Gasverlust der Superlative: Astronomen haben einen Exoplaneten mit ungewöhnlich langem Schweif entdeckt – es ist die größte je bei einem Planeten beobachtete Struktur. Der Heliumschweif des 950 Lichtjahre entfernten Gasriesen HAT-P-32b ist 53-mal so lang wie der Radius des Planeten. Ursache dafür ist die große Nähe des Exoplaneten zu seinem Stern, kombiniert mit einer relativ geringen Oberflächenschwerkraft, wie die Forschenden berichten. Der heiße Jupiter verliert dadurch Millionen Tonnen Heliumgas pro Sekunde.
In unserem Sonnensystem kreisen die großen Gasplaneten Jupiter und Saturn weit von der Sonne entfernt und sind dadurch nur schwachem Sonnenwind ausgesetzt. Doch bei vielen Exoplaneten vergleichbarer Größe ist dies anders: Sie sind „heiße Jupiter“, die ihren Mutterstern sehr eng umkreisen – meist benötigen sie nur wenige Tage für einen Umlauf. Als Folge der intensiven Strahlung und der Sternenwinde sind solche Gasriesen oft aufgebläht und verlieren Teile ihrer Atmosphäre. Sie entwickeln eine Art Kometenschweif.
Heißer, aufgeblähter Gasriese
Den bisher extremsten Fall eines solchen „Schweifplaneten“ haben nun Astronomen um Zhoujian Zhang von der University of California in Santa Cruz beobachtet. Der 2011 entdeckte Planet HAT-P-32b liegt rund 950 Lichtjahre von uns entfernt und umkreist einen 1,2 Sonnenmassen schweren Stern von etwa der Temperatur unserer Sonne. Der Planet benötigt nur gut zwei Tage für einen Umlauf und ist seinem Stern daher entsprechend nahe. Sein Abstand beträgt nur rund drei Prozent des Abstands von Erde und Sonne.
Das hat Folgen: HAT-P-32b ist durch die Nähe seines Sterns stark aufgebläht. Obwohl er nur knapp die Masse unseres Jupiter hat, ist er gut doppelt so groß wie dieser. Außerdem ist der Exoplanet mit einer Oberflächentemperatur von rund 1.615 Grad etwa 15-mal heißer als unser Jupiter – er ähnelt einem heißen, fluffig-aufgeblähten Gasball. Um mehr über diesen „Hot Jupiter“ herauszufinden, haben Zhang und sein Team den Exoplaneten nun noch einmal genauer mit dem Spektrografen des Hobby-Eberly Telescopes in Texas beobachtet.
Heliumschweif länger als bei jedem anderen Planeten
Die Beobachtungen enthüllten: „Wenn der Planet vor seinem Stern vorbeizieht, sehen wir besonders tiefe Helium-Absorptionslinien“, berichtet Zhang. „Diese Absorption ist weit stärker als wir es von der Atmosphäre eines Planeten erwarten würden.“ Ungewöhnlich auch: Dieses spektrale Heliumsignal hielt viermal länger an als der Transit des Exoplaneten vor seinem Stern. Die Astronomen schließen daraus, dass der Planet enorme Mengen an Heliumgas verliert – und dieses wie einen Schweif hinter sich herzieht.
„HAT-P-32bs entweichende Heliumatmosphäre ist außergewöhnlich“, sagt Zhang. „Der Schweif hat eine Länge, die dem 53-fachen Planetenradius und dem siebenfachen Radius seines Muttersterns entspricht – damit gehört dieser Heliumschweif zu den größten je bei einem Planetensystem beobachteten Strukturen.“ Der Heliumschweif ist zudem so lang und besteht schon seit so langer Zeit, dass das Gas sich sowohl vor als auch hinter dem Planeten sammelt. „Andere Planeten zeigen nur hinter sich einen solchen Gasschweif“, so das Team.
Warum verliert HAT-P-32b so viel Gas?
Auf Basis der enormen Menge an verlorenem Gas und eines physikalischen Modells errechneten die Astronomen, dass HAT-P-32b etwa 13 Millionen Tonnen Heliumgas pro Sekunde verliert. Geht dieser Schwund der Atmosphäre so weiter, wird der Exoplanet in 40 Milliarden Jahren sämtliches Gas verloren haben. Um zu ermitteln, warum der Exoplanet so viel Helium verliert, verglichen Zhang und sein Team seine Merkmale mit denen anderer aufgeblähter und Gas verlierender Gasriesen.
Das Ergebnis: Selbst unter „seinesgleichen“ sticht HAT-P-32b heraus. Der Planet hat den größten und langanhaltendsten Gasverlust aller bisher bekannten heißen Gasriesen. Die Vergleiche lieferten aber auch erste Hinweise auf die Ursachen dafür: HAT-P-32b hat eine geringere Oberflächenschwerkraft und eine stärkere Einstrahlung im Extrem-UV-Bereich als die meisten anderen heißen Jupiter, wie die Astronomen feststellten. (Science Advances, 2023; doi: 10.1126/sciadv.adf8736)
Quelle: University of Texas at Austin