Neue Heiztechnik: Forschern ist ein wichtiger Schritt zu effizienteren, leiseren Wärmepumpen auf Basis elektrokalorischer Materialien gelungen. Bei solchen Wärmepumpen wird die Umweltwärme nicht über Kältemittel und Kompressoren gewonnen, sondern durch ein Keramik- oder Polymermaterial, das Strom direkt in Wärme umwandelt und umgekehrt. Das Team hat nun den Wirkungsgrad der Elektronik für diese Systeme auf 99,74 Prozent erhöht. Damit lässt sich auch der Gesamtwirkungsgrad der elektrokalorischen Wärmepumpen deutlich steigern.
Wärmepumpen können schon geringe Temperaturunterschiede nutzen, um Gebäude zu heizen oder zu kühlen. Als Wärmequelle reichen schon der Untergrund, die Abwärme von Industrieanlagen, das Grubenwasser in Bergwerksregionen oder auch die Umgebungsluft. Die Wärmepumpe erhöht dann mithilfe eines Kompressors Druck und Temperatur eines Kältemittels, das diese Wärme an das genutzte Wasser abgibt.
Solche Kältemittel-basierten Wärmepumpen erreichen einen Wirkungsgrad von rund 50 Prozent des theoretisch maximal Möglichen. Dafür benötigen sie aber viel Strom, klimaschädliche Kältemittel und sind wegen des für das Kältemittel nötigen Kompressors relativ laut.
Thermoelektrisches Material statt Kompressor
Es gäbe jedoch eine Alternative: elektrokalorische Wärmepumpen. Diese Systeme kommen ohne Kältemittel und Kompressor aus, weil sie ein thermoelektrisches Material zur Erhöhung oder Senkung der Temperatur nutzen. Diese Keramik- oder Polymer-Materialien wandeln elektrischen Strom direkt in Wärme um und umgekehrt. Dadurch können sie die Umgebungswärme unter Stromzufluss verstärken und sie an das Nutzwasser abgeben. Das elektrische Entladen kühlt das Material dann soweit herunter, dass es neue Wärme aufnehmen kann.
Der große Vorteil: Weil diese Technik effizienter ist als eine Kompressor-Wärmepumpe, kann sie Wirkungsgrade von 85 Prozent und mehr erreichen – theoretisch. „Essenziell für die Realisierung einer hohen Leistungszahl elektrokalorischer Wärmepumpen ist eine hohe Effizienz bei den Materialien, der Elektronik und dem Wärmeübertrag. Bekommt man das alles in den Griff, hat die Elektrokalorik ein enormes Potenzial“, erklärt Kilian Bartholomé vom Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM.
Entsprechende elektrokalorische Materialien existieren bereits. Hemmschuh ist jedoch bisher die Leistungselektronik, die beim ständigen Laden und Entladen des Materials noch hohe Verluste erzeugt. Dadurch erreichen die bisherigen Prototypen solcher Wärmepumpen nur Wirkungsgrade von weniger als 20 Prozent.
Neue Leistungselektronik mit 99,74 Prozent Wirkungsgrad
Jetzt ist dem Team um Bartholomé dabei ein wichtiger Fortschritt gelungen: Sie haben eine Leistungselektronik für elektrokalorische Wärmepumpen entwickelt, die einen elektrischen Wirkungsgrad von 99,74 Prozent erreicht. Möglich wird dies durch einen mehrschichtigen Spannungswandler auf Galliumnitrid-Basis, der mit siliziumbasierten Feldeffekttransistoren als Multiplexern kombiniert wird.
Mit dieser neuen Elektronik und Blei-Magnesium-Niobat (PMN) als elektrokalorischem Material könnte eine Wärmepumpe einen Gesamtwirkungsgrad von 52,2 Prozent erreichen, wie die Forscher berichten. „Durch unsere ultra-effiziente Leistungselektronik ist es erstmals realistisch, mit elektrokalorischen Wärmepumpen auch auf Systemebene deutlich über 50 Prozent der maximalen theoretischen Leistungszahl zu erreichen“, sagt Erstautor Stefan Mönch vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF.
Elektrokalorische Wärmepumpen bald konkurrenzfähig?
Nach Ansicht des Forschungsteams ist dies ein Meilenstein auf dem Weg zu elektrokalorischen Wärmepumpen, die die gängige Kompressor-Technologie auch im Wirkungsgrad deutlich übertreffen. Durch effiziente Wärmerückgewinnung könnten die neuen Wärmepumpen auch in der Praxis Wirkungsgrade von rund 75 Prozent erreichen, wie Mönch und sein Team erklären. Weil diese Pumpen zudem keine mechanischen Teile und keinen Kompressor enthalten, sind sie deutlich leiser.
Dieses Ergebnis setze weltweit Maßstäbe und sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu effizienteren Festkörper-Wärmepumpen. „Es besteht noch viel Forschungsbedarf, aber zukünftig könnte diese Technologie eine effizientere und vollständig emissionsfreie Lösung zum Heizen und Kühlen werden“, sagt Mönch.
Quelle: Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF