Gängiger Annahme nach lassen sich hypnotisierte Menschen zu fast allem bringen, sie folgen den Suggestionen und Anweisungen quasi automatisch. In vielen fiktiven Szenarien kommt hinzu, dass der Hynotiseur seinen Opfern auch noch jede Erinnerung an die Manipulation und die unter Hypnose durchgeführten Handlungen nimmt.
Macht die Hypnose wirklich willenlos?
Doch was ist dran am willenlosen Hypnose-Opfer? Psychologen zufolge nicht viel. Denn unter Hypnose sind zwar viele bewusste Kontrollmechanismen abgeschwächt, abgeschaltet sind unser Wille und unsere Persönlichkeit aber nicht. Wir können daher auch unter Hypnose nicht dazu gebracht werden, Dinge zu tun, die unseren tiefsten Überzeugungen widersprechen. Geschieht dies, reißt uns dieser Konflikt meist aus dem hypnotischen Zustand. Hinzu kommt: Auch unter Hypnose verlieren wir nicht das Bewusstsein – wir bekommen mit, was wir tun.
„Menschen befürchten oft, dass Hypnose einen Kontrollverlust bedeutet. Das ist nicht der Fall. Es bedeutet, die Kontrolle über ihr Gehirn und ihre Erfahrung zu verbessern“, sagt David Spiegel, Psychologe und Hypnose-Experte der Stanford University. Unbestritten ist allerdings auch, dass Menschen im hypnotisierten Zustand sehr wohl einen großen Teil ihrer Kontrolle an den Hypnotiseur oder Hypnotherapeuten abgeben. Dies macht sie anfällig für Beeinflussung. Dennoch: Eine tiefgreifende Gehirnwäsche ist auch mittels Hypnose nicht ohne weiteres möglich, so jedenfalls der Konsens der meisten Wissenschaftler.
„Du wirst dieses Ereignis vergessen…“
Eine weitere oft in Büchern oder Filmen dargestellte Wirkung der Hypnose betrifft unser Gedächtnis: Durch hypnotische Suggestionen können Menschen dazu gebracht werden, Dinge zu vergessen oder sie erkennen sogar bekannte Personen plötzlich nicht mehr. Umgekehrt kann die Hypnose aber auch verdrängte Erinnerungen wieder hervorholen. Doch wie funktioniert dies?
Im Fall der durch Hypnose ausgelösten Gedächtnisblockade sprechen Psychologen von einer posthypnotischen Amnesie. Sie kann eintreten, wenn während der Hypnose suggeriert wird, dass man bestimmte Inhalte der Hypnosesitzung oder auch ein davor geschehenes Ereignis vergessen soll. Studien legen nahe, dass es dadurch zu einer Dissoziation zwischen dem expliziten und impliziten Gedächtnis kommen kann: Die Erinnerung ist zwar nicht gelöscht, unser Gehirn hat aber Probleme, die Gedächtnisinhalte ins Bewusstsein zu holen. „Die posthypnotische Amnesie spiegelt eine vorübergehende Unfähigkeit wider, die Information abzurufen“, erklärt die Psychologin Amanda Barnier von der Macquarie University in Australien.
In Hirnscans zeigt sich dies in einer verringerten Aktivität in den für das Abrufen der spezifischen Gedächtnisinhalte wichtigen Hirnareale und einer stärkeren Aktivierung des präfrontalen Cortex – eines wichtigen Kontrollzentrums unseres Bewusstseins. Weil die Erinnerung noch da ist, kann sie unser Verhalten und unsere Handlungen aber weiterhin beeinflussen. In Experimenten konnten dadurch Probanden beispielsweise eine unter Hypnose blockierte Telefonnummer nicht mehr willentlich aufsagen, wohl aber diese Nummer auf dem Telefon wählen.
Aufheben lässt sich die posthypnotische Amnesie entweder durch einen zuvor unter Hypnose suggerierten Schlüsselreiz, beispielsweise ein Fingerschnippen oder ein Klatschen in die Hände. Sie klingt aber auch von alleine wieder ab. Je nach Anfälligkeit der Person und Intensität der Suggestion kann dies einige Stunden, Tage oder auch Wochen dauern.
Hypnotisierte Zeugen
Auch der umgekehrte Fall ist möglich: Hypnose kann dazu genutzt werden, verdrängte oder verschüttete Gedächtnisinhalte wieder ins Bewusstsein zu rufen. Dabei sorgt die hypnotische Suggestion dafür, dass die natürliche Dissoziation zwischen Erinnerung und Bewusstsein aufgehoben wird. Solche Techniken können beispielsweise in der Traumatherapie hilfreich sein: Es kann bei der Bewältigung eines Traumas helfen, wenn Kontext und Auslöser einer traumatischen Erfahrung unter Hypnose ins Bewusstsein geholt werden. Weil dies emotional sehr belastend ist, sollte dies jedoch nur unter therapeutischer Begleitung erfolgen.
Und noch ein Problem gibt es dabei: Studien belegen, dass Hypnose falsche Erinnerungen in besonderem Maße fördert. Gerade bei Augenzeugen-Befragungen oder beim Erinnern an Missbrauch in der Kindheit kann Hypnose daher in die Irre führen. Schon unter normalen Bedingungen treten verfälschte Gedächtnisinhalte häufig auf, beispielsweise wenn suggestive Fragen gestellt werden, wir übernächtigt sind oder wir beim Abspeichern der Erinnerungen unterbrochen oder überrascht wurden. Weil Hypnose die Anfälligkeit für Suggestionen erhöht, kann sie auch falsche Erinnerungen fördern.
„Gängiger Annahme nach wirkt Hypnose wie eine Art Wahrheitsserum, das unser Gedächtnis aufschließt und Menschen mentale Leistungen ermöglicht, die sie sonst nicht erbringen könnten“, sagt Joseph Green von Ohio State University. In Studien ließ sich dies jedoch nur bedingt bestätigen: „Hypnose verbessert die objektive Verlässlichkeit des Gedächtnisses nicht, es gibt aber einige Indizien dafür, dass es das Vertrauen in die Erinnerungen erhöht“, sagt Green. Das aber kann bedeuten, dass Befragte davon überzeugt sind, dass unter Hypnose geweckte Erinnerungen echte sind – obwohl das nicht der Fall ist.