Materie-Bausteine im Visier: Physiker haben die Unterschiede in Verteilung und Verhalten der beiden Quark-Sorten im Proton präzisiert. Ihre auf Berechnungen beruhende Kartierung enthüllt, dass der Impuls des Up-Quarks symmetrischer und auf kleinerem Raum konzentriert ist beim Down-Quark. Auch beim Einfluss auf den Spin des Protons gibt es subtile Unterschiede. Diese Daten geben damit wertvolle Einblicke in die fundamentalen Bausteine der Materie und erleichtern die Auswertung von Experimenten.
Protonen und Neutronen sind die Bausteine aller Atomkerne – ihre Menge und Kombination bestimmt die Natur und Eigenschaften der Elemente. Aufgebaut sind diese Kernbausteine jeweils aus drei Quarks und den als Vermittlern der starken Kernkraft dienenden Gluonen. Das Interessante jedoch: Obwohl es sechs verschiedene Arten von Quarks gibt, sind nur zwei davon für die Atomkern-Bausteine prägend: Das Proton enthält zwei Up-Quarks und ein Down-Quark, das Neutron zwei Down-Quarks und ein Up-Quark.
Wie beeinflussen die Quarksorten ihr Proton?
Doch wie sind die Quarks im Proton oder Neutron verteilt? Und in welchem Maße beeinflussen die verschiedenen Quarksorten die übergeordneten Eigenschaften des Protons, darunter seine Ladungsverteilung, den Impuls oder die Energie? Dies versuchen Physiker mithilfe von Teilchenkollisionen herauszufinden. Vor allem „Streifschüsse“ oder Kollisionen von kleinen, leichten Teilchen wie dem Elektron mit einem Proton können verraten, wie sich die Quarks im Proton verhalten.
Aus solchen Experimenten haben Physiker erste Hinweise auf die sogenannte Parton-Dichtefunktion erhalten – den Anteil der verschiedenen Quarks und Gluonen an den Proton-Merkmalen. Demnach sollten Ladung, Impuls und andere Eigenschaften der Up- und Down-Quarks im Proton auf leicht unterschiedliche Weise verteilt sein. „Doch um eine detaillierte Karte zu erhalten, müssen wir unzählige Teilchenkollisionen bei verschiedenen Protonenimpulsen analysieren“, erklärt Erstautor Shohini Bhattacharya vom Brookhaven National Laboratory (BNL). „Jede Veränderung des Impulses erforderte eine eigene Simulation und erforderte entsprechend hohe Rechnerleistungen.“
Neue Methode erleichtert die Berechnungen
Um dies zu erleichtern und ein genaueres Bild der Quarkverteilung im Proton zu gewinnen, haben Bhattacharya und sein Team nun eine Methode entwickelt, die die nötigen Berechnungen vereinfacht. „Vor allem macht es der neue theoretische Ansatz möglich, viele verschiedene Impulstransfer-Raten in einer Simulation zu modellieren“, erklären die Physiker. Dies erspare viele Rechenaufwand und Zeit bei der Auswertung von Experimentdaten.
Konkret nutzten sie dafür die sogenannte Gittereichtheorie der Quantenchromodynamik (lattice QCD). In dieser werden die verschiedenen Quarks auf einem dreidimensionalen Gitter mit der Zeit als vierter Dimension angeordnet. Auf Basis der QCD-Gleichungen für Merkmale und Verhalten der Quarks und Gluonen können die Forscher dann alle potenziell möglichen Wechselwirkungen der Quarks durchspielen und die Auswirkungen auf das Gesamtsystem Proton rekonstruieren.
„Unsere Arbeit ist die erste, die einen neuen theoretischen Ansatz nutzt, um eine hochauflösende Karte der Quarks im Proton zu erhalten“, sagt Koautor Swagato Mukherjee vom BNL.
Up-Quark ist symmetrischer
Erste Erkenntnisse aus dieser Quark-Karte gibt es auch schon: „Unsere Berechnungen zeigen, dass das Up-Quark symmetrischer verteilt ist und weniger Raum einnimmt als das Down-Quark“, berichtet Mukherjee. Der Impuls des Down-Quarks ist demgegenüber deutlich asymmetrischer. „Dies spricht dafür, dass Up- und Down-Quarks unterschiedlich große Beiträge zu den fundamentalen Eigenschaften und der Struktur des Protons beitragen, darunter auch interne Energie und Spin.“
Gleichzeitig ergaben die Berechnungen, dass die drei Valenz-Quarks des Protons nur einen Anteil von rund 70 Prozent am Gesamtspin des Protons haben, wie die Physiker berichten. Dies bestätigt, dass auch die Gluonen signifikant zum Eigendrehimpuls des Protons beitragen und erlaubt weitere Rückschlüsse auf die interne Struktur des Kernbausteins. Die neuen Berechnungen können nun dabei helfen, künftige Kollisionsexperimente zu planen und auszuwerten. (Physical Review D, 2023; doi: 10.1103/PhysRevD.108.014507)
Quelle: DOE/ Brookhaven National Laboratory