Jahren. Warum die Harzproduktion ausgerechnet in dieser Periode in die Höhe schoss, ist bislang allerdings unklar.

Fenster in die Welt der Kreidezeit

Forschende um Xavier Delclòs von der Universität Barcelona haben dieses Rätsel nun womöglich gelöst. Um herauszufinden, was einst zu derart großen Mengen an Baumharz führte, werteten sie frühere Studien aus, führten aber auch eigene Feldforschung durch. Dafür besuchten sie verschiedene Fundorte kreidezeitlichen Bernsteins und analysierten Proben. Auf diese Weise konnten sie sich ein möglichst genaues Bild der Umweltbedingungen in der Kreidezeit machen.

Ein Faktor für den Bernstein-Boom war demnach das Klima: „Das Klima der Kreidezeit war wärmer und feuchter als das heutige, was wahrscheinlich auf einen sehr aktiven, anhaltenden Vulkanismus zurückzuführen ist, der die CO2-Werte in der Atmosphäre erhöhte“, berichten die Forschenden. Feuchtigkeit und CO2 wiederum stellten optimale Wachstumsbedingungen für Nadelbäume dar, weshalb sich ganze Wälder von ihnen auf allen Kontinenten ausbreiteten – selbst auf den damals praktisch eisfreien Polkappen. Und viele Bäume bedeuten viele Harzquellen.

Baumharz
Stürme, Waldbrände und gefräßige Insekten trieben die Harzproduktion einst in die Höhe. © Xavier Delclòs/ UB-IRBio

Feuer, Stürme und Insekten ließen Harz sprudeln

Doch warum sonderten die kreidezeitlichen Nadelbäume so viel Harz ab? Bäume lecken nur dann Harz, wenn sie verletzt werden oder sich gegen gefräßige Insekten verteidigen müssen. Die klebrige Substanz schwemmt dann die eingedrungenen Käfer aus dem Bauminneren heraus beziehungsweise versiegelt äußere Wunden. Dass die Nadelbäume in der Kreidezeit so viel Harz produziert haben, könnte darauf hindeuten, dass sie häufig von Verletzungen oder Schädlingsbefall betroffen waren, schlussfolgern Delclòs und seine Kollegen.

Die Rekonstruktion der damaligen Bedingungen stützt diese Idee. Demnach enthielt die Atmosphäre nicht nur viel CO2, sondern auch viel Sauerstoff, der aus der enormen Photosyntheseleistung der Wälder stammte. Dies war zwar günstig für den Riesenwuchs der Dinosaurier, nicht aber für die Wälder: „Der hohe Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre während der Kreidezeit begünstigte wiederkehrende Waldbrände in Nadelwäldern“, so die Forschenden. Und Bäume, die durch Feuer verletzt werden, scheiden mehr Harz aus, um die entstandenen Wunden damit zu versiegeln.

Eine weitere Gefahr für die kreidezeitlichen Wälder waren Stürme. Ähnlich wie heute förderten das Treibhausklima und die hohe Oberflächentemperatur der Ozeane wahrscheinlich einst starke Regenfälle und tropische Stürme. „Starke Winde können schwere Schäden an Bäumen verursachen, die dann durch Harz versiegelt werden, um Insektenangriffe oder pathogene Infektionen zu minimieren“, erklären Delclòs und sein Team.

Auch ein vermehrter Insektenbefall könnte nach Ansicht der Forschenden zumindest regional dazu beigetragen haben, dass aus den Nadelbäumen der Kreidezeit derart viel Harz heraustropfte.

Gute Chancen zur Versteinerung

Damit wäre zwar geklärt, warum es in der Kreidezeit besonders viel Baumharz gab, das in der Folge versteinern und zu Bernstein werden konnte. Doch auch für diese Versteinerung müssen besondere Bedingungen gegeben sein. Tropft das Harz nämlich einfach auf den Boden, versteinert es nicht, sondern zersetzt sich schlichtweg. Um über Millionen von Jahren hinweg konserviert zu bleiben, muss das Harz stattdessen in Sedimenten ohne Sauerstoff eingeschlossen werden. Diese finden sich häufig am Übergang von Meeres- zu Land-Bedingungen.

Dazu passt, dass es in der Kreidezeit mehrfach Phasen ansteigender Meeresspiegel gegeben hat. Am schlammigen, sauerstoffarmen Grund der dabei entstandenen Überschwemmungsflächen könnte das Baumharz eingeschlossen und konserviert worden sein. Der resultierende Bernstein verrät uns heute mehr über die Tiere und Pflanzen, die einst in den kreidezeitlichen Nadelwäldern lebten. (Earth-Science Reviews, 2023; doi: 10.1016/j.earscirev.2023.104486

Quelle: Universidad de Barcelona, Earth-Science Reviews

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