Umwelt

Zwischen Gesetzen und Verboten

Welche Regeln für Weichmacher und Bisphenol A gelten

Zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gibt es verschiedene Behörden, die den Einsatz von Chemikalien regulieren – auch in Bezug auf Plastikzusätze wie Weichmacher und Bisphenol A. In Deutschland untersucht beispielsweise das Umweltbundesamt seit vielen Jahren die Belastung der Bevölkerung mit Phthalaten und anderen Schadstoffen aus Plastik. Die Erkenntnisse aus seinen Umfragen und Studien gehen in die deutsche und europäische Risikobewertung und Gesetzgebung ein.

In Europa regelt die Chemikalienverordnung der Europäischen Union (REACH) seit 2007 den Einsatz von Weichmachern und anderen Umweltgiften. In diesem Chemikaliengesetz sind die Phthalat-Weichmacher DEHP, DBP, DIBP und BBP als besonders gefährlich klassifiziert, weil sie giftig auf die Fortpflanzungsorgane wirken. Sie sind darin als fruchtschädigend, fruchtbarkeitsschädigend und fortpflanzungsgefährdend eingestuft.

Kind spielt mit Plastikspielzeug
In Kinderspielzeug aus Plastik sind Phthalat-Weichmacher verboten. © tolgart / Getty Images

In welchen Produkten sind Weichmacher verboten?

Aus dieser Einstufung folgen mehr oder weniger strenge Verbote für Phthalat-Weichmacher in der EU. In Spielzeug und anderen Artikeln für Babys und Kinder unter drei Jahren sind DEHP, DBP, BBP und DIBP sowie Diisononylphthalat (DINP), Diisodecylphthalat (DIDP) und Di-n-octylphthalat (DNOP) seit 2007 eigentlich komplett verboten.

Dennoch stellte die europäische Chemikalienbehörde ECHA im Jahr 2022 bei Stichproben fest, dass in mehr als jedem zweiten getesteten Spielzeug (134 von 213) der zugelassene Phthalat-Wert überschritten war. Besonders hoch war der Phthalat-Anteil bei Puppen. Auch eine dänische Studie aus dem Jahr 2021 ergab erhöhte Konzentrationen an diesen Weichmachern in Kinderspielzeug. „Diese Substanzen sollten als erste aus Kinderspielzeug verschwinden und durch sicherere und nachhaltigere Alternativen ersetzt werden“, sagte Koautor Peter Fantke dazu.

Warum werden Phthalate weiter eingesetzt?

Weitreichende Beschränkungen für einige Phthalate gelten seit 2007 theoretisch auch für Lebensmittelverpackungen, insbesondere für ölhaltige Nahrungsmittel. Die Weichmacher DEHP, DBP, BBP, DIBP und DIPP (Diisopentylphthalat) sind zudem seit 2015 zulassungspflichtig und dürfen nur nach Genehmigung verwendet werden. Seit 2020 sind sie auch für weitere Produkte wie Lacke, Kleb- oder Duftstoffe verboten, die an die breite Öffentlichkeit verkauft werden. Auch in Kosmetika oder Lebensmittelverpackungen ist der Einsatz einiger Phthalate verboten, darunter DEHP, BBP und DBP.

Allerdings gibt es trotz dieser Einschränkungen auch weiterhin Ausnahmen und erlaubte Einsatzgebiete für Phthalat-Weichmacher in der Plastikindustrie. Hinzu kommt, dass einige Hersteller sich nicht an die Verbote halten: Eine ECHA-Studie aus dem Jahr 2021 ergab, dass rund 40 Prozent der untersuchten EU-Unternehmen die in der EU geltenden Regeln für Chemikalien nicht immer einhalten (doi: 10.2823/122384).

Das lässt an der Effektivität der Gesetze und Kontrollen zweifeln. Den Studienautoren zufolge sind sich die Verantwortlichen nicht immer bewusst, dass sie mit unerlaubten Chemikalien handeln. „Das Bewusstsein von Lieferanten und Akteuren in der Lieferkette, einschließlich nachgeschalteter Anwender, in Bezug auf Genehmigungspflichten muss verbessert werden“, mahnen sie. Vor allem die Inspektoren sollten dazu bei ihrem Kontakt mit den Verantwortlichen beitragen. Doch auch die Gesetzgeber seien aufgerufen, Verantwortlichkeiten klar zu definieren.

Regal mit Konservendosen
In der Beschichtung von Konserven- oder Getränkedosen ist BPA weiterhin erlaubt. © LoraLiu / Getty Images

Wo ist der Einsatz von BPA erlaubt?

Wegen seiner hormonellen Wirkung ist auch Bisphenol A in der europäischen Chemikalienverordnung (REACH) seit 2016 als reproduktionstoxisch eingestuft. Seit 2018 gilt BPA deswegen in der EU auch als „besonders besorgniserregender Stoff“. Daraus folgten einige Teilverbote: Zur Herstellung von Babyflaschen ist BPA in Europa seit 2011 verboten. Auch Thermopapier darf seit 2020 nur noch winzige Mengen BPA enthalten.

