Auch wenig bringt viel: Bereits 3,5 Minuten intensiver, alltäglicher Aktivität pro Tag können das Krebsrisiko um bis zu 18 Prozent reduzieren, wie eine Langzeitstudie nahelegt. Demnach kann neben anstrengender Hausarbeit und dem Tragen schwerer Einkäufe zum Beispiel auch zügiges Gehen oder das Herumtoben mit den Kindern einer Tumorerkrankung vorbeugen. Die Forschenden nehmen an, dass selbst einminütige Aktivitäts-Boosts dieser Art unser Immunsystem stärken und uns so besser vor Krebs schützen.
Viel Bewegung ist wichtig. Sie hilft nicht nur gegen Übergewicht, sondern auch bei Depressionen und hält sogar unser Gehirn fit. Allerdings hat nicht jeder die Zeit und Möglichkeiten, mehrmals pro Woche ins Fitnessstudio zu gehen oder mehrere Kilometer zu joggen. Das ist aber auch gar nicht nötig, wie sich mittlerweile herausgestellt hat. Denn auch wer kurze Aktivitäts-Boosts wie zügiges Gehen oder „energisches“ Putzen in seinen Alltag integriert, erhöht seine Lebenserwartung immer noch um fast 50 Prozent im Vergleich zu kompletten Nicht-Sportlern.
Alltag als Fitnessgerät
Sportwissenschaftler sprechen in diesem Zusammenhang auch von sogenannten VILPAs (Vigorous Intermittent Lifestyle Physical Activities). „VILPAs sind ein bisschen so, als würde man die Prinzipien des hochintensiven Intervalltrainings auf den Alltag anwenden“, erklärt Emmanuel Stamatakis von der University of Sydney. Zusammen mit seinen Kollegen hat er nun erforscht, ob anstrengender Hausputz, das Tragen schwerer Einkäufe und das Herumtoben mit den Kindern sich positiv auf das Krebsrisiko auswirken könnten.
Bislang ist lediglich bekannt, dass überhaupt keine Bewegung das Risiko für die Entstehung einiger Krebsarten wie Brust- und Darmkrebs erheblich erhöht, während strukturiertes Training in Form von Joggen oder Kraftsport das Risiko senkt. Welchen Effekt VILPAs als eine Art goldene Mitte haben, war jedoch noch unklar.
Sportmuffel im Langzeittest
Um mehr über den Zusammenhang zwischen VILPAs und Krebs zu erfahren, haben Stamatakis und seine Kollegen mehr als 22.000 Nicht-Sportler mit einem Durchschnittsalter von 62 Jahren über sieben Jahre hinweg begleitet und ihre Aktivitätsdaten dabei mit einem tragbaren Fitnesstracker gemessen. Dadurch wussten sie, wer in seinem normalen Alltag wie viele VILPAs pro Tag ausführt und auch, welche Probanden irgendwann an Krebs erkrankt oder gestorben sind.
Indem Stamatakis und sein Team diese Daten zusammenführten, konnten sie ermitteln, ob es Korrelationen gab und wie stark sich VILPAs auf das Krebsrisiko auswirken könnten. Die Hochrechnungen führten sie einmal für die generelle Wahrscheinlichkeit einer Krebserkrankung durch und einmal für die Wahrscheinlichkeit, an einer von 13 Krebsarten zu erkranken, deren Entstehung mit wenig Bewegung in Verbindung gebracht wird. Dazu gehören unter anderem Leber-, Lungen-, Nieren- und Brustkrebs.
Krebsrisiko um ein Drittel gesenkt
Das Ergebnis: Bei jenen Probanden, die pro Tag mehrere VILPAs ausführten, war das Risiko einer Krebserkrankung deutlich geringer als bei jenen, in deren Alltag die Aktivitäts-Boosts fehlten, berichten Stamatakis und seine Kollegen. Demnach waren rund 3,5 Minuten täglicher VILPAs ausreichend, um das allgemeine Krebsrisiko um 18 Prozent zu senken. Bei Krebsarten, die durch Bewegungsmangel bedingt sind, verringerten 4,5 Minuten VILPAs das Risiko um bis zu 32 Prozent.
„Wir müssen diesen Zusammenhang durch solide Studien weiter untersuchen, aber es scheint, dass VILPAs eine vielversprechende, kostenlose Empfehlung zur Senkung des Krebsrisikos bei Menschen sein könnten, denen strukturierte körperliche Betätigung schwerfällt oder für die sie unattraktiv ist“, erklärt Stamatakis.
VILPAs stärken das Immunsystem
Wie genau die Mini-Booster sich positiv auf das Krebsrisiko auswirken, ist noch nicht ganz klar. Die Forschenden gehen aber davon aus, dass VILPAs die kardio-respiratorische Fitness verbessern, sodass Atmung und Blutkreislauf den Körper besser mit Sauerstoff versorgen können. Eine hohe kardio-respiratorische Fitness sorgt wiederum für ein leistungsfähiges Immunsystem, das Krebserkrankungen effizient bekämpfen kann.
Hinzu kommt, dass VILPAs wahrscheinlich die Insulin-Empfindlichkeit erhöhen und chronische Entzündungen lindern. Damit würden sie die Abwehrkräfte und Stoffwechselprozesse des Körpers zusätzlich stärken. (JAMA Oncology, 2023; doi: 10.1001/jamaoncol.2023.1830)
Quelle: University of Sydney