Biologie

Gefahr fürs Bier: Zitrus-Viroid befällt Hopfen

Virusähnlicher Erreger aus Zitrusfrüchten breitet sich im europäischen Hopfenanbau aus

Bier und Hopfen
Hopfen ist für den typischen Geschmack des Bieres unverzichtbar. Doch der Hopfenanbau wird von einem virusähnlichen Erreger aus Zitrusfrüchten bedroht. © aaron007/ Getty images

Bedrohung aus dem Supermarkt: Durch Reste von Orangen, Grapefruit oder Zitronen wurde ein für Hopfen schädlicher Erreger nach Mitteleuropa eingeschleppt – und breitet sich nun aus, wie Forschende berichten. Schon jetzt ist die bayrische Hallertau, das größte Hopfenanbaugebiet der Welt, befallen. Schuld ist das Citrus Bark Cracking Viroid (CBCVd), das in rund sechs Prozent aller Zitrusfrüchte in deutschen Supermärkten nachweisbar ist. Fruchtreste sollten daher unbedingt sorgfältig entsorgt werden, um eine weitere Ausbreitung und Infektion von Hopfen zu verhindern.

Hopfen ist eine unverzichtbare Zutat beim Bierbrauen. Den erst die ätherischen Öle der Hopfendolden verleihen dem Bier sein typisch bitteres, „hopfiges“ Aroma. Doch die Hopfenpflanzen haben es schwer: Weil sie ein gemäßigtes Klima und viel Wasser brauchen, setzen ihnen Klimawandel und zunehmende Trockenheit in vielen Anbaugebieten stark zu. Schon jetzt reift der Hopfen in der bayrischen Hallertau, im schwäbischen Tettnang und den slowenischen Anbaugebieten im Schnitt 20 Tage früher und der Gehalt an Bitterstoffen ist gesunken, wie Forschende kürzlich berichteten.

Hopfen
Hopfenpflanzen im Gewächshaus der Universität Hohenheim. An ihnen haben Wissenschaftler untersucht, wie leicht Zitrus-Viroide aus Orangen- und Grapefruitschalen auf den Hopfen übergehen. © Astrid Untermann/ Universität Hohenheim

Harmlos für Zitrusfrüchte, gefährlich für den Hopfen

Jetzt droht dem Hopfen eine neue Gefahr: das Citrus Bark Cracking Viroid (CBCVd). Dieser virusähnliche Erreger ohne Proteinhülle löst bei Zitrusfrüchten kaum Symptome aus, nur bei wenigen Sorten kommt es zum Aufbrechen der Rinde – daher sein Name. „Im Zitrusanbau werden diese Viroide gezielt als sogenanntes Stauchungsmittel eingesetzt. Befallene Bäume bleiben kleiner und sind so leichter zu pflegen und zu beernten“, erklärt Michael Hagemann von der Universität Hohenheim in Stuttgart.

Wenn das Zitrus-Viroid jedoch Hopfenpflanzen infiziert, verursacht es erst einen schleichenden Kümmerwuchs und führt dann einige Jahre später zum Absterben der Pflanzen. „Befallene Pflanzen haben kleinere Dolden und weniger für das Bierbrauen wichtige Bitterstoffe, später folgt das Absterben“, erklärt Michael Hagemann von der Universität Hohenheim in Stuttgart. Zwar kommen Zitrusfrüchte und Hopfen unter natürlichen Umständen nicht miteinander in Kontakt, weil sie in verschiedenen Klimazonen wachsen.

Hopfen in der Hallertau ist infiziert

Doch durch den weltweiten Handel hat sich dies geändert: Durch den Import von Ziergewächsen und Zitrusfrüchten ist das Citrus Bark Cracking Viroid auch in unsere Breiten gelangt. Bereits im Jahr 2007 wurde der Erreger in einem slowenischen Hopfenanbaugebiet nachgewiesen. 2019 entdeckten Forscher das Zitrus-Viroid erstmals auch in der Hallertau – dem mit rund 17.000 Hektar größten Hopfen-Anbaugebiet der Welt. „In Bayern sind bereits mehr als 110 Hektar Hopfenanbaufläche von CBCVd betroffen und es dürfte eine hohe Dunkelziffer geben“, berichtet Hagemann.