In der Beschichtung von Konserven- oder Getränkedosen und vielen anderen Anwendungsgebieten ist BPA jedoch weiterhin erlaubt. Viele Alltagsprodukte enthalten daher weiterhin diese Chemikalie. 2013 wies eine Studie BPA beispielsweise sehr häufig in Babykleidung nach.

Einsatz von BPA könnte weiter beschränkt werden

Der BUND drängt seit Längerem darauf, BPA und alle alternativen Bisphenole in Lebensmittelverpackungen und anderen verbrauchernahen Produkten in der EU zu verbieten, bislang jedoch ohne Erfolg. Das Umweltbundesamt hat jedoch Ende 2022 einen Vorschlag zur Beschränkung von Bisphenolen bei der zuständigen EU-Behörde eingereicht.

„Der Beschränkungsvorschlag basiert auf der Annahme, dass es für endokrine Disruptoren in der Umwelt keine sichere Konzentration gibt, die alle Organismen ausreichend schützt“, teilte das Umweltbundesamt dazu mit. Ziel der Beschränkung sei daher, die Freisetzung von Bisphenol A im gesamten Lebenszyklus der BPA-haltigen Produkte so weit wie möglich zu reduzieren, „mindestens aber um 95 Prozent“.

In Frankreich gilt ein solches Verbot schon seit 2015. Weitere Gesetzesänderungen zum Einsatz von BPA könnten aber in den kommenden Jahren folgen. Denn erst 2022 hat die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Bisphenol A neu bewertet und als gefährlicher als bisher angenommen eingestuft. Ob daraus strengere Regeln folgen, bleibt abzuwarten.

Was können wir selbst tun?

Kunststoffe und darin enthaltene Gefahrstoffe wie Weichmacher und BPA sind beinahe allgegenwärtig. Dennoch kann jeder von uns auch selbst mit Einfluss darauf nehmen, wie stark wir ihnen ausgesetzt sind, indem wir solche Plastikprodukte seltener kaufen. Konsumenten können etwa versuchen, auf mit Weichmachern versetzte Kunststoffe zu verzichten und auf andere Produkte auszuweichen, zum Beispiel aus Polyethylen (PE) oder Polypropylen (PP) statt Weich-PVC. Auch Bioplastik ist nicht unbedingt weniger gesundheitsschädlich und kann ebenfalls Giftstoffe enthalten.

Siegel Blauer Engel
Der „Blaue Engel“ kennzeichnet umweltfreundliche Produkte, die keine oder sehr geringe Mengen an Weichmachern und anderen Umweltgiften enthalten. © Publicgarden GmbH /CC-by 4.0

Aber wie erkennt man, ob Plastik Bisphenol A, Phthalat oder andere Weichmacher enthält? Orientierung beim Kauf von plastikhaltigen Produkten bieten verschiedene Siegel. In Deutschland kennzeichnet zum Beispiel der Blaue Engel umweltfreundliche Produkte, die keine oder sehr geringe Mengen an Weichmachern und anderen Umweltgiften enthalten. Auch das GS-Zeichen, das für „Geprüfte Sicherheit“ steht, garantiert, dass keine Weichmacher in den gekennzeichneten Kunststoffen enthalten sind.

Zudem haben Verbraucher das Recht, beim Hersteller, Importeur oder Händler nachzufragen, ob schädliche Phthalate oder andere Umweltgifte wie Bisphenol A in einem Produkt enthalten sind – egal ob sie das Produkt kaufen oder nicht.

Staubsaugen, Lüften und frische Lebensmittel

Zusätzlich können wir darauf achten, dass keine gesundheitlich bedenklichen Produkte in unseren Wohnungen und Häusern verbaut werden. Mieterinnen und Mieter haben das zwar oft nicht selbst in der Hand, doch auch sie können etwas tun: Um die Aufnahme von Phthalaten aus Böden und Teppichen über den Hausstaub zumindest zu verringern, wird empfohlen, diese regelmäßig zu reinigen und die Räume häufig zu lüften. Eltern sollten zusätzlich darauf achten, woraus das Spielzeug ihrer Kinder besteht und welche Alltagsgegenstände diese in den Mund nehmen.

Und auch im Supermarkt oder auf dem Wochenmarkt können wir versuchen, chemikalienbelastete Nahrung zu vermeiden. Um weniger Phthalate und BPA über Verpackungen zu sich zu nehmen, empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung zudem, möglichst wenig Fertigprodukte zu essen und sich stattdessen mit frischen und abwechslungsreichen Lebensmitteln zu ernähren.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Gesundheitsgefahr Weichmacher?
Allgegenwärtige Chemikalien mit Langzeitrisiken

Was sind Weichmacher?
Wofür Phthalate und Co eingesetzt werden

Aus dem Plastik in die Natur
Wie Weichmacher in die Umwelt gelangen

Gefahr für die Gesundheit
Was Weichmacher in unserem Körper bewirken

Fragwürdige Massenchemikalie
Der Zusatzstoff Bisphenol A

Zwischen Gesetzen und Verboten
Welche Regeln für Weichmacher und Bisphenol A gelten

Alternativen für Umweltchemikalien
Wodurch Phthalate und Bisphenol A ersetzt werden sollen

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