Klima

Klimaschutz: Ernüchternde Bilanz

Neue Rekorde bei den Treibhausgaswerten, Klimaschutzpläne nicht ausreichend

CO2
Wäre CO2 undurchsichtig, würde die Atmosphäre wohl so aussehen: Orange markiert besonders hohe CO2-Gehalte der Atmosphäre. © NASA/ Scientific Visualization Studio

Schlechte Nachrichten: Zwei Wochen vor dem Weltklimagipfel gibt es gleich mehrere ernüchternde Bilanzen. So sind die weltweiten Treibhausgas-Werte so hoch wie seit drei Millionen Jahren nicht mehr – Tendenz weiter steigend, wie die World Meteorological Organization (WMO) berichtet. Doch im Klimaschutz bewegt sich kaum etwas: Das UN-Klimasekretariat vermeldet, dass die bisher eingereichten Nationalen Selbstverpflichtungen (NDC) gerade einmal ausreichen, um die CO2-Emissionen bis 2030 um fünf Prozent gegenüber 2019 zu senken – im besten Falle.

Anhaltende Stagnation: Im Pariser Klimaabkommen von 2015 wurde nicht nur beschlossen, die globale Erwärmung auf maximal zwei Grad, noch besser 1,5 Grad gegenüber präindustriellen Werten zu begrenzen. Alle Vertragsstaaten müssen seither Nationale Selbstverpflichtungen (NDC) beim UN-Klimasekretariat (UNFCC) einreichen, in denen sie angeben, wann, wie viel und wie sie ihre Treibhausgas-Emissionen senken wollen. Doch bisher lagen diese Minderungspläne weit unter dem, was für das Erreichen der globalen Klimaschutzziele nötig wäre.

NDC-Emissionspfad
Globale CO2-Emissionen bei Umsetzung aller Nationalen Selbstverpflichtungen bis zum Jahr 2030. © UNFCC

Kaum Emissionssenkungen bis 2030

Das hat sich auch in diesem Jahr nicht geändert, wie die aktuelle Bilanz des UNFCC aufzeigt. In ihr wird ausgerechnet, welche Treibhausgas-Reduktionen die bis Ende September eingereichten Minderungspläne aller Vertragsstaaten zusammen erbringen würden – sofern sie so umgesetzt werden, wie geplant. Von den 195 Ländern, die nach dem Pariser Klimaabkommen solche Selbstverpflichtungen eingereicht haben, haben 20 diese Minderungsziele in den letzten zwölf Monaten noch einmal aktualisiert.

Das Ergebnis der NDC-Bilanz ist ernüchternd: Obwohl sich die Klimakrise weltweit spürbar verschärft, hat sich in puncto Emissions-Verringerung kaum etwas getan. Sollten alle Länder ihre Pläne voll einhalten, würden die globalen Treibhausgasemissionen bis 2030 gerade einmal um 5,7 Prozent gegenüber dem Stand von 2019 sinken. Lässt man die an Bedingungen geknüpften Kann-Vorhaben außer Acht, könnte die Menschheit im Jahr 2030 sogar 1,4 Prozent mehr CO2 und andere Treibhausgase ausstoßen als noch 2019.

Weit an den Klimaschutzzielen vorbei

„Unser Report zeigt, dass die Regierungen nur Minischritte unternehmen, um die Klimakrise abzuwenden“, konstatiert UNFCC-Generalsekretär Simon Stiell. Die Pariser Klimaschutzziele seien so nicht einzuhalten. Denn nach Angaben des Weltklimarats IPCC müssten für das 1,5-Grad-KJlimaschutzziel die globalen Treibhausgas-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 43 Prozent gegenüber dem Stand von 2019 sinken. Für das Zwei-Grad-Ziel müssten die weltweiten Emissionen bis 2030 um 27 Prozent reduziert werden.

„Zwar zählt beim Klimaschutz jedes Bruchteil eines Grads, aber wir sind weit abseits des richtigen Weges“, sagt Stiell. Auf Basis der jetzigen Selbstverpflichtungen ließe sich die globale Erwärmung bestenfalls auf 2,1 bis 2,8 Grad gegenüber präindustriellen Zeiten begrenzen. Der am 30. November 2023 in Dubai beginnende Weltklimagipfel COP28 müsse daher einen klaren Wendepunkt im globalen Klimaschutz markieren. Angesichts der politischen Weltlage und der verhärteten Fronten auch in der Klimapolitik besteht dafür allerdings nur wenig Hoffnung.

Treibhausgaswerte
Atmosphärische Konzentrationen der wichtigsten Treibhausgase bis Ende 2022. © WMO

Neue Rekordwerte bei den Treibhausgasen

Ebenfalls wenig hoffnungsvoll stimmt auch die aktuelle Treibhausgas-Bilanz für unseren Planeten, erstellt von der World Meteorological Organization (WMO). Nach dieser sind die Emissionen weiter gestiegen und die CO2-Konzentrationen der Erdatmosphäre haben im Jahr 2022 mit 417,9 parts per million (ppm) erneut Rekordwerte erreicht. „Das letzte Mal gab es auf der Erde vergleichbare CO2-Werte vor drei bis fünf Millionen Jahren, damals war es zwei bis drei Grad wärmer und der Meeresspiegel lag zehn bis 20 Meter höher als jetzt“, konstatiert die WMO.

Neben dem CO2 haben auch die Konzentrationen der anderen Treibhausgase weiter zugenommen. So haben sich die atmosphärischen Methanwerte von 2021 auf 2022 um 0,8 Prozent auf 1.923 parts per billion (ppb) erhöht. Beim Lachgas gab es sogar den stärksten je innerhalb eines Jahres gemessenen Anstieg auf 335 ppb. Insgesamt hat sich der klimatreibende Strahlenantrieb durch diese Treibausgase seit 1990 um knapp 50 Prozent erhöht, wie die WMO berichtet.

„Wir bewegen uns noch immer in die falsche Richtung“

„Trotz Jahrzehnten der Warnungen von der wissenschaftlichen Gemeinschaft, tausenden Seiten an Berichten und Dutzenden Klimakonferenzen, bewegen wir uns noch immer in die falsche Richtung“, sagt WMO-Generalsekretär Petteri Taalas. „Das bedeutet auch mehr Wetterextreme wie Hitze und Starkregen, mehr Eisschmelze und Meeresspiegelanstieg und wärmere und versauernde Ozeane. Die sozioökonomischen und umweltbedingten Kosten werden explodieren.“ (UNFCC 2023 Nationally Determined Contributions Synthesis Report; WMO Greenhouse Gas Bulletin 2023)

Wie sieht die aktuelle Treibhausgas-Bilanz aus?© WMO

Quelle: United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCC), World Meteorological Organization (WMO)

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