Um herauszufinden, wie das Zitrus-Viroid in den slowenischen und deutschen Hopfen gelangt ist und wo die Gefahr weiterer Infektionen lauert, haben Hagemann und sein Team Zitrusfrüchte aus Supermärkten und Gartencentern in der Umgebung der slowenischen und deutschen Hopfen-Anbaugebiete auf die hopfenschädlichen Erreger hin untersucht. Dafür analysierten sie insgesamt rund 400 Proben von Orangen, Grapefruits, Mandarinen und Zitronen.

Sechs Prozent der Supermarkt-Zitrusfrüchte infiziert

Das Ergebnis: In Slowenien enthielten rund zehn Prozent der Supermarkt-Zitrusfrüchte das Citrus Bark Cracking Viroid, dort waren vor allem Grapefruits Viroid-positiv. In Deutschland enthielten rund sechs Prozent der Proben das Zitrus-Viroid, darunter Zitronen, Grapefruit, Mandarinen und eine Orange. „Die meisten infizierten Früchte kamen aus den Mittelmeerländern Türkei und Israel“, berichtet das Team. In vielen Fällen waren die Früchte zudem mit mehreren verschiedenen Viroiden infiziert.

In ergänzenden Tests konnten die Forschenden zudem belegen, dass die Erreger über auf der Erde deponierte Zitronen- und Grapefruitschalen auf die Hopfenpflanzen übersprangen. Für Menschen seien die untersuchten Viroide dagegen ungefährlich, betont Hagemann: „Bisher gibt es keine Hinweise darauf, dass CBCVd oder andere Viroide eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen.“ Für den Hopfen jedoch kann eine Infektion fatal sein. Umso wichtiger sei es, eine weitere Ausbreitung der Zitrus-Viroide auf den Hopfen zu verhindern, so die Forschenden.

Mandarinen
Wenn Schalen und andere Abfälle von Zitrusfrüchten in die Nähe von Hopfenpflanzen gelangen, können die Viroide überspringen. © Oksana Ermak/ Getty images

Was kann man dagegen tun?

Als Ursache für Neuinfektionen und Ausbreitung der hopfenschädlichen Viroide sehen die Wissenschaftler vor allem den unvorsichtigen Umgang mit Resten von Zitrusfrüchten: „Eine achtlose Entsorgung von Obstresten in landwirtschaftlichen Gebieten kann die Verbreitung dieser Krankheiten fördern“, sagt Hagemann. „Daher gilt vor allem in den Hopfenanbaugebieten: Bitte keine Zitrusfrüchte oder -schalen beim Spaziergang oder bei der Feldarbeit einfach irgendwo hinwerfen. Reste vom Wochenmarkt sollten sachgemäß kompostiert werden, um eine Übertragung auf Hopfen zu vermeiden.“

Weil auch Rispen von Weintrauben hopfenschädliche Viroide enthalten können, empfehlen Hagemann und seine Kollegen, auch Traubenreste sowie im Weinbau eingesetzte Werkzeuge und Maschinen aus Hopfengärten fernzuhalten. Das Team plädiert zudem dafür, den Einsatz von Viroiden als Stauchungsmittel in Zitrusfrucht-Plantagen zu vermeiden. „Angesichts der ernsten Bedrohung für die Hopfenproduktion plädieren wir dringend dafür, diese nicht mehr einzusetzen und auch in der Beratung nicht mehr zu empfehlen“, sagt Hagemann.

Ist der Hopfen bereits von den Viroiden befallen, hilft nur die gründliche Beseitigung der infizierten Pflanzen: „Um die Ausbreitung einzudämmen, werden bei einem Befund nicht nur die befallene Pflanze, sondern auch einige Pflanzen davor und danach entfernt, und es werden regelmäßige Tests in der betroffenen Fläche durchgeführt“, so Hagemann. Die befallenen Flächen sollten zudem mindestens zwei Jahre nicht mehr mit Hopfen bepflanzt werden. (Journal of Plant Pathology, 2023; doi: 10.1007/s42161-023-01449-3)

Quelle: Universität Hohenheim

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